gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

Webbasierte Befundübermittlung in Tirol am Beispiel des health@net Projekts : Erfahrungen und Visionen

Meeting Abstract (gmds2004)

  • corresponding author presenting/speaker Thomas Schabetsberger - UMIT - Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, Innsbruck, Österreich
  • Stefan Andreatta - icoserve GmbH, Innsbruck, Österreich
  • Reinhold Haux - UMIT - Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, Innsbruck, Österreich
  • Georg Lechleitner - TILAK - Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH, Innsbruck, Österreich
  • Thomas Pellizzari - icoserve GmbH, Innsbruck, Österreich
  • Klaus Schindelwig - TILAK - Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH, Innsbruck, Österreich
  • Christian Stark - TILAK - Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH, Innsbruck, Österreich
  • Raimund Vogl - TILAK - Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH, Innsbruck, Österreich
  • Immanuel Wilhelmy - TILAK - Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH, Innsbruck, Österreich

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds017

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2004/04gmds017.shtml

Veröffentlicht: 14. September 2004

© 2004 Schabetsberger et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung

In Österreich ist der praktische Arzt die erste Anlaufstelle für Menschen mit gesundheitlichen Problemen. Abhängig von der Schwere dieses gesundheitlichen Problems wird der praktische Arzt eine Behandlung selber durchführen, oder den Patienten an einen niedergelassenen Spezialisten oder an ein Krankenhaus überweisen. Dort werden je nach Anforderung weitere diagnostische Abklärungen oder therapeutische Maßnahmen durchgeführt. Nach Abschluss dieser Behandlung und Entlassung des Patienten wird zusammenfassend ein Arztbrief an den zuweisenden Arzt übermittelt und der Patient damit wieder dem zuweisenden Arzt überwiesen.

Seit Jahren gibt es an der Innsbrucker Universitätsklinik eine elektronische Krankenakte und medizinische Dokumente wie Arztbriefe, Befundberichte oder Bildmaterial liegen in elektronischer Form vor [1]. Die extramurale Kommunikation erfolgte jedoch bis vor kurzem fast ausschließlich papierbasiert und war gekennzeichnet von Medienbrüchen, mit den daraus resultierenden Nachteilen [2], [3], [4]. Im Rahmen des health@net Projekts wurde neben der Anbindung an die existierenden österreichischen Befundnetzwerke (Befundübertragung im EDIFACT Format) ein webbasiertes Befundübertragungssystem eingeführt.

In dieser Arbeit analysieren wir unsere Erfahrungen und wollen versuchen, unsere Visionen eines möglichen, zukünftigen Befundübertragungssystems zu umreißen.

Eckdaten

Die Innsbrucker Universitätsklinik mit ca. 1520 Betten und 4700 Beschäftigten ist Teil der Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH, einer Krankenausholding in öffentlicher Trägerschaft. Jährlich werden an der Innsbrucker Universitätsklinik etwa 87.000 stationäre/teilstationäre und 290.000 ambulante Fälle (Patienten) behandelt. Täglich werden etwa 2.000 Arztbriefe postalisch oder elektronisch versendet [5].

Webbasierte Befundübermittlung am Beispiel health@net

Im Rahmen des Projekts health@net wurde ein webbasiertes Befundübertragungssystem in Form eines Webportals realisiert, welches sich seit Jahresbeginn im Testbetrieb befindet. Niedergelassene Ärzte, die an diesem System teilnehmen und Patienten an die Innsbrucker Universitätsklinik zuweisen, erhalten nach Abschluss der Behandlung eine Verständigung per E-Mail, dass neue Dokumente für sie im Webportal vorliegen. Nach Aufbau einer sicheren Verbindung und Anmeldung mittels Benutzername und Passwort gelangen teilnehmende Ärzte in eine Art Posteingang, wo sie speziell für sie freigegebene Dokumente und Bilder vorfinden. Diese Dokumente können betrachtet und in das eigene Ordinationssystem importiert werden.

Erfahrungen

Während des Testbetriebes konnten einige interessante Erfahrungen gemacht werden:

• Der elektronische Austausch medizinischer Dokumente wird aufgrund des nicht vorhandenen gemeinsamen Patientenindex zwischen den Teilnehmern erschwert, insbesondere bei Übermittlung von Dokumenten von niedergelassenen Ärzten an Krankenhäusern. Dies führt dazu, dass Krankenhäuser überwiegend zu Befundsendern, niedergelassene Ärzte überwiegend zu Befundempfängern werden.

• Nach Abschluss der Behandlungen wird dem zuweisenden Arzt ein Arztbrief übermittelt. In vielen Fällen sind mehrere niedergelassene Ärzte oder auch Krankenhäuser an der Patientenbehandlung beteiligt, die diesen Arztbrief - mangels unserer Kenntnis dieses Behandlungsverhältnisses - nicht erhalten, ihn für die Weiterbehandlung sehr wohl aber benötigen würden.

• Seitens der niedergelassenen Ärzteschaft wird dieses Webportal sehr positiv gesehen. Regelmäßig wird von Ärzten auf die Bedeutung des Datenschutzes und der Datensicherheit dieses Webportals hingewiesen.

• Teilweise bestehen Bedenken gegenüber einer allfälligen Überhäufung mit Informationen.

• Kritik wurde von Seiten der niedergelassenen Ärzteschaft fallweise am Inhalt der Befunde geäußert (diese seien teilweise zu lang und enthielten unwesentliche Informationen), was ein organisatorisches Problem darstellt.

• Die Durchführung einer Usability Studie mit einigen ausgewählten Ärzten war aufschlussreich und führte zu einigen Änderungen am Webportal während der Testphase.

• Mehrere Institutionen betreiben bereits ähnliche Webportale. Die Bedienung verschiedener Portale ist zeitaufwändig und bereitet Probleme.

Diskussion

Die Vermeidung von Medienbrüchen und die elektronische Übermittlung von Dokumenten könnten zu Einsparungen an Kosten und Zeit und zu einer allgemeinen Verbesserung der Qualität in der medizinischen Versorgung führen [6]. Durch die Möglichkeit des Webzugriffs auf verschiedenste freigegebene Dokumente einer Institution können sich Ärzte mit entsprechender Berechtigung umfassender als bisher über bereits durchgeführte Behandlungen ihrer Patienten informieren. Es könnte damit zu einer Reduzierung von teuren und für den Patienten belastenden Doppeluntersuchungen kommen.

Eine Erhebung dieser Veränderungen an Kosten, Zeit und Qualität wurden bisher noch nicht durchgeführt. Eine systematische Evaluierung ist geplant und es soll dafür ein eigenes Kennzahlensystem entwickelt werden.

Unter Anbetracht der gemachten Erfahrungen erscheint eine zukünftige Ablösung der bisherigen, institutionen- bzw. zuweiserorientierten Sichtweise in der Befundübermittlung durch einen patientenorientierten Ansatz sinnvoll [7], [8]. Die Schaffung eines überregionalen, zentralen Patientenindex erscheint uns notwendig. Architekturvarianten, die einerseits in einer zentralen Haltung der von unterschiedlichen Institutionen für den Befundaustausch freigegebenen Daten oder andererseits in einer dezentralen Datenhaltung bei den jeweiligen Institutionen und zentralen Führung von Metadaten (Verweisen) bestehen, sind vergleichbar mit einem gegenwärtigen klinischen Informationssystems in einer künftig möglichen, institutionenübergreifender Anwendung. Gerade gegen diese zentrale Datenhaltung gibt es derzeit große Bedenken, sowohl von Seiten der Ärzteschaft, als auch der Patienten und es sei an dieser Stelle nur auf den oft erwähnten „gläsernen Patienten" hingewiesen. Ein aktiver Diskussionsprozess unter allen Beteiligten, einschließlich der Patienten, der gegenwärtig in Österreich entsteht und in den wir uns aktiv einbringen, könnte hilfreich sein, um soziotechnischen Akzeptanzprobleme zu erkennen und gemeinsam zu lösen [9], [10], [11].

Danksagung

Diese Arbeit wird vom Österreichischen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit unterstützt.


Literatur

1.
Lechleitner G, Pfeiffer KP, Wilhelmy I, Ball M. Cerner Millennium: the Innsbruck experience. Methods Inf Med 2003;42(1):8-15.
2.
Westerman RF, Hull FM, Bezemer PD, Gort G. A study of communication between general practitioners and specialists. Br J Gen Pract 1990;40(340):445-9.
3.
Mageean RJ. Study of "discharge communications" from hospital. Br Med J (Clin Res Ed) 1986;293(6557):1283-4.
4.
van der Kam WJ, Moorman PW, Koppejan-Mulder MJ. Effects of electronic communication in general practice. Int J Med Inf 2000;60(1):59-70.
5.
Ammenwerth E, Haux R, Lechleitner G, Pfeiffer KP, Triendl C, Vogl R. TILAK IT-Strategie 2003-2007. Available at http://iig.umit.at/d_ITbeirat_strategie.htm. Accessed on 2004 Apr 07.
6.
Moorman PW, Branger PJ, van der Kam WJ, van der Lei J. Electronic messaging between primary and secondary care: a four-year case report. J Am Med Inform Assoc 2001;8(4):372-8.
7.
Shabo A, Vortman P, Robson B. Who's afraid of lifetime electronic medical records? Available at http://www.haifa.il.ibm.com/projects/software/imr/papers/WhosAfraidOfEMRfinal.pdf. Accessed on 2003 Nov 18.
8.
Haux R, Ammenwerth E, Herzog W, Knaup P. Health care in the information society. A prognosis for the year 2013. Int J Med Inf 2002;66(1-3):3-21.
9.
van Bemmel JH, McCray AT. Patient-Centered Systems. In: IMIA Yearbook of Medical Informatics 2000. Stuttgart, Germany: Schattauer; 2000.
10.
Ball MJ, Lillis J. E-health: transforming the physician/patient relationship. Int J Med Inf 2001;61(1):1-10.
11.
Branger PJ, van der Wouden JC, Schudel BR, Verboog E, Duisterhout JS, van der Lei J, et al. Electronic communication between providers of primary and secondary care. Bmj 1992;305(6861):1068-70.