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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Verordnungen hormoneller Kontrazeptiva im Jahr 2010 für Versicherte der BARMER GEK

Meeting Abstract

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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf229

doi: 10.3205/11dkvf229, urn:nbn:de:0183-11dkvf2297

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Dicheva et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im Rahmen der Erstellung des jährlichen Arzneimittelreports der BARMER GEK und des Zentrum für Sozialpolitik wurden die Verordnungsdaten der Versicherte der o.g. Krankenkasse aus 2010 ausgewerten. Ziel war es, die Verordnungen für hormonelle Kontrazeptiva in allen Altersgruppen zu identifizieren und Tendenzen abzuleiten. Weiterhin wurden regionale Unterschiede in der Verordnungshäufigkeit solcher Mittel innerhalb der Bundesrepublik Deutschland dargestellt.

Material und Methoden: Die Analyse der Verordnungen hormoneller Kontrazeptiva erfolgte auf der Datenbasis der Versicherten der BARMER GEK. Herangezogen wurden alle Verordnungen aus dem Jahr 2010 mit entsprechender ATC-Codierung.

Ergebnisse: Die Verordnungsprävalenz für hormonelle Kontrazeptiva bei den weiblichen Versicherten im Alter zwischen 12 und 16 Jahren auf Kreisebene zeigte den Anteil der Versicherten mit mind. einer Verordnung. Auffällig war die stark ausgeprägte Konzentration der Kreise mit hohem Anteil der Versicherten mit Verordnungen in den neuen Bundesländern (Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen) sowie teilweise in den Grenzregionen (v.a. in Rheinland-Pfalz, Nordrheinwestfalen, Schleswig-Holstein). In der Versichertenkohorte der 16- bis 20-Jährigen zeigte sich allgemein in allen Kreisen ein deutlich höherer Anwenderinnenanteil im Vergleich zu der jüngeren Altersgruppe. Auch hier sind die verordnungsstarken Kreise in den neuen Bundesländern (Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen) und in den grenznahen Gebieten (v.a. Bayern und Schleswig-Holstein) angesiedelt.

In allen untersuchten Altersgruppen werden v.a. Einphasenpräparate verordnet. Bei den unter 20-Jährigen bestehen annähernd konstant ca. 93% der kontrazeptiven Verordnungen aus fixen Gestagen-/Östrogenkombinationen. Mit zunehmendem Alter gehen die Verordnungsanteile von Einphasenpräparaten zurück, v.a. zu Gunsten der Minipille und der Depotspritze. Ab dem 30. Lebensjahr verdreifacht sich auch die Anzahl der Verordnungen von Sequenzialpräparaten.

Ausgehend von den 20 Kontrazeptiva, die für Versicherte der BARMER GEK 2010 am häufigsten verordnet wurden, zeigt sich die gleiche Verordnungstendenz wie im deutschen Gesamtmarkt: Es werden vorwiegend Produkte mit neuartigen Gestagenen rezeptiert. Arzneimittel wie Valette®, Lamuna®, Aida® und Yasmin®/Yasminelle® verzeichneten auch 2010 trotz wiederholter Meldungen über das höhere Risiko für VTE gegenüber älteren bewährten Mitteln und neuer kritischer Studien zu diesem Bereich der Arzneimittelsicherheit immense Umsätze. Vermehrt wurden auch neuartige Darreichungsformen wie der Verhütungsring Nuvaring® verordnet.

Schlussfolgerung: Die hier analysierten Daten lassen Tendenzen erkennen, die seit Jahren auf dem gesamten deutschen Arzneimittelmarkt beobachtet werden können: Auch auf dem Gebiet der hormonellen Kontrazeption werden eher neuere, geschickt vermarktete Präparate verordnet, die nach den Kriterien der evidenzbasierten Arzneimittelbewertung ein noch unklares bis negatives Risiko-Nutzen-Verhältnis aufweisen. Diese Entwicklung sollte nicht ohne Widerspruch toleriert werden, vor allem angesichts der Tatsache, dass erprobte und bewährte Präparate zur Verfügung stehen,die nachweislich geringere gesundheitliche Risiken bergen und deutlich günstigere Tagestherapiekosten aufweisen. Ebenso gibt die hohe Zahl verordneter Notfallkontrazeptiva gerade bei den jüngeren Versicherten Anlass zum Nachdenken, da es sich um eher nebenwirkungsreiche „Verhütungsmittel“ handelt.