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51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Eine Befindlichkeitsliste mit den wichtigsten, in der Literatur mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung gebrachten Befindlichkeitsstörungen: Testgütekriterien und erste Auswertungen im Rahmen der QUEBEB-Studie

Meeting Abstract

  • Bernd Kowall - Universität Bielefeld, Bielefeld
  • U. Frick - Universität Regensburg, Regensburg
  • G. Berg - Universität Bielefeld, Bielefeld
  • J. Breckenkamp - Universität Bielefeld, Bielefeld
  • S. Schmiedel - Universität Mainz, Mainz
  • B. Schlehofer - Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
  • P. Potthoff - TNS Healthcare GmbH, München
  • U. Reis - TNS Healthcare GmbH, München
  • M. Blettner - Universität Mainz, Mainz

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds250

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2006/06gmds007.shtml

Veröffentlicht: 1. September 2006

© 2006 Kowall et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Im Rahmen einer Querschnittsstudie zur Erfassung und Bewertung möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch die Felder von Mobilfunkbasisstationen (QUEBEB) wurde eine von Frick et al. [1] entwickelte Beschwerdeliste eingesetzt, die die wichtigsten, in der Literatur mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung gebrachten Befindlichkeitsstörungen berücksichtigt. Die Testgütekriterien dieser Beschwerdeliste werden anhand einer bundesweiten Befragung bestimmt. Sofern die Beschwerdeliste den Testgütekriterien genügt, sollen Prävalenzen und Determinanten der Befindlichkeitsstörungen ermittelt werden.

Material und Methoden

Datenbasis der Querschnittstudie ist eine bundesweite Panel-Befragung von Personen im Alter von 14 bis 69 Jahren, in der neben Routinefragen auch Fragen zum Mobilfunk erfasst wurden. Die schriftliche Erhebung in den Haushalten erfolgte zwischen August und November 2004. Von den angeschriebenen 51.444 Personen beteiligten sich 30.047 an der Befragung. Dies entspricht einer Responserate von 58,4 %. Die Stichprobe ergibt für die Altersklassen, das Geschlecht und die Bundesländer eine gute Annäherung an die Zusammensetzung der in deutschen Privathaushalten lebenden Bevölkerung.

Die Beschwerdeliste von Frick besteht aus 38 Items, von denen jedes auf einer vierstufigen Ratingskala die Ausprägung einer Beschwerde in den letzten 30 Tagen erfasst. Die Größe der Stichprobe erlaubt es, die Testgütekriterien und die innere Struktur des Fragebogens zu ermitteln. Zur Überprüfung der internen Konsistenz der Skala wurde Cronbach`s Alpha berechnet und der Split-Half-Test durchgeführt; die Kriteriumsvalidität wurde anhand bekannter Gruppen überprüft. Als Faktorenanalyse wurde eine Hauptkomponentenanalyse mit anschließender Varimax-Rotation durchgeführt. Als Prädiktoren des Beschwerdescores wurden in einer logistischen Regression das Geschlecht, das Alter, sozioökonomische Variablen sowie die Überzeugung, in der Nähe einer Mobilfunkbasisstation zu wohnen, einbezogen.

Ergebnisse

Die Trennschärfen der Items liegen – mit drei Ausnahmen – durchweg im Bereich zwischen 0,3 und 0,7. Die Skala weist eine hohe Reliabilität auf (Cronbach´s Alpha = 0,91; Spearman-Brown-Koeffizient = 0,87). Der Vergleich von Gruppen, deren unterschiedliches Beschwerdeniveau bekannt ist, bestätigt die Kriteriumsvalidität der Skala.

Eine Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation liefert sechs Faktoren, die sich inhaltlich gut interpretieren lassen und 46% der Gesamtvarianz aufklären. Der Faktor mit der höchsten Varianzaufklärung bezieht sich auf physische und psychische Ermüdungserscheinungen.

Gruppen mit unterschiedlichem globalen Beschwerdeniveau – etwa Personen, die sich durch die von Basisstationen emittierten elektromagnetischen Felder gesundheitlich beeinträchtigt fühlen und subjektiv nicht Beeinträchtigte – unterscheiden sich kaum im Profil ihrer Beschwerden; die Reihenfolge der Itemschwierigkeiten – die Rangfolge der Items nach dem Grad der Ausprägung der Beschwerden - ist bei Gruppen mit unterschiedlichem Beschwerdescore weitgehend identisch (Spearman´s Rho = 0,97 für subjektiv Beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte Personen). In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob die Skala den Anforderungen eines Rasch-Modells genügt.

Die logistische Regression mit einem dichotomisierten Beschwerdescore als Zielvariable zeigt, dass Frauen, Personen mit niedriger Schulbildung und niedrigem Einkommen, Befragte mit geringen beruflichen Kontrollchancen sowie Personen, die glauben, in unmittelbarer Nähe einer Mobilfunkbasisstation zu wohnen, ein erhöhtes Maß an Befindlichkeitsstörungen aufweisen.

Diskussion

Die vorgestellte Beschwerdeliste, die die in der Literatur am häufigsten mit elektromagnetischen Feldern in Zusammenhang gebrachten Befindlichkeitsstörungen berücksichtigt, weist sehr gute Testgütekriterien auf. Prädiktoren des Beschwerdescores sind Einflussvariablen, die in der Literatur generell als Determinanten von Befindlichkeitsstörungen genannt werden. Im Vergleich zu den bekannten Beschwerdelisten von von Zerssen [2], die nicht auf spezifische Umweltexpositionen zugeschnitten sind, enthält das vorgelegte Instrument alle im Kontext von gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Mobilfunk wichtigen Beschwerden innerhalb einer Liste, ist aber mit 38 Items umfangreicher als die Listen von von Zerssen. Genau wie bei den Listen von von Zerssen unterscheiden sich unterschiedlich stark durch Befindlichkeitsstörungen belastete Gruppen nur durch das globale Niveau ihrer Beschwerden und nicht das Beschwerdeprofil.


Literatur

1.
Frick U, Mayer M, Hauser S, Binder H, Rosner R, Eichhammer P. Entwicklung eines deutsprachigen Messinstrumentes für „Elektrosmog-Beschwerden“. Umweltmed Forsch Prax (im Druck). 2006.
2.
von Zerssen D. Die Beschwerden-Liste. Manual. Weinheim: Beltz; 1976.