gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Attributable KHK-Kosten und Einfluss der koronaren Herzkrankheit auf die Herzinsuffizienz

Meeting Abstract

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  • Björn Stollenwerk - Universität Köln, Köln
  • Stephanie Stock - Universität Köln, Köln
  • Karl W Lauterbach - Universität Köln, Köln

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds028

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds245.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Stollenwerk et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist die häufigste Todesursache in Deutschland. Patienten mit koronarer Herzkrankheit verursachen im Mittel höhere Kosten, als Personen gleichen Alters und Geschlechts ohne KHK. Die meisten Ansätze zur Ermittlung von Krankheitskosten bei vorhandener KHK beziehen sich entweder auf den akuten Myokardinfarkt als wichtigste Komplikation der KHK oder sie beziehen alle Kosten von Patienten mit KHK in die Berechnung mit ein. Studien zu den attributablen KHK Kosten, also den Kosten, die ursächlich auf die KHK zurückzuführen sind, sind selten. Nach dem besten Wissen der Autoren existiert eine solche Studie für Deutschland nicht.

Dennoch ist die Bestimmung der attributablen KHK Kosten sinnvoll. Viele Patienten, die an der KHK leiden, sind an weiteren Komorbiditäten erkrankt. Für gesundheitsökonomische Fragestellungen und weiterführende Modellrechnungen ist es notwendig, die Kosten zu isolieren, die auf die KHK zurückzuführen sind.

In der vorliegenden Studie wird ein Ansatz entwickelt, mit Hilfe dessen die attributablen KHK Kosten bestimmt werden. Dabei fließen auch Folgekosten der Herzinsuffizienz in die attributablen KHK Kosten mit ein. Es wird der Verlauf der Prävalenz der Herzinsuffizienz bei Wegfall der KHK simuliert. Die KHK gilt als wichtigste Ursache der Herzinsuffizienz. Schätzungen gehen davon aus, dass 54% bis 70% aller Fälle von Herzinsuffizienz durch die KHK verursacht werden [1], [2].

Material und Methoden

Zur Berechnung werden Daten von 6 großen Krankenkassen mit Datensätzen von 14,7 Millionen chronisch Kranken verwendet. Die Identifizierung der Versicherten mit KHK erfolgte über die Medikation mit Hilfe des Anatomisch-technisch-chemischen Codes (ATC-Code) sowie mit Hilfe von Diagnosen nach International Classification of Disease 9th Revision (ICD-9). Die Daten liegen versichertenspezifisch, jedoch pseudonymisiert vor [3].

Kosten in den Bereichen Arzneimittel, Krankenhaus und Krankengeld wurden direkt erhoben.

Es wird ein generalisiertes additives Modell mit logistischer Linkfunktion angepasst, um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, dass eine Herzinsuffizienz vorliegt. Dabei wird eine Binomialverteilung der Zielvariable unterstellt. Dieses Modell wird benutzt um zu ermitteln, wie stark die Prävalenz der Herzinsuffizienz bei Personen mit KHK sinken würde, wenn bei ihnen die koronare Herzkrankheit entfallen würde, die anderen Komorbiditäten (ohne Herzinsuffizienz) jedoch bestehen blieben.

In einem zweiten generalisierten additiven Modell mit log-Linkfunktion und gammaverteilter Zielvariable werden die Gesundheitsausgaben modelliert. Alters- und geschlechtsspezifisch werden die attributablen Ausgaben für die koronare Herzkrankheit bestimmt. Dazu werden für alle Personen der sechs Krankenkassen mit koronarer Herzkrankheit mittels des Gammaregressionsmodells die Leistungsausgaben bestimmt. Zwei Szenarien, erstens, dass die KHK alleine bzw. zweitens, dass sowohl die KHK als auch die Herzinsuffizienz für dieses Kollektiv wegfällt, werden simuliert. Diese beiden Szenarien werden derart gewichtet zusammengefasst, dass sich für das oben genannte Kollektiv die Prävalenz der Herzinsuffizienz ergibt, die bei Wegfall der KHK entstehen würde. Dazu werden die Ergebnisse des ersten Modells verwendet. Von den Ausgaben des Kollektivs, die sich bei Beibehaltung der koronaren Herzkrankheit ergeben, werden die entsprechenden Ausgaben bei Wegfall der KHK und dem oben ermittelten Teil der Herzinsuffizienz abgezogen. Die Differenz gibt die attributablen KHK-Ausgaben an.

Ergebnisse

Der Anteil vermeidbarer Herzinsuffizienz bei Wegfall der koronaren Herzkrankheit ist geringer als erwartet. Bei Personen mit KHK sinkt dieser Anteil von weniger als 40% bei 30jährigen auf etwa 10% bei 90jährigen. Von den Herzinsuffizienzfällen der gesamten Bevölkerung sind nach den Berechnungen keine 5% der Herzinsuffizienzfälle durch einen alleinigen Wegfall der KHK zu erreichen. Die attributablen KHK-Kosten pro Tag in Euro für die drei genannten Leistungsbereiche liegen bei 30- bis 50jährigen bei etwa 17 Euro und sinken auf ca. 7 Euro bei 90jährigen ab.

Diskussion

Nach bestem Wissen der Autoren ist dies die erste Studie in Deutschland zu attributablen Krankheitskosten der KHK. Damit können gesundheitsökonomische Modellrechnungen sowie gesundheitspolitische Überlegungen unterstützt werden. Die Höhe der attributablen KHK Kosten zeigt, dass hier noch ein großes Potenzial zur Optimierung besteht.


Literatur

1.
McMurray JJ, Steward S (2000) Epidemiology, aetiology and prognosis of heart failure. Heart 83:596-602
2.
Hoppe UC, Erdmann E für die Kommission Klinische Kardiologie: Leitlinien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz, Z Kardiol 2001; 90: 218-237
3.
Lauterbach K, Lüngen M, Stock S, Wendland G. Modell eines fairen Wettbewerbs durch den Risikostrukturausgleich, Gutachten im Auftrag des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK), des AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verbandes e. V. (AEV), dem AOK-Bundesverband (AOK-BV) und dem IKK-Bundesverband (IKK-BV). 2001