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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Werden bei COPD-Patienten Stufenpläne der Medikationen in Abhängigkeit vom Grad der Obstruktion umgesetzt? Ergebnisse aus dem Disease Management Programm (DMP) COPD in der Region Nordrhein

Meeting Abstract

  • author presenting/speaker Jens Kretschmann - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Köln, Deutschland
  • corresponding author Bernd Hagen - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Köln, Deutschland
  • Lutz Altenhofen - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Köln, Deutschland
  • Arne Weber - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Köln, Deutschland
  • Sabine Groos - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Köln, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf245

doi: 10.3205/11dkvf245, urn:nbn:de:0183-11dkvf2454

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Kretschmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mit Daten des DMP COPD Nordrhein wird überprüft, ob die medikamentöse COPD-Therapie im Rahmen des DMP dem empfohlenen Stufenplan aktueller Leitlinien wie der Nationalen Versorgungsleitlinie COPD [1] entspricht. In der DMP Dokumentation werden die wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie der COPD, nicht aber Dosierungen und Applikationsformen beschrieben. Die schweregradbezogenen Differenzierungen zum Krankheitsbild der COPD beziehen sich im Wesentlichen auf den spirometrisch ermittelten Obstruktionsgrad der Atemwege. Der Obstruktionsgrad wird über das Verhältnis zwischen gemessener Einsekundenkapazität (FEV1) und dem geschlechtsspezifischen Verhältnis der Lungenvolumina zur Körpergröße im Sinne des individuellen Sollwerts (SW) [2] ermittelt.

Material und Methoden: Von 28.448 überwiegend hausärztlich betreuten DMP-COPD-Patienten (51,5% Männer, 32,7% Raucher, mittleres Alter 67,0±11,2, mittlere Erkrankungsdauer 11,3±9,4 Jahre) liegt mindestens eine FEV1-Messung pro Halbjahr aus 2009 und 2010 vor. Über alle 4 Halbjahre stabil lassen sich 13.115 dieser Patienten gemäß [3] eingruppieren, 7.099 (I) haben eine FEV1 von ≥ 70% des SW, 3.160 (II) eine FEV1 zwischen 50 und 70% des SW, 1.516 (III) eine FEV1 zwischen 35 und < 50% des SW, sowie 1.340 (IV) eine FEV1 < 35% des SW. Die übrigen 15.333 Patienten lassen sich aufgrund von Veränderungen in der Sollwerterreichung nicht stabil eingruppieren und bleiben hier unberücksichtigt. Aufgrund der hohen Fallzahlen erfolgen die Analysen deskriptiv-statistisch.

Ergebnisse: Im 2. Halbjahr 2010 erhalten die Patienten aus den Schwergradgruppen I bis IV in folgendem Umfang entsprechende medikamentöse Verordnungen: kurzwirksame Betaagonisten und Anticholinergika (SABA*): I: 66,7 / II: 75,1 / III: 80,9 / IV: 86,5%, langwirksame Betaagonisten (LABA): 51,7 / 67,1 / 76,6 / 86,7%, langwirksame Anticholinergika (LAAC): 24,1 / 38,8 / 58,0 / 71,2%, inhalative Kortikosteroide (ICS): 36,9 / 47,5 / 55,4 / 63,8%, orale Kortikosteroide (OCS): 4,5 / 7,6 / 13,3 / 23,2% und Theophyllin 6,9 / 10,8 / 18,7 / 26,9%. Im Zeitverlauf erhöht sich der Anteil an Patienten mit gemeinsamer Verordnung von SABA* + LABA und/oder LAAC im 1. Halbjahr 2009 von 40,3 / 56,2 / 68,3 / 78,7% auf 42,3 / 60,5 / 72,1 / 81,3% der Patienten im 2. Halbjahr 2010.

Schlussfolgerung: Die Verordnungshäufigkeit einzelner Medikationsgruppen ist bei COPD-Patienten mit stabilem Krankheitsverlauf deutlich abhängig vom Obstruktionsgrad. Dies entspricht den Erwartungen hinsichtlich einer, an dem Stufenschema orientierten Medikationsverordnung. Die leichte Erhöhung der gemeinsamen Verordnung kann als zunehmende Übereinstimmung mit den Leitlinienemfehlungen gedeutet werden. Hingegen überrascht bei Patienten mit befriedigendem Verhältnis von FEV1 zu SW (>50%) der hohe Anteil an ICS, die nach [1] nur bei nachgewiesenem Therapieeffekt und erst ab einer FEV1 <50% des SW verordnet werden sollen. Auffallend viele Patienten erhalten zudem OCS oder Theophyllin, welches als Wirkstoff der ‚dritten Wahl’ betrachtet wird [1]. Zu erwägen ist, ob im DMP COPD ähnlich wie in allen übrigen DMP nicht auch Empfehlungen für verordnungsbezogene Qualitätsziele verankert werden sollten. Die individuelle Zielerreichung könnte dann beispielsweise über die Feedback-Berichte für die teilnehmenden Praxen dargestellt werden und individuelle Hinweise auf einzelne Patienten enthalten, die gemäß der vorliegenden Daten zur Beschreibung der COPD-Schweregrade möglicherweise nicht von einer begleitenden Kortikoid-Therapie profitieren.


Literatur

1.
Bundesärztekammer (BÄK), Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Ärztekammern, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (Hg). Nationale VersorgungsLeitlinie COPD. Langfassung, Version 1.7, Februar 2010, basierend auf der Fassung vom Februar 2006. Berlin: Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin; 2010.
2.
Brändli O, Schindler C, Leuenberger P, Baur X, Degens P, Künzli N, Keller R, Perruchoud AP. Re-estimated equations for 5th percentiles of lung function variables. Thorax. 2000;55(2):173-74.
3.
KBV ICD Browser. Available from: http://icd.kbv.de/icdbrowser/# Externer Link