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Entscheiden trotz Unsicherheit: 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

15.03. - 16.03.2013, Berlin

Wann erscheint ein Heimeinzug von Menschen mit Demenz erforderlich? Antizipierte Gründe aus Sicht pflegender Angehöriger und professionell Pflegender

Meeting Abstract

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Entscheiden trotz Unsicherheit. 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 15.-16.03.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13ebmP113

doi: 10.3205/13ebm104, urn:nbn:de:0183-13ebm1046

Veröffentlicht: 11. März 2013

© 2013 Stephan et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Menschen mit Demenz und ihre Familien erleben den Umzug in ein Pflegeheim oft als schweren Einschnitt. Daher unterstützen viele Einrichtungen die Familien während der Einzugsphase. Beratung und Unterstützung scheint jedoch schon vorher geboten, da die Entscheidung für einen Heimeinzug für die Angehörigen häufig mit Zweifeln und Schuldgefühlen verbunden ist. Bisher ist unklar, wie sich der Entscheidungsprozess gestaltet und ob pflegende Angehörige und professionell Pflegende die Notwendigkeit eines Heimeinzugs in vergleichbarer Weise wahrnehmen.

Methoden: Im Rahmen der prospektiven Beobachtungsstudie im EC 7th Framework Projekt RightTimePlaceCare wurden in Nordrhein-Westfalen 113 Dyaden professionell Pflegender und pflegender Angehöriger von Menschen mit Demenz in der Häuslichkeit gefragt, aus welchen Gründen sie einen Heimeinzug für notwendig halten. Geschulte Interviewer führten die offene Befragung durch und dokumentierten die Antworten (Zeitraum: 01/2011 bis 01/2012). Die Auswertung erfolgte mittels induktiver Inhaltsanalyse. Mehrfachantworten waren möglich. Die gleiche Befragung wurde in 8 weiteren EU-Ländern durchgeführt.

Ergebnisse: Ein Kategoriensystem mit 25 Haupt- und jeweils mehreren Subkategorien wurde generiert. Professionell Pflegende benennen als häufigste Gründe Belastung des pflegenden Angehörigen (n=49; 43%) und deren Unvermögen, die Pflegesituation aufrecht zu erhalten (n=39; 35%), Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Person mit Demenz (n=25; 22%), Abhängigkeit bei Aktivitäten des täglichen Lebens und Gefahrensituationen (je n=19; 17%). Demgegenüber beschreiben pflegende Angehörige am häufigsten ihr eigenes Unvermögen, die Pflegesituation aufrecht zu erhalten (n=45; 40%), meist aus gesundheitlichen oder Altersgründen, eingeschränkte Mobilität der Person mit Demenz (n=29; 26%), Verschlechterung des Allgemeinzustandes (n=23; 20%), Abhängigkeit bei Aktivitäten des täglichen Lebens und neuropsychiatrische Symptome (je n=17; 15%). Nur 9% der Angehörigen benennen eigene Belastung als mögliche Ursache (n=10).

Schlussfolgerung: Während professionell Pflegende am häufigsten Belastung der Angehörigen als mögliche Ursache für einen Heimeinzug benennen, nehmen pflegende Angehörige dies nicht wahr oder sprechen es nicht aus. Beratung und Begleitung bedürfen jedoch einer gemeinsamen – auch sprachlichen – Basis. Zurzeit werden die Ergebnisse der einzelnen Länder miteinander verglichen und die Subkategorien analysiert.