gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Abbildbarkeit des strukturierten Vokabulars eines PDMS auf das LOINC Vokabular

Meeting Abstract

  • Achim Michel-Backofen - Universitätsklinikum Gießen, Gießen
  • Rainer Röhrig - Universitätsklinikum Gießen, Gießen
  • Axel Junger - Universitätsklinikum Gießen, Gießen
  • Bernd Hartmann - Universitätsklinikum Gießen, Gießen
  • Kurt Marquardt - Universitätsklinikum Gießen, Gießen

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds465

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds489.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Michel-Backofen et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Die Austauschbarkeit der in klinischen Subsystemen erhobenen Daten gewinnt angesichts neuer Dokumentationsvorgaben von Seiten des Gesetzgebers (DRG, Zusatzentgelte für die intensivmedizinische Behandlung) sowie der klinischen Forschung (Telematikplattform) zunehmend an Bedeutung. Dies betrifft heutzutage nicht nur Fragen der Nachrichtensyntax, die inzwischen insbesondere durch die Verbreitung des HL7-Kommunikationsstandards [1] einer Lösung nähergebracht wurden, sondern auch der Semantik für die sich verschiedenste Lösungsmöglichkeiten anbieten [2]. Im Gießener Universitätsklinikum wurde 1999 mit der Einführung eines Patienten Daten Management Systems (PDMS) auf der operativen Intensivstation begonnen [3]. Seitdem wurde dieses System auf allen Intensivstationen eingeführt und dient der weitgehend papierlosen Dokumentation der intensivmedizinischen Behandlungsabläufe. Das PDMS ist eng in den Kommunikationsablauf des gesamten KIS integriert und somit sowohl Konsument als auch Lieferant vieler Daten [4]. Dies wird durch die weitgehend strukturierte und auf einem abteilungsspezifischen Vokabular basierende Dokumentation erleichtert. Ziel dieser Arbeiten ist die Untersuchung, inwieweit sich das im US amerikanischen Sprachraum zunehmend etablierte LOINC Vokabular [5] eignet, die semantische Interoperabilität des PDMS gegenüber anderen Subsystemen zu erhöhen.

Material und Methoden

Auf der operativen Intensivstation des Gießener Universitätsklinikums wird seit Februar 1999 das PDMS ICUData [6] für die Dokumentation aller intensivmedizinischen Behandlungsabläufe eingesetzt. Seit Mitte 2000 wurde es sukzessive auf weiteren Intensivstationen (Pädiatrie, Medizinische Klinik, Neurochirurgie) sowie der Schmerztherapiestation der Anästhesie eingeführt. Die Einführungsphase für eine Station zieht sich meist über 6 bis 12 Monate hin, wobei ein nicht unerheblicher Teil dieser Zeit für die Konfiguration des abteilungsspezifischen medizinischen Vokabulars zur Darstellung der Daten in der graphischen Krankenakte benötigt wird. Da in ICUData möglichst alle Daten in strukturierter und codierter Form erfaßt werden, um eine spätere Datenanalyse und die Anwendung entscheidungsunterstützender Verfahren zu erleichtern, hängt die Qualität der Datenerfassung und –präsentation unmittelbar von Umfang und Pflege des zugrundeliegenden Vokabulars ab. Dies erfolgt durch die jeweiligen Abteilungsadministratoren mit Hilfe eines webbasierten Werkzeuges in einer zentralen Konfigurationsdatenbank. Das komplette Vokabular einer Abteilung wird dann in eine XML Konfigurationsdatei [7] umgewandelt und auf die Clientmaschinen des PDMS exportiert.

Die Logical Observation Identifier Names and Codes (LOINC) [8] wurden seit 1996 zunehmend als Vokabular für den Datenaustausch zwischen Laborsystemen [9] propagiert. Inzwischen wurde ihr Anwendungsbereich auch auf die Pflegedokumentation ausgedehnt [10], [11]. Auch im deutschsprachigen Raum findet sich zunehmend Interesse für LOINC [12].

In dieser Arbeit ging es vor allem um die Frage, inwieweit die Bereiche des PDMS Vokabulars die nicht durch anderweitige Klassifikationen oder Vokabularien (ICD10, OPS301, Rote Liste) abgedeckt sind, sich für einen allgemeinen Datenaustausch mit Hilfe von LOINC(Version 2.14) standardisiert erschließen lassen. Es wurden hierfür daher die Abschnitte Laborbefunde, Vitalzeichen und Beatmung, Befunde, Maßnahmen und Bilanz untersucht. Hierzu wurde die Vokabulardatenbank des PDMS um eine Relation erweitert, die zusätzliche Informationen zum englischen Bezeichner eines deutschen Begriffes, den zugeordneten LOINC Code (wenn vorhanden) sowie ein Feld zur Angabe der Abbildungsqualität (vollständige Abbildung, Oberbegriff, Unterbegriff, nicht abbildbar) enthält. Die im ersten Schritt erfolgte Übersetzung der deutschen Begriffe wurde gewählt, um zukünftig für den Zuordnungsprozeß in verstärktem Maße Softwaretools verwenden zu können ohne das sich ständig weiterentwickelnde und noch nicht in einer deutschen Übersetzung vorhandenen LOINC Vokabular anpassen zu müssen. Die Untersuchung wurde im ersten Schritt auf das Vokabular der operativen Intensivstation beschränkt.

Ergebnisse

Wie nicht anders zu erwarten ergab sich im Bereich der klinisch chemischen Laborwerte eine sehr gute Abbildbarkeit des Vokabulars auf den Inhalt von LOINC. 90% des PDMS Vokabulars ließen sich exakt auf einen LOINC Eintrag abbilden.

Für die Bereiche Vitalzeichen und Beatmung ergaben sich ebenfalls sehr gute Werte mit 85% Abbildbarkeit. Dies setzt aber voraus, das für viele Bezeichner auf eine Oberbegriffsrelation zurückgegriffen wird, da die im Vokabular vorhandenen maschinenspezifischen Parameternamen für Beatmungswerte und Vitalzeichen zuerst auf allgemeinere und geräteunabhängige Begriffe abgebildet werden müssen.

Ebenfalls brauchbar ist der Bereich Einfuhr-Ausfuhr in dem immerhin noch 55% der Begriffe direkt und 80% über Oberbegriffsverbindungen zugeordnet werden konnten.

Sehr viel schlechter sieht es dagegen für die Bereiche ärztliche Untersuchung und pflegerische Maßnahmen aus. Hier macht sich der lokale Sprachgebrauch der Station bemerkbar, so das man nur noch 30% direkte Zuordnungen treffen kann und auch mit Hilfe der Oberbegriffs- bzw. Unterbegriffszuordnung nur auf 55% mögliche Abbildungsraten kommt.

Diskussion

Die durchgeführte Untersuchung gibt deutliche Hinweise auf die Abbildbarkeit eines stationsspezifischen PDMS Vokabulars auf das LOINC Vokabular. Die Bereiche Labor, Vitalzeichen, Beatmung und Einfuhr-Ausfuhr lassen sich in LOINC gut abbilden, so daß die semantische Interoperabilität durch zusätzliche Kommunikation der LOINC Codes beim Datenaustausch mit anderen klinischen bzw. administrativen Subsystemen mit moderatem Aufwand zu verbessern währe. Deutlich schlechter sieht es für den Bereich ärztliche Untersuchung und pflegerische Maßnahmen aus. Hier ist aber nicht nur auf weitere Erweiterungen des LOINC Vokabulars zu hoffen, sondern ebenfalls auf Basis der jetzt gewonnenen Erfahrungen an eine Überarbeitung des eigenen Vokabular zu denken um abteilungsspezifische Begriffe mehr an allgemeine Standards angelehnt neu zu strukturieren. Außerdem wird untersucht inwieweit sich dieser Bereich durch die neueste Ausgabe von SNOMED-CT [13] erschließen läßt.


Literatur

1.
HL7 Standard. HL7-Benutzergruppe in Deutschland e.V. Webseite. http://www.hl7.de.
2.
Humphreys, B. L., Hole, W. T., McCray, A. T., & Fitzmaurice, J. M. (1996). Planned NLM/AHCPR large-scale vocabulary test: using UMLS technology to determine the extent to which controlled vocabularies cover terminology needed for health care and public health. J Am Med Inform Assoc, 3(4), 281-287.
3.
ICUData. IMESO GmbH. Web-Seite. http://www.imeso.de/.
4.
Fuchs C, Benson M, Michel A, Junger A, Brammen D,Marquardt K, Hempelmann G: Anbindung eines Anästhesie-Informations-Management-Systems an das Patienten-Daten-Management-System einer Intensivstation. Medical Infobahn for Europe. Proceedings of MIE2000 and GMDS2000. eds. Arie Hasman, Bernd Blobel, Joachim Dudeck, Rolf Engelbrecht, Günther Gell, Hans-Ullrich Prokosch, IOS Press 2000, Amsterdam
5.
LOINC. Web-Seite. http://www.regenstrief.org/loinc/.
6.
Michel A, Benson M, Junger A, Sciuk G, Hempelmann G, Dudeck J, Marquardt K. Design Principles of a Clinical Information System for Intensive Care Units (ICUData). In: Hasman A, Blobel B, Dudeck J, Engelbrecht R, Gell G, Prokosch HU, Hrsg. Medical Infobahn for Europe Proceedings of MIE2000 and GMDS2000. Amsterdam: IOS Press; 2000: 921-924.
7.
Michel-Backofen A., Benson M.: Erfahrungen mit der Anwendung von HL7 und XML in der Subsystemkommunikation bei Intensiv- und Narkosedokumentationssystemen. Journal für Anästhesie und Intensivbehandlung 2002;1:90-92
8.
Huff, S. M., Rocha, R. A., McDonald, C. J., De Moor, G. J., Fiers, T., Bidgood, W. D., Jr., Forrey, A. W., Francis, W. G., Tracy, W. R., Leavelle, D., Stalling, F., Griffin, B., Maloney, P., Leland, D., Charles, L., Hutchins, K., & Baenziger, J. (1998). Development of the Logical Observation Identifier Names and Codes (LOINC) vocabulary. J Am Med Inform Assoc, 5(3), 276-292.
9.
Baorto, D. M., Cimino, J. J., Parvin, C. A., & Kahn, M. G. (1997). Using Logical Observation Identifier Names and Codes (LOINC) to exchange laboratory data among three academic hospitals. Proc AMIA Annu Fall Symp, 96-100.
10.
Bakken, S., Cimino, J. J., Haskell, R., Kukafka, R., Matsumoto, C., Chan, G. K., & Huff, S. M. (2000). Evaluation of the clinical LOINC (Logical Observation Identifiers, Names, and Codes) semantic structure as a terminology model for standardized assessment measures. J Am Med Inform Assoc, 7(6), 529-538.
11.
White, T. M., & Hauan, M. J. (2002). Extending the LOINC conceptual schema to support standardized assessment instruments. J Am Med Inform Assoc, 9(6), 586-599
12.
LOINC bei DIMDI. Webseite. http://www.dimdi.de/de/klassi/loinc/index.htm
13.
SNOMED CT. Web-Seite. http://www.snomed.org/snomedct/.