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22. Internationaler Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgen

18. bis 21.06.2009, Nürnberg

Botox und Filler in der Okuloplastik

Meeting Abstract

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  • R.-L. Merté - Klinik & Poliklinik für Augenheilkunde, München

22. Internationaler Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgen. Nürnberg, 18.-21.06.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09docH 2.5

doi: 10.3205/09doc012, urn:nbn:de:0183-09doc0124

Veröffentlicht: 9. Juli 2009

© 2009 Merté.
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Gliederung

Text

Die Anwendung von Botulinumtoxin-A und von Viscoelastica in der Augenheilkunde ist historisch gesehen ganz verständlich. Es war der amerikanische Augenarzt Alan B. Scott der Botolinumtoxin vor ca. 30 Jahren für die Ophthalmologie “entdeckte” und der Strabismologe und Neuroophthalmologe Peter Roggenkämper (München, Bonn) brachte das Polypeptid Anfang der achtziger Jahre nach Europa. Es wird heutzutage vom Ophthalmologen u. a. in der Blepharospasmus Behandlung eingesetzt. Ohne Hyaluronsäure-Derivate ist die moderne Kataraktchirurgie nicht mehr denkbar. So sind wir mit den Substanzen vertraut, kennen ihre Eigenschaften und Gefahren und können sie neben den medizinischen Indikationen auch im ästhetischen Bereich in der Augenpartie bzw. im Gesicht anwenden.

Botulinumtoxin wird von anaeroben Bakterien der Gattung Clostridium botulinum als Exotoxin produziert. Am terminalen Axon cholinerger Neurone entfaltet sich die Wirkung. Der Wirkungseintritt erfolgt meist nach 2–7 Tagen. Der maximale Effekt ist nach 15 Tagen zu beobachten. Wirkprinzip ist die Verhinderung der Verschmelzung von mit Acetylcholin gefüllten Vesikeln mit der Plasmamembran. Dadurch wird die Ausschüttung des Transmitters in den synaptischen Spalt verhindert. Die Wirkdauer ist individuell sehr unterschiedlich, im Mittel etwa 3 Monate. Im zeitlichen Verlauf wird nach der Injektion das Toxin intraneuronal von zelleigenen Proteasen gespalten, und die Nervenendigungen erlangen durch Aussprossung langsam ihre ursprüngliche Funktion zurück. Die Anwendung von Botulinumtoxin-A ist aufgrund seiner großen therapeutischen Breite und der lokalen Anwendung relativ sicher.

Für Botox® wird die LD50 bei einer i.m. Injektion beim Affen mit 40 IE/kg KG angegeben; dies würde bei 70 kg KG einer Letaldosis von 2800 IE entsprechen. Berichte über einzelne Vergiftungsfälle beschreiben die oral tödliche Dosis für den Menschen zwischen 3000 und 30.000 Einheiten. Zur Faltenkorrektur werden Dosierungen bis zu 100 IE pro Sitzung verwendet. Die durchschnittlichen Dosierungen liegen bei 20–40 IE Vistabel®, Botox® oder Xeomin®. Beim Präparat Dysport® wird etwa die 3–4-fache Dosis an Einheiten verwendet, wobei eine Einheit des Präparats nur ca. 1 Drittel der Wirkung der o. g. 3 anderen Präparate entspricht. Das bedeutet, dass bei Botulinumtoxin-A-Einheiten die Produktangabe erforderlich ist, da die Einheiten Dysport® gegenüber den anderen Präparaten unterschiedliche Wirkung aufweisen. Für die Behandlung dynamischer Mimikfalten ist bisher in Deutschland nur das Präparat Vistabel® für die Behandlung der Glabellafalten zugelassen. Bei sachgerechter Handhabung der Substanz und fachgerechter Durchführung der Injektion ist nicht mit dem Auftreten von schweren Nebenwirkungen zu rechnen.

Niedrig dosiertes Botulinumtoxin-A eignet sich zur Therapie von mimischen Gesichtsfalten besonders in der oberen Gesichtshälfte, da die dort behandelten Muskeln (v. a. der M. procerus, M. corrugator supercilii, M. frontalis und M. orbicularis oculi) den Gesichtsknochen direkt aufliegen. Im Gegensatz dazu ist dies in der unteren Gesichtshälfte im Mundbereich nicht der Fall, was leichter zu Nebenwirkungen wie z. B. Hängen des Mundwinkels führt. Kontraindikationen sind Erkrankungen der neuromuskulären Signaltransduktion, Allergien gegen Bestandteile der Lösung, Einnahme von Aminoglykosiden und Acetylsalicylsäure vor der Behandlung, Infektionen im Bereich der Injektionsstellen sowie Schwangerschaft und Stillzeit. Alternative und komplementäre Verfahren zur Faltenbehandlung sind Erbium-YAG- oder CO2-Laseranwendungen sowie plastische Operationen.

Die dermalen Filler können vor allem in Kombination mit Botulinumtoxin-A in der Augenpartie in der kosmetischen Behandlung sinnvoll angewandt werden. Es gibt viele Substanzgruppen, die zum Einsatz kommen. Humane oder bovine Kollagene (z.B. Zyderm®), Calciumhydroxyapatit (Radiesse®), Poly-L-Milch-Säure (Sculptra®), PMMA, Silicon- and Hyaluronsäurederivate (z.B. Restylane®, Medicis®, Juvéderm®). Für uns als Augenärzte sind die Hyaluronsäurederivate das nahe liegendste. Sie werden heutzutage durch einen Fermentationsprozess hergestellt und können deshalb als nonanimal-stabilized hyaluronic acid (NASHA) bezeichnet werden. Gegenüber den intraokular Verwendeten Präparaten handelt es sich um größere und stärker vernetzte Moleküle. Dies führt zu einer erhöhten Viskosität und Stabilität. Man kann mit Hilfe von Hyaluronidase die Substanz im Gewebe auch wieder abbauen, wenn dies erforderlich erscheint. Die am besten geeignete Region, vor allem als Anfänger, für diese Filler ist die Nasolabialfalte, die natürlich nicht in den Augenbereich fällt. Die Substanz wird mit Lokalanästhetikum (z.B. Lidocain 0,3%) versetzt durch eine 27 G oder 30 G Nadel appliziert. Die kommerziell erhältlichen Präparate (z.B. Juvéderm®, Allergan) sind in unterschiedlichen Viskositäten zur Behandlung unterschiedlicher Falten „pre-loaded“ verfügbar. Mit verschiedenen Techniken kann die Substanz dermal und subdermal appliziert werden. Das Ergebnis der Injektion muss noch moduliert werden und kann bis zu einem Jahr, abhängig vom Präparat zufriedenstellend sein.

Die Anwendung von Botulinumtoxin-A und Fillern, insbesondere Hyaluronsäurederivate, ist in der ophthalmologischen Praxis und Klinik ohne großen Aufwand mit hoher Sicherheit auch in kosmetischen und okuloplastischen Indikationen möglich.