gms | German Medical Science

Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Was wissen Patienten über ihre orale Antikoagulationstherapie?

Meeting Abstract

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom033

doi: 10.3205/11fom033, urn:nbn:de:0183-11fom0337

Veröffentlicht: 14. September 2011

© 2011 Hua et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In Deutschland nehmen über eine Million Patienten täglich Phenprocoumon ein. Die Sicherheit und die optimale Einstellung der Therapie erfordern Adhärenz und Wissen des Patienten über die Risiken der Therapie, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Ernährungsempfehlungen und Verhaltensregeln unter oraler Antikoagulation (OAT). Ziel unserer Studie ist es, die Selbsteinschätzung und das Basiswissen über die OAT ungeschulter Patienten zu evaluieren.

Material und Methoden: Im Rahmen einer cluster-randomisierten Interventionsstudie in 22 Hausarztpraxen wurden bei 353 Patienten (48% Frauen; Durchschnittsalter aller Patienten lag bei 74 Jahre SD±11) mit OAT eine Eingangserhebung durchgeführt. Mit einem selbstentwickelten Fragebogen wurden demographischen Daten, subjektive Sicherheitsempfinden der Patienten sowie ihr Wissen zu Risiken, Wechselwirkungen, Ernährungsempfehlungen und Verhaltensregeln unter OAT erfasst.

Ergebnisse: Die meisten Befragten (57%) schätzen ihr Wissen über die OAT gut bis sehr gut ein. Allerdings gaben ca. 52% Angst vor Komplikationen an. 28% der Befragten wussten nicht, wie lange sie Gerinnungshemmer einnehmen müssen und ca. 43% der Befragten kannten ihren individuellen Zielwert nicht. 46% hatten keine Kenntnisse darüber, wie sie sich unter der Therapie mit Gerinnungshemmer ernähren sollen. 85% der Befragten wussten über die Einflussfaktoren auf die OAT, wie freiverkäufliche Medikamente oder akute Erkrankungen nicht Bescheid. Die Symptome einer Über- und Unterdosierung, die ein rasches Handeln erfordern, wie Paresen beim Schlaganfall oder Teerstuhl bei Darmblutungen wurden von ca. 62% der Befragten nicht als dringender Notfall eingestuft.

Schlussfolgerung/Implikation: Obwohl die Mehrheit der Patienten ihr Wissen über die OAT als gut einschätzt, bestehen in vielen sicherheitsrelevanten Themen zur OAT große Wissenslücken. Dies ist potentiell gefährlich, da das Risiko für Komplikationen mit den Wissenslücken über die OAT korreliert. Es besteht ein Bedarf an einer effektiven strukturierten Schulung, um die Sicherheit der Therapie mit oralen Antikoagulantien zu erhöhen. In Deutschland gibt es derzeit noch keine standardisierte Schulung für Patienten, die keine Selbstmessung durchführen, die aber den großen Anteil der Patienten mit OAT ausmachen. Die effizienteste Form einer Schulung zur Therapie mit oralen Antikoagulantien muss noch gefunden werden. Ob eine videogestützte und persönliche Schulung durch eine Medizinische Fachangestellte das Wissen über die OAT beim Patienten im Vergleich zu einer üblichen Patienteninformation nachhaltig verbessert, wird im nächsten Schritt unserer Studie evaluiert.


Literatur

1.
Hua TD, Vormfelde SV, Abed MA, Schneider-Rudt H, Sobotta P, Friede T, Chenot JF. Practice nursed-based, individual and video-assisted patient education in oral anticoagulation. Protocol of a cluster-randomized controlled trial. BMC Family Practice. 2011;12:17.