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Blutzuckereinstellung beim Intensivpatienten - Normwertgrenzen - Patientenselektion - Nutzen-Risiko-Relation
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Veröffentlicht: | 15. März 2007 |
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Gliederung
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Hintergrund
Während bis vor kurzem Hyperglykämien bei nicht-diabetischen Patienten als „adaptives“ Signal im Rahmen der allgemeinen Stressantwort interpretiert und toleriert wurden, mehren sich die Anzeichen dafür, dass eine Hyperglykämie nachteilige Effekte auf das Überleben von Intensivpatienten hat.
Evidenz
In einer belgischen monozentrischen, randomisierten, offenen Studie erhielten 1548 vorwiegend herzchirurgische Patienten entweder eine intensivierte Insulintherapie (IIT) (80-110 mg/dl, 4,4-6,1 mmol/l) oder eine konventionelle Insulintherapie (KIT) (180-200 mg/dl, 10,0-11,1 mmol/l). Die IIT bewirkte eine Reduktion der ITS- und der Krankenhaussterblichkeit (8% vs 4,6%, p<0,04). p=0,006). In einer weiteren Studie dieser Studiengruppe an 1200 internistischen Intensivpatienten konnten diese Ergebnisse nicht reproduziert werden (24,2% vs. 26,8%; p=0,31). Die multizentrische VISEP-Studie des SepNet wurde im April 2005 auf der Basis von 488 eingeschlossenen Patienten im Rahmen einer geplanten Safety-Analyse abgebrochen, da die Häufigkeit an Hypoglykämien (<40 mg/dl; 2,2 mmol/l) in der IIT Gruppe unvertretbar hoch erschien (12,1% vs. 2,1%; p<0,001). In der ersten belgischen Studie wurde eine Hypoglykämierate (=40 mg/dL bzw. <2.2 mmol/l) von 5.1% in der IIT vs. 1.02% in der KIT Gruppe (p< 0.009) berichtet. In der Nachfolgestudie bei internistischen ITS-Patienten war diese Rate deutlich höher: 18,7% in der IIT Gruppe vs. 3,1% in der KIT Gruppe (p<0.001), sowie 25,1% vs. 3,9% in der Subgruppe mit einer ITS-Liegedauer >3 Tagen (p<0.001).
Schlussfolgerung
Eine IIT mit dem Ziel einer Normoglykämie verhindert septische Komplikationen bei beatmeten kardiochirurgischen Patienten. Bei Patienten mit schwerer Sepsis, älteren Patienten (>60 Jahre) und bei Patienten mit hoher Krankheitsschwere besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für eine Hypoglykämie. Eine engmaschige (initial 1-2 stündliche) bettseitige Kontrolle der Blutglukose ist zwingend erforderlich. Aufgrund der mangelnden Präzision (Variationskoeffizient bis >20%) und geringen Sensitivität im hypoglykämischen Messbereich der gegenwärtig verfügbaren Messgeräte, sollten nur Geräte zur Anwendung kommen, welche die sichere Detektion einer Hypoglykämie gewährleisten.
Kompetenznetzwerk Sepsis (SepNet); unterstützt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Förderkennzeichen: 01KI 0106