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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Lebensqualität bei Hodentumoren in Abhängigkeit von Therapie und Krankheitsverlauf

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Kristin Zouirech - Medical Branch, Geilenkirchen, Deutschland

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT1-15-454

doi: 10.3205/13dkvf005, urn:nbn:de:0183-13dkvf0054

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Zouirech.
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Gliederung

Text

Der maligne Hodentumor ist mit 4000 Neuerkrankungen in Deutschland pro Jahr eine der häufigsten Krebserkrankung des jungen Mannes im Alter zwischen 20 und 35 Jahren [1]. Die Tendenz ist steigend.

Durch Einführung der cisplatinhaltigen Chemotherapie Anfang der 90er Jahre und weiterer zahlreicher Untersuchungen zu unterschiedlichen Therapieformen, kann heute abhängig vom Tumorstadium eine 5-Jahres Überlebensrate von bis zu 96% erreicht werden [1], [2], [3]. Diese Therapieformen sind jedoch teilweise mit einem ausgeprägten Nebenwirkungsprofil, hohem zeitlichen und psychischen Aufwand und noch unklaren Langzeitfolgen verbunden, mit denen sich die Patienten neben ihrer eigentlichen Erkrankung zusätzlich auseinandersetzten müssen. Daher rückt die Lebensqualität als Maß für die Therapieeffizienz gerade bei dieser Patientengruppe zunehmend in den Vordergrund. Insbesondere da sie aufgrund des jungen Patientenklientels für einen Zeitraum von 30 und mehr Jahren zur erhalten ist [4], [5], [6].

Trotz intensiver Forschung in den Bereichen der klinischen Medizin war es bisher nicht möglich die Lebensqualität von Hodentumorpatienten valide zu erheben, da ein Fragebogen, der besonders auf dieses Patientenklientel zugeschnitten ist, nicht existierte. Mittlerweile wurde durch die EORTC ein Modul dem bereits validierten QLQ-C30 Fragebogen zugefügt, womit nun erstmalig die Möglichkeit besteht die hodentumorspezifische Lebensqualität prospektiv zu erheben.

Über einen Zeitraum von 3 Jahren sollen ca. 600 Patienten in insgesamt 17 Kliniken in die Studie rekrutiert und über einen Gesamtzeitraum von 5 Jahren nachbeobachtet werden. Es handelt sich um eine Beobachtungsstudie im Sinne der Versorgungsforschung. Studienspezifische oder interventionelle Maßnahmen werden nicht durchgeführt. Alle durchgeführten Maßnahmen erfolgen in Anlehnung an die gültigen Empfehlungen zur Therapie des Hodentumors [4], [5].

Der Kernfragebogen der EORTC, der QLQ-C30, wird verwendet um krankheitsübergreifende Symptome zu erfassen [7]. Der Fragebogen ist valide und reliabel und wurde in klinischen Studien bisher sehr gut akzeptiert [8]. Parallel dazu wird das Fragebogenmodul QLQ-TC26, das speziell auf das Beschwerdebild des Hodentumors und dessen Behandlungsmodalitäten zugeschnitten ist, verwendet. Anhand von 26 Einzelitems werden hier zusätzliche, hodentumorspezifische Bereiche erfasst.

Im Rahmen des ersten stationären Aufenthaltes erhält der Patient eine Studienmappe, in der sich alle notwendigen Formulare für die folgenden Jahre befinden. Der Patient füllt die Fragebögen selbständig in schriftlicher Form aus.

Die Messzeitpunkte sind klar definiert und erfolgen in Anlehnung an die interdisziplinär evidenz-basierte Empfehlung zur Nachsorge von Patienten mit malignen Hodentumoren [9]. Die erste Messung findet unmittelbar nach Ablatio testis statt. Im Anschluss wird die Lebensqualität nach 3, 6 und 12 Monaten im ersten Jahr und jährlich im Rahmen der Tumornachsorge für die nächsten 4 weiteren Jahre erfasst.

Die biometrische Auswertung wird Methoden der deskriptiven und inferenzstatistischen Methoden verwenden. Zusätzlich werden die verwendeten Bögen hinsichtlich ihrer psychometrischen Kennwerte überprüft.

Primäres Ziel der Studie ist die prospektive, longitudinale Analyse der Lebensqualität von Hodentumorpatienten im klinischen Stadium I über einen Zeitraum von 5 Jahren, um zu erkennen, welche Aspekte der Lebensqualität zu welchen Zeitpunkten besonders kritisch sind.

Zusätzlich sollen, für die entsprechenden Tumorentitäten, Seminom oder Nichtseminom spezielle Therapieoptionen miteinander verglichen und in Bezug auf die angegebene Lebensqualität bewertet werden. Es soll untersucht werden, ob es mögliche Risikoprofile gibt, die vorhersehbar mit einer schlechteren Lebensqualität einhergehen (worst case Szenarien). Haben Faktoren wie sozialer Rückhalt, sozialer Status, Bildungsniveau oder regionale Zugehörigkeit Einfluss auf die individuelle Lebensqualität?

Wie verhält sich die therapieabhängige Anzahl an Tagen die zu einem beruflichen Ausfall geführt hat und geht diese möglicherweise mit einem entsprechenden Risikoprofil einher? Es soll erfasst werden, wie stark unterschiedliche Therapieformen mögliche Störungen der Fertilität/ Sexualität bewirken und wie sich diese auf die hodentumorspezifische QoL auswirken.

Sollte sich als ein Ergebnis der Studie herausstellen, dass es Risikoprofile gibt, die mit einer im Verlauf konstant, schlechteren Lebensqualität einhergehen, hätte man künftig die Möglichkeit, diese Patienten rechtzeitig zu identifizieren und mit interventionellen Maßnahmen einem dauerhaften Verlust der Lebensqualität entgegen zu wirken. Sollte zusätzlich festgestellt werden, dass eine der möglichen Therapieformen mit einer besseren Lebensqualität einhergeht, so wird das bedeutenden Einfluss auf die Empfehlungen zur Therapie der Hodentumorpatienten im klinischen Stadium I haben und ein Überdenken der aktuellen Leitlinien nötig machen.


Literatur

1.
Robert Koch-Institut, Hrsg. Krebs in Deutschland 2007/2008. Häufigkeiten und Trends. Berlin; 2012.
2.
Fleer J, Hoekstra HJ, Sleijfer DT, Hoekstra-Weebers JE. Quality of life of survivors of testicular germ cell cancer: a review of the literature. Support Care Cancer. 2004;12:476-86.
3.
Heidenreich A, Hofmann R. Quality-of-life issues in the treatment of testicular cancer. World J Urol. 1999;17:230-8.
4.
Krege S, Beyer J, Souchon R, Albers P; EGCCCG-Members. European consensus conference on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the second meeting of the european germ cell cancer consensus group (egcccg): part I. Eur Urol. 2008 Mar;53(3):478–96.
5.
Krege S, Beyer J, Souchon R, Albers P; EGCCCG-Members. European consensus conference on diagnosis and treatment of germ cell cancer: a report of the second meeting of the european germ cell cancer consensus group (egcccg): part II. Eur Urol. 2008 Mar;53(3):497-513.
6.
Flechtner H, Bussar-Maatz. Lebensqualität und Krankheitsbewältigung bei Patienten mit Hodentumoren. Urologe [B]. 2002.
7.
Aaronson NK, Ahmedzai S, Bergman B, Bullinger M, Cull A, Duez NJ, Filiberti A, et al. The European Organization for Research and Treatment of Cancer QLQ-C30: A quality-of-life instrument for use in international clinical trials in oncology. J Nat Cancer Inst. 1993;85:365-76.
8.
Koller M, Neugebauer EAM, Augustin M, Büssing A, Farin E, Klinkhammer-Schalke M, Lorenz W, Münch K, Petersen C, von Steinbüchel N, Wieseler B. Die Erfassung von Lebensqualität in der Versorgungsforschung – konzeptuelle, methodische und strukturelle Voraussetzungen (Memorandum III: Methoden der Versorgungsforschung). Das Gesundheitswesen. 2009;71:864-72.
9.
Hartmann M, Krege S, Souchon R, De Santis M, Gillessen S, Cathomas R. Interdisciplinary evidence-based recommendations for the follow-up of testicular germ cell cancer patients. Der Urologe. 2011 Jul;50(7):830-5.