gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Regionale Regressionsanalyse zum Zusammenhang von EHEC- und HUS-Erkrankungen und der Viehdichte in Niedersachsen

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Johannes Dreesman - Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover
  • Stephanie Cleves - Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover
  • Matthias Pulz - Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds228

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds186.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Dreesman et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

In Niedersachsen werden seit 1997 systematisch Daten zu Infektionen durch enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) sowie Erkrankungen am hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) auf der Basis von Meldungen durch Ärzte und Labore erhoben. Anfänglich erfolgte die Erhebung im Rahmen einer speziell etablierten EHEC-Surveillance. Seit 2001 erfolgt sie auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes. Von 1997 bis 2003 wurden in Niedersachsen 483 EHEC-Infektionen, 44 HUS-Erkrankungen und 4 dadurch bedingte Todesfälle erfasst. Die Inzidenzen betrugen 2,0 EHEC-Infektionen und 0,2 HUS-Erkrankungen pro 100 000 Einwohner und Jahr. Regional fanden sich deutliche Unterschiede der EHEC/HUS-Inzidenz von 0,7 im Regierungsbezirk Braunschweig im Südosten bis 3,5 im Regierungsbezirk Weser-Ems im Westen (Siehe Abb. 1 [Abb. 1]) [1]. Eine Hypothese zur Erklärung dieser regionale Variation basiert auf der Tatsache, dass im Regierungsbezirk Weser-Ems eine intensive Nutztier- und u.a. Rinderhaltung betrieben wird [2], da Rinder als das wichtigste Reservoir für EHEC-Bakterien gelten. Allerdings konnte bei keinem der Niedersächsischen Fälle durch Nachweis desselben Erregers bei Tieren eine Infektkette belegt werden. Daher wurde eine regionale Regressionsanalyse (Ökologische Studie) zur Untersuchung dieser Hypothese durchgeführt.

Material und Methoden

Als Outcome und Maß für das regionale Auftreten der Erkrankungen wurden für die 46 niedersächsischen Landkreis und kreisfreien Städte die Altersstandardisierte Morbiditäts Ratios (SMRs) von EHEC und HUS für die Jahre 2001 bis 2003 bestimmt. Als Expositionen wurden die Dichten verschiedener Vieharten pro ha landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) sowie die Anzahl Rinder- bzw. Milchvieh-haltender Betriebe pro ha. LN bestimmt. Hierfür wurden Daten des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik zu Grunde gelegt [3]. Die Assoziationen der Expositionen mit den logarithmierten SMRs wurde durch lineare Regression untersucht. Aufgrund einer Ausreißer-Problematik durch einen Landkreis wurden alternativ Modelle ohne diesen Landkreis bzw. mit geglätteten SMRs angewandt.

Um ein Confounding durch den Sozialstatus berücksichtigen zu können, wurden die folgenden Indikatoren für die soziale Situation einer Region als Kovariablen im Modell berücksichtigt: Zu versteuerndes Einkommen, Anzahl zugelassener PKW, Arbeitslose, Bevölkerung ausländischer Herkunft, jeweils bezogen auf 100000 Einwohner.

Um räumliche Autokorrelation der Residuen adäquat berücksichtigen zu können, wurde ein Bayesianisches Modell mit räumlich strukturierter Fehlerkomponente an die Daten angepasst. Die Berechnung der Modelle ohne räumliche Komponente erfolgte mit der Software R, für das Bayesianische Modell wurde GeoBUGS verwendet.

Ergebnisse

Die regionalen Regressionsanalysen ergaben eine starke Assoziation einiger Viehdichten mit der EHEC/HUS-SMR. Eine Ausreißer-Problematik ergab sich durch die hohen Viehzahlen im Landkreis Vechta, der außerdem die höchste EHEC/HUS-SMR aufwies. Daher wurde dieser Landkreis aus der Analyse herausgenommen bzw. es wurde eine Glättung der SMRs durchgeführt. Danach ergaben sich jeweils signifikante Assoziationen der logarithmierten EHEC/HUS-SMR mit der Dichte von Rindern bzw. Milchvieh sowie der Dichte von Rinder- bzw. Milchvieh-haltenden Betrieben (siehe Tab. 1 [Tab. 1])

Bei Berücksichtigung der Sozialdaten zeigte sich zwar in univariaten Modellen für den Anteil der Arbeitslosen signifikante Assoziationen mit der EHEC/HUS-SMR (p=0,02 für das Modell mit Vechta und den geglätteten SMRs), als gemeinsame Kovariable mit der Rinderdichte im multivariaten Modell war der Anteil der Arbeitslosen allerdings nicht mehr signifikant.

Aufgrund der Voranalysen wurden im Bayesianischen Regressionsmodell nur die Rinderdichte als Einflussfaktor berücksichtigt. Die signifikante Assoziation der EHEC/HUS-SMR mit der Rinderdichte ließ sich zwar in diesem Modell reproduzieren (p=0.01), bei Einführung der räumlichen Fehlerkomponente verschwand dieser signifikante Effekt allerdings (p=0.1)

Diskussion

Als wesentliches Ergebnis konnte durch die regionale Regressionsanalyse die Assoziation der EHEC/HUS-SMR mit der Rinderdichte aufgezeigt werden. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit den Resultaten anderer Studien mit ähnlichen Designs [2], [4], [5]. In unserer Studie konnten ca. 30% der regionalen Variabilität der EHEC/HUS-SMRs durch die Rinderdichte erklärt werden. Bei Adjustierung für den Effekt der Rinderdichte konnte für die regionalen Sozialfaktoren kein Effekt nachgewiesen werden.

Die Berücksichtigung der räumlichen Korrelation der Residuen im Modell führte zum Verlust des signifikanten Effektes der Rinderdichte. Dieses Phänomen lässt sich dadurch erklären, dass die Regionen mit hoher Rinderdichte regional benachbart sind. Somit nimmt der Effekt der regionalen Korrelation einen räumlich ähnliche Struktur an wie der Effekt der Rinderdichte und es entsteht ein Problem der Trennbarkeit dieser beiden Effekte, der zum Verlust der Signifikanz für die Assoziation der Rinderdichte führt.


Literatur

1.
Dreesman J, Pulz M (2004): Zur Epidemiologie humaner enterohämorrhagischer Escherichia coli-Infektionen in Niedersachsen. Dtsch. tierärztl. Wschr. 111, 317-20.
2.
Michel P, Wilson JB, Martin SW, Clarke RC, McEwen SA, Gyles CL (1999): Temporal and geographical distributions of reported cases of Escherichia coli O157:H7 infection in Ontario. Epdimiol Infect 122: 193-200
3.
Niedersächsisches Landesamt für Statistik: Statistik Datenbank - Ausgabe 2002
4.
Kistemann T, Zimmer S, Vagsholm I, Andersson Y (2004): GIS-supported investigation of human EHEC and cattle VTEC O157 infections in Sweden: Geographical distribution, spatial variation and possible risk factors. Epdimiol Infect 132: 495-505
5.
Morlock G (2002): Infektionen mit enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) in Bayern 1996-2002. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit