gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

MEDUSA: Ein System zur Umsetzung von EKAs, EPAs und EGAs

Meeting Abstract (gmds2004)

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  • corresponding author presenting/speaker Ludger Zachewitz - Oldenburger Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Informatik-Werkzeuge und -Systeme (OFFIS), Oldenburg, Deutschland
  • Frank Köster - Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds311

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2004/04gmds311.shtml

Veröffentlicht: 14. September 2004

© 2004 Zachewitz et al.
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Gliederung

Text

Zusammenfassung

Im Allgemeinen gehören Patienten in Deutschland zu den medizinisch am umfangreichsten versorgten auf der Welt. Dennoch ist die Situation im deutschen Gesundheitswesen nicht zufriedenstellend. So erreicht das deutsche Gesundheitswesen in einem internationalen Vergleich durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2000 nur einen 25. Platz, obwohl die Gesundheitskosten in Deutschland jedes Jahr im Durchschnitt 10,5% des deutschen Bruttoinlandproduktes ausmachen. Deutschland besitzt damit das teuerste Gesundheitssystem in Europa und nach den USA (13,7%) das zweit teuerste der Welt - trotz z.B. eines nur durchschnittlichen Niveaus der Lebenserwartung [1], [2], [3].

Ursachen für dieses überdurchschnittlich hohe Ausgabenniveau (bei gleichzeitigen Defiziten der medizinischen Versorgung der Bevölkerung) können u.a. in nicht durchgeführten Weiterbildungen für Mediziner, einem fehlendem „Ärzte-TÜV" und Defiziten bei der Prävention, der Patientenorientierung und der Qualität des Gesundheitswesens gefunden werden. Fehlmedikationen, bestehende Sicherheitslücken, die einen Missbrauch von gestohlenen Versichertenkarten oder Rezeptblöcken ermöglichen, eine ungenügende Transparenz bei Abrechnungen medizinischer Leistungen oder eine zu schwach ausgeprägte Patient-Arzt-Beziehung resultieren daraus [3], [4], [5].

Zur Reduktion der Kosten und der Defizite im Gesundheitswesen gilt es, deren Ursachen zu minimieren und zu eliminieren. Durch eine umfassende und zeitnahe Bereitstellung aller behandlungsrelevanten Daten eines Patienten für medizinische Dienstleister (Anamnesen, Untersuchungsergebnisse anderer Mediziner usw.) können Mehrfachuntersuchungen reduziert und die Diagnose- und Arzneimittelsicherheit erhöht werden. Die Qualität der medizinischen Versorgung der Bevölkerung und damit die Patientenzufriedenheit würde erhöht. Durch den Einsatz geeigneter Peripherie wie z.B. Prozessorchipkarten oder Fingerabdruck-Scanner können die Kosten, die durch den Missbrauch des jetzigen Systems entstehen, gemindert werden.

In [4] wird durch den Entwurf einer Architektur für eine elektronische Patientenakte (EPA, [6]) für das deutsche Gesundheitswesen versucht, den intra- und interinstitutionellen Datenaustausch zwischen bestehenden, heterogenen Systemen aller Beteiligten des Gesundheitswesens zu ermöglichen. Die Architektur bildet die Basis für eine umfassende und zeitnahe Bereitstellung aller behandlungsrelevanten Daten eines Patienten. Grundlage dieser Architektur ist die (für das Jahr 2006 in Deutschland geplante) flächendeckende Einführung der sog. elektronischen Gesundheitskarte (eHealth card, [7], [8], [9]) für alle Patienten und des sog. elektronischen Heilberufsausweis (eHPC = electronic health professional card, [7], [8], [9]) für alle Dienstleister im medizinischen Sektor. Die Karten und Ausweise sollen zur Authentifizierung und Autorisierung (ähnlich einer Banking-Card) dienen und die derzeitigen Defizite bei der Verwendung der Versichertenkarte und der Rezeptblöcke reduzieren.

Zur Etablierung einer elektronischen Gesundheitsakte (EGA) wie sie in [6] definiert wurde, sind u.a. neben den Rollen der medizinischen Dienstleister in dem Gesamtsystem vor allem die Rollen der Patienten zu berücksichtigen. In [4] erfolgt dies ausschließlich durch Berücksichtigung der informationellen Selbstbestimmung des Patienten, indem dieser i.Allg. explizit die Erlaubnis für einen Zugriff auf seine Gesundheitsdaten erteilen muss. Weitere Möglichkeiten, wie z.B. eine Übersicht über seine Gesundheitsdaten und deren Verwendung existieren für einen Patienten nicht. Die Rolle des Patienten ist somit eingeschränkt und allein reaktiv.

In diesem Beitrag wird das Projekt MEDUSA (Medical Information System Using Agent Technology) vorgestellt, dessen Hauptziel die Schaffung der Grundlage einer elektronischen Krankenakte (EKA, [6]) ist, die wiederum die Basis einer institutionsübergreifenden elektronischen Gesundheitsakte darstellt. Zur Erreichung dieses Zieles wird im Rahmen von MEDUSA ein proaktives System für alle Beteiligten des Gesundheitssystems entwickelt, welches die speziellen Anforderungen der Nutzer besser unterstützt, als ein rein reaktives System, wie es z.B. in [4] vorgeschlagen wird. Die Rolle des Patienten findet dabei von Anfang an eine gleiche konzeptionelle Berücksichtigung, wie die eines jeden anderen Beteiligten des Gesundheitswesens. Dadurch und durch die an eine Agenten-Metapher angelehnte System-Architektur kann das MEDUSA-System - obwohl zunächst nur zur Umsetzung einer elektronischen Krankenakte geplant - in einem nächsten Schritt zur Umsetzung einer elektronischen Patientenakte und in einem letzten Schritt zur Umsetzung einer elektronischen Gesundheitsakte genutzt werden.

Die Architektur des MEDUSA-Systems ist durch die Verwendung einer Agenten-Metapher gekennzeichnet. Sog. persönliche medizinische Agenten (PMA) stehen jedem Beteiligten des Gesundheitssystems zur Verfügung. Neben den von ihren Besitzern übertragenen individuellen Aufgaben (den sog. Zielen), fungieren die Agenten als Mediator zwischen den Teilnehmern. Sowohl der institutionsinterne als auch der interinstitutionelle Informationsaustausch zwischen Systemen kann durch die PMAs erfolgen, so dass sog. Medienbrüche [10], [11], [12] vermieden werden. Eine zeitnahe und umfassende Bereitstellung von benötigten medizinischen Informationen soll so allen Beteiligten des Gesundheitswesens gewährleitstet werden. Im Sinne einer elektronischen Gesundheitsakte kann der mündige Bürger durch den Einsatz seines PMAs die vollständige Kontrolle über die gesamten über ihn erfassten Gesundheitsdaten sowie deren Verwendung erhalten. Zu jeder Zeit kann er durch seinen PMA darüber informiert werden, wer, was, wie lange und wozu mit seinen medizinischen Daten macht. Zusätzlich kann der Patient seinem PMA sog. Wellnessinformationen mitteilen, wie z. B. sportliche Betätigungen oder Ess- und Rauchgewohnheiten, der diese Informationen der Gesundheitsakte hinzufügt und so die medizinische Versorgung des Patienten verbessert.

Der Beitrag gliedert sich wie folgt: Im ersten Abschnitt wird ein Szenario der gegenwärtigen Situation im Gesundheitswesen zur Motivation der elektronischen Gesundheitsakte gegeben, deren genaue Definition im sich anschließenden Abschnitt gegeben wird. Im dritten Abschnitt wird aufgezeigt, dass zur Umsetzung einer EGA und der Nutzer-Anforderungen proaktive (Agenten-)Systeme besser geeignet erscheinen als gegenwärtige, rein reaktive Systeme. Das MEDUSA-System mit seinen persönlichen medizinischen Agenten (PMA) wird im Anschluss als eine Lösung für ein solches proaktives System vorgestellt. Der Beitrag schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick.


Literatur

1.
PSYCHOTHERAPIE - Zeitschrift zur Psychotherapie, Psychoanalyse & Verhaltenstherapie. Preis-Leistungs-Verhältnis im deutschen Gesundheitswesen verbesserungsbedürftig. Weltgesundheitsorganisation (WHO): Bestes Gesundheitssystem in Frankreich - Deutschland nur auf Platz 25. Juni 2000. Webseite: http://www.psychotherapie.de/psychotherapie/politik/00062102.html
2.
PSYCHOTHERAPIE - Zeitschrift zur Psychotherapie, Psychoanalyse & Verhaltenstherapie. Qualitätssicherung in Medizin und Psychotherapie mangelhaft. Ärzte und Psychotherapeuten kritisieren Deutsches Gesundheitswesen ist teuer, aber nur Mittelmaß. August 2000. Webseite: http://www.psychotherapie.de/psychotherapie/politik/00083003.html
3.
Zahnärztliche Mitteilungen. Sachverständigenrat legt Gutachten vor - Kein gutes Zeugnis für das deutsche Gesundheitswesen. August 2001. Webseite: http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/8_01/pages2/geso1.htm
4.
BITKOM, VDAP, VhitG, ZVEI. Einführung einer Telematik-Architektur im deutschen Gesundheitswesen - Expertise. Juni 2003.
5.
forsa, MUMMERT, F.A.Z.-Institut. Branchenkompass 2003 Gesundheitswesen. Aktuelle Entscheiderbefragung: Investitionsziele und Markttrends. 2003
6.
Prokosch H.-U. KAS, KIS, EKA, EPA, EGA, E-Health: Ein Plädoyer gegen die babylonische Begriffsverwirrung in der Medizinischen Informatik. In: Informatik, Biometrie und Epidemilogie in Medizin und Biologie. 2001. Vol. 32. No. 4. S. 371 - 382.
7.
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung. Informationen zur elektronischen Gesundheitskarte. Webseite: http://www.dimdi.de/de/ehealth/karte/basic/info-karte.pdf
8.
Sozialgesetzbuch (SGB). Fünftes Buch. Gesetzliche Krankenversicherung vom 20. Dezember 1988 (BGBI. I S.2477) (BGBI. III 860-5). Paragraph 291a Elektronische Gesundheitskarte.
9.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz. Die elektronische Gesundheitskarte. § 291 a SGB V. Webseite: http://www.bfd.bund.de/aktuelles/Cebit_ehealth.pdf
10.
Blaser R., Lenz R., Opitz E., Kuhn K.. Auswahl eines Krankenhausinformationssystems - Erfahrungen und strategische Überlegungen. In: Medical Informatics, Biostatistics and Epidemiology for Efficient Health Care and Medical Research. Contributions from the 44th Annual Conference of the GMDS. Heidelberg. September 1999. S. 248 - 251.
11.
Lenz R., Müller T., Steinblock W., Algedri M., Kuhn K. Intranet und Krankenhausinformationssysteme: Chanchen und Grenzen der Web-Technologie im Krankenhaus. In: Medical Informatics, Biostatistics and Epidemiology for Efficient Health Care and Medical Research. Contributions from the 44th Annual Conference of the GMDS. Heidelberg. September 1999. S. 264 - 268.
12.
Sergl M. Sicherheitskonzepte für das Kommunikationssystem des Mainzer Uniklinikums. In: Medical Informatics, Biostatistics and Epidemiology for Efficient Health Care and Medical Research. Contributions from the 44th Annual Conference of the GMDS. Heidelberg. September 1999. S. 278 - 281.
13.
FIPA Abstract Architecture Specification. Foundation for Intelligent Physical Agents (FIPA). Dez. 2002.
14.
FIPA Agent Management Specification. Foundation for Intelligent Physical Agents (FIPA). Dez. 2002
15.
Wooldridge M. An Introduction to Multiagent Systems. John Wiley & Sons (Chichester, England). 2002. ISBN 0 47149691X