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Entscheiden trotz Unsicherheit: 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

15.03. - 16.03.2013, Berlin

Unsichere Zukunft – kann die Szenariotechnik hierfür Evidenz generieren?

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Horst Christian Vollmar - Institut für Allgemeinmedizin der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Deutschland
  • author Ewa Dönitz - Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe, Deutschland
  • author Bernd Beckert - Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe, Deutschland
  • author Ines Buscher - Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Witten, Deutschland
  • author Stefan Wilm - Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin der Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author Sabine Bartholomeyczik - Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Witten, Deutschland
  • author Kerstin Goluchowicz - Institut für Technologie und Management, Fachgebiet Innovationsökonomie, Technische Universität, Berlin, Deutschland

Entscheiden trotz Unsicherheit. 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 15.-16.03.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13ebmB1b

doi: 10.3205/13ebm007, urn:nbn:de:0183-13ebm0071

Veröffentlicht: 11. März 2013

© 2013 Vollmar et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die Szenariotechnik wird in Deutschland vielfach im strategischen Management oder der Politikberatung eingesetzt, bisher jedoch kaum im Gesundheitsbereich; während sie z.B. in den Niederlanden seit den 80er Jahren zur systematischen Weiterentwicklung des Gesundheitssystems genutzt wird [1], [2], [3].

In einem abgeschlossenen Projekt zur Versorgungssituation von Menschen mit Demenz im Jahre 2030 (Sze-Dem) wurde die Szenariotechnik eingesetzt, um den heutigen Akteuren in Forschung und Politik Handlungsoptionen und Empfehlungen für den Umgang mit der zukünftigen Situation aufzuzeigen.

Methoden: Die Szenariotechnik wurde in sechs Schritten durchgeführt:

1.
Identifizierung relevanter Einflussfelder mittels Literatur- und Internetrecherche
2.
Systematische Sammlung der Einflussfaktoren (so genannter Deskriptoren) und ihrer zukünftigen Ausprägungen.
3.
Diskussion und Validierung der Deskriptoren mittels eines multidisziplinären Workshops
4.
Verbindung der relevanten Deskriptoren und ihrer Ausprägungen in einer so genannten Konsistenzmatrix.
5.
Software-Einsatz zur Berechnung konsistenter Kombinationen.
6.
Erfassung der konsistentesten Szenarienbündel und ausführliche Beschreibung der Rohszenarien.

Ergebnisse: Nach der Literaturrecherche und dem Input der Experten, blieben 25 Deskriptoren mit 79 Projektionen übrig. In der Konsistenzmatrix ergaben sich daraus 3081 Kombinationen. Die mathematische Analyse von theoretisch über sieben Billionen Möglichkeiten, erbrachte 6527 konsistente Projektionen. Nach einer Reduktion blieben die fünf konsistentesten Szenarien übrig. Diese wurden ausführlich beschrieben und zeigten neben Negativszenarien (so genannten „Dark Scenarios“) auch positive Szenarien. Es wurden Empfehlungen für Forschung und Politik formuliert, die den Weg zu den positiven Szenarien weisen sollen.

Schlussfolgerungen: Der Einsatz der Szenariotechnik zu der Frage, wie die Versorgung Menschen mit Demenz im Jahre 2030 aussehen könnte, brachte neben den erwarteten „Horrorszenarien“ auch überraschende und positive Szenarien.

Die Szenariotechnik ist eine sinnvolle aber aufwändige Methode, um zukünftige Problemstellungen in der Gesundheitsversorgung zu ermitteln und mögliche Lösungsansätze zu erarbeiten. Sie kann für eine proaktive Gestaltung der unsicheren Zukunft zielführend genutzt werden.


Literatur

1.
Leufkens H, Haaijer-Ruskamp F, et al. Scenario analysis of the future of medicines. BMJ. 1994;309(6962):1137-1140.
2.
Bierbooms JJ, Bongers IM, et al. A scenario analysis of the future residential requirements for people with mental health problems in Eindhoven. BMC Med Inform Decis Mak. 2011;11: 1.
3.
Population Health Assessment and Scenarios Team. Children and physical activity scenarios project. Evidence-based visions of the future. Canada: Public Health Agency of Canada; 2011. p. 76.