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20. Jahrestagung der Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie (GAA)

Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie

05.12. - 06.12.2013, Düsseldorf

Optimierung des Medication Appropriateness Index zur Verwendung als Endpunkt

Meeting Abstract

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  • author presenting/speaker Gero Joks - Klinische Pharmakologie Universität Witten/Herdecke, Wuppertal, Deutschland
  • author Stephanie Pietzyk - Klinische Pharmakologie Universität Witten/Herdecke, Wuppertal, Deutschland
  • corresponding author Petra Thürmann - Klinische Pharmakologie Universität Witten/Herdecke, Wuppertal, Deutschland

Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e.V. (GAA). 20. Jahrestagung der Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie. Düsseldorf, 05.-06.12.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13gaa26

doi: 10.3205/13gaa26, urn:nbn:de:0183-13gaa266

Veröffentlicht: 25. November 2013

© 2013 Joks et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Der Medication Approriateness Index (MAI) wurde 1992 von Hanlon et al. [1] in den USA entwickelt. Im Gegensatz zur US-amerikanischen Situation verfügt ein Apotheker in Deutschland i.d. Regel über weniger klinische Informationen der Heimbewohner. Daher können einige Items des MAI nicht voll umfänglich beurteilt werden. In vorangegangenen Untersuchungen [2], [3] wurde festgestellt, dass verschiedene Rater identische Fälle oft recht unterschiedlich beurteilen. Ziele des Projektes waren ein für Deutschland praktikables Messinstrument zu entwickeln und gleichzeitig zu zeigen, dass Medikamente der PRISCUS-Liste [4] ein Indikator für eine allgemein mangelhafte Pharmakotherapie sind und mit einem höheren MAI-Score korrelieren.

Material und Methoden: Nach einer vollständigen Übersetzung und Anpassungen des MAI (2012) an nationale Besonderheiten erfolgte eine Transformation des dichotomen Bepunktungssystems auf ein dreigliedriges [3], [5]. Nach einer Pilotanwendung des MAI anhand der Medikation von 16 Altenheimbewohnern erfolgte eine qualitative Analyse der Inter-observer Variabilität [3]. Daraus wurden möglichst allgemein gültige Regeln zur standardisierten Bewertung abgeleitet und in einem Handbuch niedergelegt.

Die Studienpopulation für die jetzige Evaluation bestand aus 68 Heimbewohnern (HB) [73,4% weiblich; durchschnittliches Alter 82 Jahre; Bereich 43-104]. Die MAI Bewertung von 681 Verordnungen für alle HB wurde durch zwei Apotheker unabhängig voneinander mit Hilfe des Handbuchs durchgeführt. Zur Abschätzung der Inter-Rater-Variabilität wurden die prozentuale Übereinstimmung, Kappa-Statistik nach Cohen [1], [5], [6] und Delta-Werte nach Andres & Marzo ermittelt [7]. Weiterhin wurden die Scores der Bewohner, die mindestens ein PRISCUS-Arzneimittel erhielten mit den Scores derjenigen Bewohner ohne ein solches gegenübergestellt. Hierbei wurde Frage 2 nicht gewertet, da diese die PRISCUS-Liste bereits mit einbezieht.

Ergebnisse: Frage 1 (Indikation) erhielt am häufigsten die Bewertung “unangemessen“. Insgesamt wurde im Mittel ein Score von 3,89 ±2,02 (GJ) bzw. 3,67 ±1,66 (SP) erzielt, wobei das potenzielle Maximum von 42 Punkten (vollständig unangemessen) bei Weitem nicht erreicht wurde. Bezogen auf die einzelnen Items lag die Übereinstimmung zwischen 90,23% (Arzneimittel-Krankheits-Interkationen) und 97,36% (Nutzen), die dazugehörigen Kappa-Werte variierten zwischen 0,37 und 0,87, Delta-Werte zwischen 0,84 und 0,94. In der vorherigen Analyse der Medikation von 16 Patienten anhand des MAI betrug die mittlere Übereinstimmung nur 77,71% und konnte durch die standardisierte Anwendung des Messinstrumentes erheblich gesteigert werden. Der durchschnittliche modifizierte MAI-Score (Summe ohne Frage 2 „Nutzen“) lag bei Patienten mit PRISCUS-Verordnung bei 4,9 Punkten und bei Patienten ohne eine Verordnung von der PRISCUS-Liste bei 2,8 Punkten (p<0,001).

Schlussfolgerung: Durch explizitere Kriterien beim MAI und Erstellung eines ausführlichen Handbuchs, sowie intensivem Training konnte eine Verringerung der Inter-Rater-Variabilität erreicht werden, so dass der adaptierte MAI nun geeigneter erscheint, die Effekte von Interventionen zu erfassen. Vor der Anwendung des MAI zur Erfassung der Medikationsqualität und ggf. eines Interventionseffektes ist ein ausführliches Training der Rater anhand eines Handbuchs dringend zu empfehlen. Patienten, die Medikamente der PRISCUS-Liste erhalten, weisen eine geringere Medikationsqualität als solche ohne auf. Medikamente der PRISCUS-Liste können somit allgemein als Indikator herangezogen werden, um Risikopatienten zu identifizieren.


Literatur

1.
Hanlon JT, Schmader KE, Samsa GP, Weinberger M, Uttech KM, Lewis IK, Cohen HJ, Feussner JR. A method for assessing drug therapy appropriateness. J Clin Epidemiol. 1992 Oct;45(10):1045-51.
2.
Côté I,Farris K, Olson K, Wiens C, Dieleman S. Inst of Health Econ. Working Paper 2003; 03-01.
3.
Joks G, Pietzyk S, Thürmann PA. Adaptation of the Medication Appropriateness Index for pharmaceutical care in a German nursing home. Br J Clin Pharmacol. 2012;75 (Suppl.1):1-19.
4.
Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: die PRISCUS-Liste. Dtsch Arztebl Int. 2010;107(31-32):543-51.
5.
Samsa GP, Hanlon JT, Schmader KE, Weinberger M, Clipp EC, Uttech KM, Lewis IK, Landsman PB, Cohen HJ. A summated score for the medication appropriateness index: development and assessment of clinimetric properties including content validity. J Clin Epidemiol. 1994 Aug;47(8):891-6.
6.
Cohen J. Weighted kappa: nominal scale agreement with provision for scaled disagreement or partial credit. Psychol Bull. 1968 Oct;70(4):213-20.
7.
Andres AM, Marzo PF. Delta: A new measure of agreement between two raters. Stat Methods Med Res. 2005;14:473.