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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

ADHS bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Daten aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS)

Meeting Abstract

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  • Robert Schlack - Robert Koch-Institut, Berlin
  • Heike Hölling - Robert Koch-Institut, Berlin
  • Bärbel-Maria Kurth - Robert Koch-Institut, Berlin
  • Michael Huss - Charité-Virchow-Klinikum, Berlin

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds353

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2007/07gmds353.shtml

Veröffentlicht: 6. September 2007

© 2007 Schlack et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die durch die Leitsymptome Unaufmerksamkeit, motorische Unruhe und Impulsivität definierte Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten Verhaltensstörungen im Kindesalter mit Auswirkungen auf die soziale, kognitive und emotionale Funktionsfähigkeit [1]. Aufgrund des hohen Leidensdrucks und des Charakters als chronische, behandlungsbedürftige psychische Störung besitzt ADHS erhebliche gesundheitspolitische Bedeutung.

Methoden: Im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) beantworteten die Eltern von 7.569 Jungen und 7.267 Mädchen im Alter von 3-17 Jahren schriftlich u.a. eine ADHS-Diagnosefrage (Lebenszeitprävalenz) sowie den Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ). Zusätzlich erfolgten Verhaltensbeobachtungen bei 7.919 Kindern (Altersspanne 3-11 Jahre) während der medizinisch-physikalischen Tests. Als ADHS-Fälle galten Teilnehmer, deren Eltern eine jemals von einem Arzt oder Psychologen gestellte ADHS-Diagnose berichtet hatten. Als ADHS-Verdachtsfälle wurden Teilnehmer eingestuft, die Werte von >=7 auf der Hyperaktivitätsskala des SDQ (Elternurteil) aufwiesen.

Ergebnisse: Bei insgesamt 4,8% der Kinder- und Jugendlichen wurde jemals ADHS diagnostiziert. Weitere 4,9% der Teilnehmer können als Verdachtsfälle gelten. Bei Jungen wurde ADHS um den Faktor 4,3 häufiger diagnostiziert als bei Mädchen. Bereits bei 1,8% der Teilnehmer im Vorschulalter wurde ADHS diagnostiziert. Im Grundschulalter (7-10 Jahre) steigt die Diagnosehäufigkeit stark an. Im Alter von 11-17 Jahren wurde bei jedem zehnten Jungen und jedem 43. Mädchen jemals ADHS diagnostiziert. ADHS wurde häufiger bei Teilnehmern mit niedrigem sozioökonomischem Status diagnostiziert als bei Teilnehmern mit hohem Status. Von Migranten wird seltener über eine ADHS-Diagnose berichtetet, sie sind jedoch häufiger unter den Verdachtsfällen.

Diskussion: Bemerkenswert sind die großen Geschlechtseffekte und die hohe Diagnoserate im Vorschulalter. Die Diskrepanz von ADHS-Diagnosen und ADHS-Verdachtsfällen bei Migranten könnte auf eine Unterdiagnostizierung oder auf Inanspruchnahmeeffekte hinweisen. Der hohe Anteil genetischer Faktoren an der Ätiologie der ADHS lässt präventiv vor allem an Maßnahmen der Sekundär- (Früherkennung und Frühförderung) und Tertiärprävention denken. Mit weiteren Auswertungen der KiGGS-Daten können Risikogruppen zukünftig genauer identifiziert und Präventionsansätze weiterentwickelt werden.


Literatur

1.
Remschmidt H, The Global ADHD Working Group (2005) Global consensus on ADHD/HKD. Eur Child Adolesc Psychiatry 14:127-137