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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Epidemiologie von chronischen Krankheiten und Therapien in der Altersklasse über 70 Jahren

Meeting Abstract

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom052

doi: 10.3205/11fom052, urn:nbn:de:0183-11fom0529

Veröffentlicht: 14. September 2011

© 2011 Piccoliori et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Alte Menschen leiden bekanntlich meist an mehreren Krankheiten zugleich und nehmen oft viele Medikamenten ein; dies mit der Gefahr von teilweise gefährlichen Interaktionen. Sowohl zu der Multimorbidität der sehr Alten als auch zu deren Medikamenteneinnahme ist jedoch nicht viel bekannt. In Südtirol muss jeder Bürger bei einem Hausarzt eingetragen sein so dass das Patientengut der Hausärzte weitgehend der allgemeinen Bevölkerung entspricht. Fragestellung: Welches Maß an Multimorbidität und Multi-Pharmakotherapie findet sich in einer Altersgruppe von Patienten beim Hausarzt, die über 70 Jahre alt sind.

Material und Methoden: Jeder teilnehmende Hausarzt sollte 30 randomisiert ausgewählten Patienten, die über 70 Jahre sein mussten, mittels eines international genutzten Fragebogens für das multidimensionale Assessment des älteren Menschen – das so genannte STEP – befragen. Zudem waren zu jedem Patienten die chronischen Pathologien und die Dauermedikation zu dokumentieren.

Ergebnisse: An der Studie nahmen 45 Hausärzte teil, die insgesamt 894 Patienten (Altersdurchschnitt 77, 61% Frauen) dokumentierten. Die Patienten hatten im Durchschnitt 3 Dauer-Pathologien (SD 1,7), 55% mehr als 2 (Abbildung 1 [Abb. 1]). Die häufigsten Pathologie waren: arterielle Hypertonie (50%), Arthrose (27%), KHK (16%), Herzrhythmusstörungen (12%), Depression (12%) und Diabetes (12%). Man fand signifikante Verteilungsunterschiede zwischen Frauen und Männern. Z.B. kam Depression 4 mal häufiger bei Frauen vor (Tabelle 1 [Tab. 1]). Die mittlere Medikamentenanzahl betrug fast 3 (SD 2,05, Min 1 – Max 14), 33% nahmen mindestens 4 verschiedene Medikamente ein (Abbildung 2 [Abb. 2]). Ace-Hemmer (29%), Antiaggregantien (27%), Diuretika (18%) und Calciumantagonisten (18%), Statine (14,5%), Betablocker (13%), Tranquillizer (13%), Antidepressiva (12,5%), Sartane (12%), NSAR (10,4%) waren die häufigsten Medikamentenklassen (Tabelle 2 [Tab. 2]). Die häufigste Medikamentengruppe war die der Antihypertensiva mit 35% aller chronischen Medikationen.

Schlussfolgerung/Implikation: Menschen über 69 Jahre zeigten eine hohe Komobidität und eine sehr hohe Polytherapie. Beide Zustände erhöhen die Gefahr unerwünschter Arzneimittelwirkungen und -wechselwirkungen. In weiteren Studien sollte die Möglichkeit der Reduktion der Polypharmazie durch gezielte edukative Interventionen untersucht werden.


Literatur

1.
Piccoliori G, Gerolimon E, Abholz HH. Geriatric Assessment in der Hausarztpraxis – eine Studie der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin. Zeitschr Allg Med. 2005;81:491-8.
2.
Junius U, Fischer G. Geriatrisches Assessment für die hausärztliche Praxis. Zeitschr Gerontol Geriat. 2002;35:210-23.
3.
Geriatric assessment in general practice using a screening instrument: is it worth the effort? Results of a South Tyrol Study. Age Ageing. 2008;37(6):647-52.