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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Patientenschulungsmodul zur Implementierung von Shared Decision Making am Beispiel Herzinfarktprävention bei Diabetes. Randomisiert-kontrollierte Studie

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Susanne Buhse - Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland
  • author Ingrid Mühlhauser - Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland
  • author Tabitha Heller - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin III, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Jena, Deutschland
  • Jürgen Kasper - Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland
  • author Nadine Kuniß - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin III, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Jena, Deutschland
  • author Thomas Lehmann - Universitätsklinikum Jena, Zentrum für Klinische Studien, Jena, Deutschland
  • author Ulrich Alfons Müller - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin III, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Jena, Deutschland
  • author Matthias Lenz - Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland

EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmD4b

doi: 10.3205/15ebm022, urn:nbn:de:0183-15ebm0228

Veröffentlicht: 3. März 2015

© 2015 Buhse et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Die Nationale Versorgungsleitlinie Typ 2 Diabetes empfiehlt die Implementierung der informierten und geteilten Entscheidungsfindung (Shared Decision Making, SDM). Wir haben ein SDM-Programm entwickelt, bestehend aus einer Entscheidungshilfe und einer Kleingruppenschulung von 90 Minuten, durchgeführt von Diabetesberatern. Patienten ermitteln ihr Infarktrisiko, erhalten evidenzbasierte Informationen zu Präventionsoptionen und definieren ihre Therapieziele. Ziel der Studie ist die Evaluation der Wirksamkeit des Programms über 6 Monate im ambulanten Setting des Diabeteszentrums des Universitätsklinikums Jena. Wir berichten die Ergebnisse nach Schulung.

Material/Methoden: Vergleich des SDM-Programms mit einer strukturidenten Kontrollintervention in einer einfach verblindeten randomisiert-kontrollierten Studie. Je zwei Diabetesberater wurden für beide Gruppen trainiert. Eingeschlossen wurden Patienten mit Typ 2 Diabetes, die am DMP teilnehmen und noch keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten. Primärer Endpunkt war Risikowissen, sekundäre Endpunkte realistische Erwartungen und Therapiezielumsetzung. Die Qualität der Interventionsschulungen wurde über Videoaufzeichnungen qualitativ analysiert.

Ergebnisse: Es wurden 154 Patienten randomisiert (Alter 61,8 Jahre, Statine 49,4%, HbA1c-Wert 7%, RR 145/82mmHg), von 143 lagen Daten zum primären Endpunkt vor. Die SDM-Gruppe (n=72) zeigte im Vergleich zur Kontrollgruppe (n=71) ein besseres Risikowissen (Differenz 5,6 Punkte, 95% CI 4,8–6,4, Score 0–12) und realistischere Erwartungen (Differenz 3,7 Punkte, 95% CI 3,2–4,1, Score 0–6). Weniger Patienten der SDM-Gruppe definierten das Ziel, keine Statine mehr einzunehmen (Differenz 13,2%, 95% CI 3,0%–23,3%), bei gleichzeitig unveränderter Verordnung. In der SDM-Gruppe priorisierten mehr Patienten die Blutdruckbehandlung (52,1% vs. 25,7%) und weniger die Blutzuckerbehandlung (32,9% vs. 60%). Qualitative Analysen zeigten, dass die Schulungen weitestgehend dem Curriculum folgten.

Schlussfolgerung: Das SDM-Programm führt zu besserem Risikowissen und realistischeren Erwartungen. Die Umsetzung des Wissens wird in rationaleren Präventionszielen deutlich. Die beobachteten Unterschiede zwischen den von den Patienten definierten Therapiezielen und der Verordnung von Statinen könnte auf Veränderungen in der Compliance hinweisen. Das Follow-up wird zeigen, ob die Patienten ihre selbst gesetzten Präventionsziele erreichen.