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51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Ähneln Spätresponder den Nichtteilnehmern?

Meeting Abstract

  • Astrid Feuersenger - Universitätsklinikum Essen, Essen
  • Andreas Stang - Universität Halle-Wittenberg, Halle
  • Susanne Moebus - Universitätsklinikum Essen, Essen
  • Axel Schmermund - Universitätsklinikum Essen, Essen
  • Raimund Erbel - Universitätsklinikum Essen, Essen
  • Karl-Heinz Jöckel - Universitätsklinikum Essen, Essen

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds331

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2006/06gmds173.shtml

Veröffentlicht: 1. September 2006

© 2006 Feuersenger et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Die Bedeutung des Nonresponse für die Aussagekraft epidemiologischer Studien hängt zentral von der Frage ab, ob die Gruppe der Nonresponder (NR) sich wie die Gruppe, bzw. eine beschreibbare Teilgruppe der Responder verhält oder völlig andere Charakteristika als diese aufweist. Einige empirische Untersuchungen [1], [2] zu dieser Frage legen nahe, dass NR am ehesten den sogenannten Spätrespondern gleichen, also Teilnehmern, die erst mit erheblichem Aufwand rekrutiert werden können. Ziel dieses Beitrages ist die Überprüfung dieser Hypothese anhand der Daten der Heinz Nixdorf Recall Studie [3] für die Variablen Alter, Geschlecht und Rauchstatus.

Material und Methoden

Im Rahmen unserer Studie wurden in den Jahren 2000 bis 2003 9484 repräsentativ gezogene Personen aus den Städten Bochum, Essen und Mülheim (mit bekanntem Alter zwischen 45 und 74 Jahren und Geschlecht) postalisch und telefonisch zu einem Interview im Studienzentrum inklusive körperlicher und anschließender radiologischer Untersuchung eingeladen. Es wurde ein Schema entwickelt [4], das die Teilnehmer (n=4814, Response nach Slattery= 54,2%) in Abhängigkeit vom Rekrutierungsaufwand in vier Wellen einteilt. In der 4. Welle, der mit dem höchsten Rekrutierungsaufwand, befanden sich 280 Teilnehmer. Für 1708 Nichtteilnehmer konnten Informationen, u.a. über den Rauchstatus mithilfe eines Kurzfragebogens (KFB) erhoben werden. Wir untersuchen Verteilungsunterschiede zwischen NR (mit und ohne Unterteilung nach KFB ja/nein) und Teilnehmern der 4. Welle hinsichtlich Alter und Geschlecht, sowie zwischen NR mit KFB und der 4. Welle hinsichtlich des Rauchstatus (mit und ohne Berücksichtigung von Alter und Geschlecht). Hinsichtlich des Rauchstatus werden die Kategorien gegenwärtiger, Ex- und Nieraucher als Indikatorvariablen behandelt. Die Adjustierung für Alter erfolgt in Fünfjahresaltersgruppen. Verteilungsunterschiede werden mithilfe des logistischen Modells für dichotome und mithilfe des linearen Modells für metrische Variable geprüft. Darüber hinaus präsentieren wir Prävalenzen bzw. Mittelwerte mit 95% Konfidenzintervallen (95% KI) für die verschiedenen Responsegruppen.

Ergebnisse

Tabelle 1 [Tab. 1] zeigt den Verteilungsvergleich zwischen NR, KFB und 4. Welle hinsichtlich Alter, Geschlecht und Rauchstatus. Das Geschlechterverhältnis zwischen 4. Welle und NR mit KFB ist fast identisch. Dahingegen besteht ein leichter Unterschied zwischen der 4. Welle und allen NR, welcher darin begründet ist, dass sich die NR mit KFB von denen ohne KFB unterscheiden. Dies gilt unabhängig davon, ob für Alter adjustiert wird. Für die Variable Alter sind Unterschiede zwischen der 4. Welle und den NR mit KFB sowie allen NR zu erkennen. Im Durchschnitt sind die späten Teilnehmer 2,33 Jahre jünger als die NR mit KFB und 1,18 Jahre jünger als alle NR. Angemerkt sei allerdings, dass sich die NR mit KFB hinsichtlich der Altersverteilung von den NR ohne KFB unterscheiden. Bei den Vergleichen zwischen der 4. Welle und den NR mit KFB lassen sich keine deutlichen Unterschiede sowohl für die Exraucher als auch für die Nieraucher und Raucher (nach Altersadjustierung) erkennen. Für Raucher und Nieraucher weichen die Vergleiche zwischen 4. Welle und NR mit KFB zwischen Männern und Frauen voneinander ab (Prävalenz männlicher Raucher: 4. Welle 0,32 [0,23; 0,41], NR mit KFB 0,32 [0,28; 0,35]; Raucherinnen: 4. Welle 0,31 [0,24; 0,38], NR mit KFB 0,22 [0,20; 0,25]; männliche Nieraucher: 4. Welle 0,26 [0,18; 0,35], NR mit KFB 0,27 [0,23; 0,30]; Nieraucherinnen: 4. Welle 0,50 [0,42; 0,58], NR mit KFB 0,60 [0,56; 0,63]).

Diskussion

In der von Richiardi et al. [5] analysierten Studie zeigen sich ebenfalls Unterschiede zwischen späten Teilnehmern und NR. Erschwert wird der Vergleich zwischen den Ergebnissen verschiedener Studien allerdings dadurch, dass der Rekrutierungsaufwand, nach welchem Teilnehmer als späte Teilnehmer angesehen werden, voneinander abweichen kann. Insgesamt zeigen die Daten der Heinz Nixdorf Recall Studie hinsichtlich der Fragestellung, in wiefern Spätresponder den NR ähneln, ein uneinheitliches Bild. So ist im Gegensatz zum Alter für das Geschlecht genau wie für den Rauchstatus kein deutlicher Unterschied zwischen den Spätrespondern und den NR mit KFB zu erkennen. Altersadjustierte und geschlechtsstratifizierte Analysen können wiederum zu gegensätzlichen Ergebnissen führen. Auf Grund dieser Ergebnisse erscheint es uns derzeit so, dass die eingangs formulierte Hypothese einer Äquivalenz der Spätresponder und der NR abzulehnen ist.


Literatur

1.
Ferber R. The problem of bias in mail returns: a solution. Public Opinion Q. 1948;12:669-72
2.
Bakke P, Gulsvik A, Lilleng P, Overa O, Hanoa R, Eide GE. Postal Survey on Airborne Occupational Exposure and Respiratory Disorders in Norway: Causes and Consequences of Non-Response. J Epidemiol Community Health. 1990;44(4):316-20
3.
Schmermund A, Möhlenkamp S, Stang A, et al. Assessment of clinically silent atherosclerotic disease and established and novel risk factors for predicting myocardial infarction and cardiac death in healthy middle-aged subjects: rationale and design of the Heinz Nixdorf Recall Study. Am Heart J. 2002;144:212-218
4.
Feuersenger A, Stang A, Moebus S, Schmermund A, Erbel R, Jöckel KH. Is misclassification of BMI, height and weight different for different recruiting efforts? Biometrical Journal. 2004; Suppl 46:148
5.
Richiardi L, Boffetta P, Merletti F. Analysis of nonresponse bias in a population-based case-control study on lung cancer. J Clin Epidemiol. 2002;55:1033-1040