gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Strategien zur Förderung der Raucherentwöhnung in der hausärztlichen Praxis – Ergebnisse einer Cluster-randomisierten Studie

Meeting Abstract

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  • Dorothee Twardella - Deutsches Zentrum für Alternsforschung, Heidelberg
  • Hermann Brenner - Deutsches Zentrum für Alternsforschung, Heidelberg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds041

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds219.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Twardella et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

In der hausärztliche Praxis stehen verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Raucherentwöhnung zur Verfügung, deren Effektivität hinsichtlich erhöhter Aufhörraten unter den Patienten gut etabliert ist: die Kurzberatung durch den Hausarzt [1], sowie die Verordnung von Medikamenten (Nikotinersatzpräparate oder Bupropion) zur Unterstützung der Aufhörversuche [2], [3]. Trotz nachgewiesener Effektivität erfolgt jedoch nur eine eingeschränkte Umsetzung, möglicherweise aufgrund struktureller Hindernisse wie z.B. einer mangelnden Fortbildung der Hausärzte in diesen Maßnahmen [4]. Ziel der vorliegenden Studie war zu untersuchen, ob durch Änderung struktureller Rahmenbedingungen in der hausärztlichen Praxis eine Erhöhung der Aufhörrate unter den Patienten erzielt werden kann.

Material und Methoden

Wir führten eine Cluster-randomisierte Studie in der Region Rhein-Neckar durch. Unter den in dieser Region niedergelassenen Hausärzten konnten 94 Ärzte aus 82 Praxen für eine Beteiligung an der Studie gewonnen werden. Die Praxen wurden in einem 2 x 2 faktoriellen Design zu einem von 4 Studienarmen zugeteilt.

Es wurden 2 Interventionen getestet: Intervention FV beinhaltete das Angebot einer 2-stündigen Fortbildung in Methoden der Raucherentwöhnung kostenfrei für Hausärzte. Zusätzlich wurde den Ärzten für jeden Teilnehmer, der im 12-Monats Follow-up nachgewiesenermaßen rauchfrei ist, eine finanzielle Vergütung in Aussicht gestellt. Intervention FM beinhaltete das selbe Fortbildungsangebot; zusätzlich erhielten Studienteilnehmer aus den betreffenden Praxen das Angebot einer Kostenerstattung für Medikamente zur Unterstützung der Raucherentwöhnung (Nikotinersatzpräparate und Bupropion). Im Arm FV+FM wurden beide Interventionen simultan angeboten.

Von Oktober 2002 bis September 2003 erfolgte in den Praxen die Rekrutierung von Patienten, die mindestens 10 Zigaretten am Tag rauchten und zwischen 36 und 75 Jahre alt waren. Die Teilnahme war unabhängig davon möglich, ob ein Aufhörwunsch bestand oder nicht.

Die Datenerhebung umfasste zum Zeitpunkt der Rekrutierung einen selbst-auszufüllenden Fragebogen für Teilnehmer, einen vom Hausarzt auszufüllenden Praxisbogen zu diesem Teilnehmer und die Abnahme einer Blutprobe. In zwei Nacherhebungen 6 und 12 Monate nach Rekrutierung wurden mittels eines Fragebogens Änderungen im Rauchverhalten erhoben. Das 12-Monats Follow-up umfasste zusätzlich erneut einen Praxisbogen und eine Blutabnahme. Die Blutprobe 12 Monate nach Rekrutierung wurde zur Bestimmung eines Biomarkers der Tabakrauchexposition (Serumkotinin) eingesetzt.

Zielgröße der Analyse war Rauchabstinenz im 12-Monats Follow-up, bestätigt sowohl durch Eigenangaben als auch durch Kotininanalysen. Teilnehmer ohne Angaben im Follow-up wurden als Raucher gewertet, weiterhin wurde ein intention-to-treat-Ansatz gewählt, d.h. Teilnehmer wurden in dem Studienarm analysiert, zu dem ihr rekrutierender Arzt zugeordnet wurde, unabhängig davon, ob die im Rahmen der Interventionen angebotenen Maßnahmen in Anspruch genommen worden waren.

Der Einfluss beider Interventionen auf die Rauchabstinenz im 12-Monats Follow-up wurde gemeinsam in einer gemischten logistischen Regression bestimmt, die mit Hilfe von PROC NLMIXED in SAS implementiert wurde.

Ergebnisse

Von den 82 Praxen wurden 20 zu dem Standardarm, 21 zum Arm FV, 21 zum Arm FM und 20 zum Arm FV+FM zugeteilt. Die Studienärzte nahmen insgesamt 587 gültige Teilnehmer in die Studie auf, wobei sich die Rekrutierungszahlen stark nach Studienarm unterschieden: 76 Teilnehmer wurden im Standardarm, 146 in Arm FV, 144 in Arm FM und 221 in Arm FV+FM aufgenommen.

12 Monate nach Rekrutierung waren 3% (2/73) der Teilnehmer im Standardarm, 4% (5/142) im Arm FV, 12% (17/139) im Arm FM und 15% (32/216) im Arm FV+FM nachgewiesenermaßen rauchfrei. Die Intervention FV war in der gemischten logistischen Regression nicht mit einer Erhöhung der Rauchabstinenz verbunden (Odds Ratio (OR) = 1.27, 95% Konfidenzintervall (KI) 0.64 bis 2.51), Intervention FM führte jedoch zu einem deutlichen Anstieg der Rauchabstinenz (OR = 4.77, 95% KI 2.00 bis 11.36).

Diskussion

Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein verbessertes Angebot an Fortbildungsmöglichkeiten in Methoden der Raucherentwöhnung für Hausärzte zusammen mit dem Angebot einer Kostenerstattung wirksamer Medikamente zur Förderung der Raucherentwöhnung für die Patienten, zu einer deutlichen Erhöhung der Aufhörrate führt. In Verbindung mit der erhöhten Reichweite der Intervention, die durch die erhöhten Rekrutierungszahlen in den entsprechenden Studienarmen angedeutet wird, sprechen die Ergebnisse dafür, dass es sich hierbei um eine überaus wirkungsvolle Maßnahme zur Reduktion der Rauchprävalenz in der Bevölkerung handelt.

Angesichts der herausragenden Bedeutung des Rauchverhaltens als Risikofaktor für zahlreiche chronische Erkrankungen und der enormen gesundheitlichen Gewinne durch das Aufhören mit dem Rauchen könnten eine Kostenübernahme von Präparaten zur Unterstützung der Raucherentwöhnung durch Krankenkassen und ein verbessertes Angebot an ortsnahen und kostengünstigen Fortbildungsmaßnahmen für Hausärzte sehr effektive Maßnahmen zur Förderung der Prävention darstellen.

Danksagung

Diese Studie wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert (Projektnummer 01EB0113).


Literatur

1.
Lancaster T, Stead L. Physician advice for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev. 2004 Oct 18; (4): CD000165
2.
Silagy C, Lancaster T, Stead L, Mant D, Fowler G. Nicotine replacement therapy for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev. 2004; (3): CD000146
3.
Hughes J, Stead L, Lancaster T. Antidepressants for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev. 2004 Oct 18; (4): CD000031
4.
Twardella D, Brenner H. Lack of training as a central barrier to the promotion of smoking cessation: a survey among general practitioners in Germany. Eur J Public Health doi:10.1093/eurpub/cki123; published on 1 March 2005