gms | German Medical Science

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

16.11. - 18.11.2007, Hannover

ILIAS im Rahmen des Modellstudiengangs HannibaL am Beispiel von Lerninhalten aus dem Chemischen Praktikum

Poster

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung - GMA. Hannover, 16.-18.11.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gma60

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gma2007/07gma060.shtml

Veröffentlicht: 14. November 2007

© 2007 Koesling et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung und Untersuchungsgegenstand: Seit der Einführung des Modellstudiengangs HannibaL (Hannoveraner integrierter, berufsorientierter und adaptiver Lehrplan) im Jahr 2005 (vgl. http://www.mh-hannover.de/hannibal.html) wurde auch eine stärkere Integration des eLearnings in der medizinischen Ausbildung realisiert. Um das Selbststudium der Studierenden zu fördern, wurden die Tutorien aus dem Lehrplan genommen und dafür das Angebot der beiden Lernplattformen MedicalSchoolbook (vgl. [1], [2]) und ILIAS (vgl. http://www.ilias.de) maßgeblich erweitert. Standen bis vom WS 2004/2005 zum WS 2005/2006 nur statische Lernmodule zur Verfügung (vgl. [3]), so wurden in diesem Zuge auch Prüfungsmodule zum Selbststudium und zur Selbsteinschätzung der Studierenden eingestellt .

Zudem ist die MHH seit Beginn des Wintersemesters 2006/2007 dazu übergegangen, die Studierenden nicht mehr bei Bedarf auf die Lernplattformen einzulernen, sondern eine generelle Einführung jeweils zu Anfang des Studiums zu geben.

Durch diese Integrationsmaßnahmen verfügt die MHH jetzt über eine fundierte Basis an e-Learning Nutzern für Lerninhalte aus dem medizinischen Bereich.

Es schien in diesem Zusammenhang daher besonders interessant zu untersuchen, wie sich das Lernverhalten der Studierenden auf dem ILIAS System gestaltet, und ob sich infolge des starken Einbezugs von ILIAS durch HannibaL Entwicklungen in der Benutzung von ILIAS aufzeigen lassen. Wir haben exemplarisch eine Evaluation der Lerninhalte der zellulären Chemie vorgenommen.

Nutzung des ILIAS-Systems: Betrachtet man in Abbildung 1 [Abb. 1] die allgemeine Nutzung der Lernplattform ILIAS3 seit Ihrer Einführung im November 2005, so ist über den Gesamtzeitraum ein starker Anstieg der Zugriffe zu verzeichnen (vgl. [4]). So beliefen sich die maximalen Zugriffszahlen im März 2007 auf mehr als den doppelten Wert (ca. 10600) des Vorjahresmonats März (ca. 5000).

Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang die starke Schwankung der dargestellten Zugriffszahlen. Einige Monate fallen durch besonders rege Aktivität der Studierenden heraus. Im Allgemeinen decken sich diese Zeiträume vermehrter Zugriffe mit Vorbereitungen für Prüfungen, für die Lerninhalte im ILIAS bereitstehen, wie z.B. im Falle des Chemischen Praktikums. Die Analyse der Nutzung der gesamten Lernplattform auf Tagesbasis zeigt jedoch, dass sich neben den Zugriffspitzen offenbar ein weiterer Wandel der Nutzung abzuzeichnen scheint, der mit den allgemeinen Einführungen der Erstsemester in zeitlichem Einklang steht Seit Beginn des Wintersemesters 2006/2007 und der zeitgleichen Einführung der neuen ILIAS3 Version werden die Studierenden vom ersten Tag an mit der Lernplattform vertraut gemacht. Davor war dies ein Zusatzangebot. Gab es seit Februar 2006 bis Oktober 2006 mehr als 70 Tage ohne Zugriffe von Studenten auf Lernmodule, so waren es seit Oktober 2006 bis Anfang Juni 2007 nur noch 3 Tage.

Nutzungverhalten der Studenten am Beispiel des Chemischen Praktikum, Ergebnisse:Das Chemische Praktikum findet innerhalb der MHH für Studenten der Human- und der Zahnmedizin in den ersten zwei Semestern statt. Es gliedert sich in 9 Kurstage.

Wir haben sowohl die Lehre (Lerneinheiten) als auch die Übungsfragen (Tests) betrachtet. Bei Analyse fiel uns auf, dass beispielsweise enthaltende Flash Animationen in Lerneinheiten etwas häufiger frequentiert wurden, als die statischen Texte und insbesondere, dass Übungsfragen von den Studierenden weitaus beliebter waren, als Lerneinheiten. In diesem Zusammenhang stellten wir bei Überprüfung der Lernmodulen vor der Prüfung am 30.03.2007 (umfaßt Kurstag 1-3) sogar fest, dass es bei den Lernmodulen im Zeitraum des 01.03.2007 bis 30.03.2007 einen starken Einbruch von Kurstag 1 hin zu Kurstag 3 gab, bei den Übungsfragen zu Kurstag 1 bis 3 war dies jedoch nicht der Fall (vgl. Abbildung 2 [Abb. 2]). So gab es in diesem Zeitraum insgesamt 2073 Zugriffe auf das Lernmodul „Kurstag 1“, jedoch nur 782 Zugriffe auf „Kurstag 2“ und nur 527 auf „Kurstag 3“.

Die erste Teilprüfung wird nach 3 erfolgten Kurstagen durchgeführt. Die zweite Teilprüfung im Juli behandelt die restlichen Kurstage 4 – 9. Aufgrund der Tatsache, dass diese Veranstaltung verpflichtend ist und die Tutorien im Zuge von HannibaL aus dem Lehrplan gestrichen wurden, erwarteten wir hier eine rege Teilnahme von Studenten und untersuchten insbesondere die Prüfung am 30.03.2007.

Die Gesamtzahl der Studenten im Wintertertial (Humanmedizin), die an der ersten Prüfung am 30.03.2007 teilnahmen, betrug 312, die Zahl der Studenten im Wintersemester (Zahnmedizin) lag bei 79. Von diesen Studenten nutzten im Falle des am häufigsten frequentierten Tests „Kurstag 1“ 277 (112m, 165w) in den letzten 5 Tagen vor der Prüfung die Möglichkeit, sich in ILIAS vorzubereiten, das sind ca. 70,8%. Dabei wurden die Tests, die alle aus jeweils 5 bis 8 Multiple Choice Fragen bestanden, in 88% der Fälle komplett durchgearbeitet. Jeder der Studierenden startete die Tests im Durchschnitt mehr als drei Mal. Wenngleich die Teilnehmerzahl der Übungsfragen für „Kurstag 2“ (272 (110m,162w)) und „Kurstag 3“ (268 (108m,160w)) relativ konstant war, gab es offensichtlich auch Unterschiede in der Nutzungsintensität bei beiden Geschlechtern, wobei Frauen eine weitaus stärkere Nutzung zugeschrieben werden kann. Dies gilt es aber noch, im Detail zu überprüfen.

Die Nutzungszeit von ILIAS war interessant verteilt, da diese direkt die Zeiten wiedergibt, die die Studenten zur Vorbereitung auf die Prüfung genutzt haben. So gab es keine charakteristische Veränderung des Nutzungsverhaltens an Wochenenden gegenüber den Tagen der Arbeitswoche. Die Hauptzeit der Nutzung verlagerte sich auf die letzten 5 Tage vor der Prüfung, und verteilte sich auf ein breites Spektrum an Tageszeiten. War die Hauptnutzungszeit generell um 14:00 nachmittags angesiedelt, so lernten manche Studenten z.B. noch bis 2:55 Uhr in den Tag der Prüfung hinein und setzten Ihre Übungen bereits um 4:23 mit rasant ansteigender Teilnehmerzahl bis 27 Minuten vor der Prüfung um 9:18 Uhr fort.

Ergänzende Beobachtungen: Bei Einführung von ILIAS konnten wir feststellen, dass die Akzeptanz der eLearning Lösung wesentlich von Ihrer Erreichbarkeit und dem Umständen ihrer Einführung abhängig zu sein scheint. Mehrere, nicht zentralisierte Lernplattformen anzubieten, kann einen negativen Einfluß auf die Nutzung der Studenten haben, da Irritation aufkommt und letztendlich Lernangebote für die Studierenden nicht wahrgenommen werden, wenn sie auf derjenigen Lernplattform liegen, die nicht hauptsächlich genutzt wird. Im Falle der MHH existieren die beiden Lernplattformen ILIAS und MedicalSchoolbook, die beide unterschiedliche Lernkonzepte verfolgen und verschiedene Vorteile bieten und somit in ihrer Kombination von den Studierenden genutzt werden sollten.

So gab es im Falle der Humanmediziner im Oktober 2005 nur ILIAS. Im Oktober 2006 bekamen die Studierenden jedoch im Rahmen des Reformstudienganges in ihrer Orientierungswoche eine Einführung in das MedicalSchoolbook und nutzten es bereits in der ersten Woche für die Bearbeitung von Hausaufgaben. Diese Studierenden bekamen im November 2006 ebenfalls eine Einführung auf ILIAS. Als sie jedoch im Januar 2007 auf ILIAS als weitere Lernplattform hingewiesen wurden, kam Irritation auf. Aus diesen Gründen plant die MHH die Schaffung eines einheitlichen Lernportals für die Studenten.

Ergebnisse: Die Analyse der Nutzerzahlen des ILIAS Systems zeigen verschiedene Entwicklungen auf und lassen einen Blick in das Lernverhalten der Studenten zu, so dass im späteren Verlauf auch Rückschlüsse für die Lehrpläne möglich sein sollten.

Vergleicht man das bekannte Verhalten der Studenten, sich immer nur einige Tage vor Prüfungen in ILIAS einzuloggen, um zu lernen, so weist die Zunahme von Zugriffe auf ILIAS in ruhigeren Zeiträumen darauf hin, dass die Studenten beginnen, das System in ihre regelmäßige Lernaktivität einzubeziehen. Dies steht auch im Einklang mit unserer Beobachtung, dass jede neue Generation an Studenten beider Geschlechter weniger Berührungsängste mit ILIAS und neuen Medien zu haben scheint.

Dennoch ist die in Sektion 2 festgestellte, erhöhte tägliche Nutzung von ILIAS3 leicht verzerrt durch den Übergang von ILIAS2 zu 3 und die stetige Zunahme von Studenten mit Zugangserlaubnis zu der Plattform.

Die ermittelten Ergebnisse deuten auf einen sich abzeichnenden Erfolg der Strategie der medizinischen Hochschule Hannover hin, das eLearning stärker zu forcieren, um die Nutzung der neuen Medien durch Studenten zu intensivieren.

Dies gilt nicht nur für das System ILIAS, sondern ebenfalls für das von der MHH selbst entwickelte System MedicalSchoolbook, das auch aktiv in Veranstaltungen eingebunden wird. Auf bereits vorhandenes Material im ILIAS gab es bereits positive Resonanz durch die Medizinstudenten (vgl. [4]).

Frühere Untersuchungen mit Befragungen von Studenten haben jedoch auch aufgezeigt, dass sie ein breiteres und tieferes Angebot an Lernmaterial wünschen (vgl. [5]). Zum Studienjahr 2008 soll dem Wunsch der Studierenden entsprochen werden, die Anzahl der Prüfungsfragen in ILIAS auszubauen. Um ein umfassenderes Bild des Erfolgs der eLearning Strategie aufzuzeigen, sind in naher Zukunft Studien geplant, die den Einfluss des elektronisch unterstützten Studiums auf den erzielten Lernerfolg der Medizinstudenten untersuchen sollen und dadurch untermauern könnten, dass die Möglichkeiten des eLearnings gerade in dem speziellen Fall des Studiums der Medizin erhebliche Erfolge zeigen kann, da es sich gerade dieses Studium durch eine hohe Anforderung an Wissensaneignung auszeichnet.


Literatur

1.
Kupka T, Behrends M, Zajaczek JEW, Matthies HK. Das Open Source Content Management SystemMedicalSchoolbook. In: Haake JM et al (Hrsg). DeLFI 2005, Lecture Notes in Informatics - Proceedings, vol. P-66. Aachen: Shaker-Verlag. 2005:521-522.
2.
Behrends M, Kupka T, Zajaczek JEW, Matthies HK. Multimedial gestützte Lernszenarien in der Medizin mit der LernplattformMedicalSchoolbook In: Matthies, et.al: eLearning in der Medizin und Zahnmedizin. Proceedings zum 9. Workshop der gmds-AG Computergestützte Lehr- und Lernsysteme in der Medizin und Zahnmedizin. Aachen: Shaker-Verlag; 2004.
3.
Döbler K, Kabuss R, Gerady-Schahn R, Matthies HK. Contenterstellung mittels ILIAS im Fach Zelluläre Chemie und Allgemeinmedizin In: Proceedings zum 8. Workshop der GMDS AG Computergestützte Lehr- und Lernsysteme in der Medizin. Aachen: Shaker-Verlag. 2004;149-154.
4.
Krückeberg J, Meyer G, Matthies HK. Evaluation of Web Based Course Units in Medical Education In: Proceedings of the HCI International 2005. London: LEA Publishers Mahwah; 2005.
5.
Koesling AW, Krueckeberg J, Meyer G, Matthies HK. Evaluation of Biochemistry Web-based Course Units in Medical Education – A Comparison. Web-based Education; 2007.