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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Medizinische Rehabilitation Pflegebedürftiger nach Schlaganfall – Eine Routinedatenanalyse zu Bedarf und Versorgung

Meeting Abstract

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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf152

doi: 10.3205/11dkvf152, urn:nbn:de:0183-11dkvf1528

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Kemper.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das Ziel der medizinischen Rehabilitation von Patienten nach Schlaganfall besteht in der Verbesserung der Funktionsfähigkeit und Unabhängigkeit der Betroffenen im Sinne der "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF). Der gesetzlich verankerte Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ gibt den Rehabilitationsträgern vor, Leistungen zur Teilhabe zu erbringen, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu verringern. Rehabilitation ist also ein Bestandteil der Versorgung von Patienten auch bei bestehender Pflegebedürftigkeit, um ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und Gesellschaft zu fördern. Die Studie ermittelt den Bedarf und die Versorgung mit Rehabilitationsleistungen bei pflegebedürftigen Personen nach Schlaganfall. Dabei werden mögliche Defi-zite der Versorgung vor dem Hintergrund bestehender Behinderungen und Rahmen-bedingungen der Rehabilitation Pflegebedürftiger aufgezeigt.

Material und Methoden: Die Studie basiert auf pseudonymisierten Routinedaten der BARMER GEK und Daten aus Pflegegutachten des MDK Niedersachsen für Versicherte der BARMER GEK, die zuvor wegen eines Schlaganfalls in stationärer Behandlung waren. Für Teilbereiche der Untersuchung wurde der Versorgungsaufwand für pflegebedürftige Personen nach Schlaganfall mit einer Kontrollgruppe aus pflegebedürftigen Versicherten, die im Betrachtungszeitraum nicht wegen Hirnblutung, TIA oder Hirninfarkt in stationärer oder ambulanter Behandlung waren, verglichen.

Ergebnisse: Für eine selbständige Lebensführung und Teilhabe an gesellschaftlichen Aktivitäten ist vor allem die Mobilität entscheidend, die bei ca. 95% der Betroffenen unterschiedlich stark eingeschränkt ist, weil das Gehen oder sogar das Stehen betroffen ist. Etwa jeder dritte zeigt Defizite der Sprache und des Sprechens. Über 60% der Pflegebedürftigen erfüllen wegen der Einschränkungen der sozialen Partizipation Kriterien der Rehabilitationsbedürftigkeit auf der Ebene der Lebensbereiche. Doch nur gut jeder Zweite Patient wird mit einer ambulanten oder stationären Rehabilitationsleistung versorgt und nur etwa jeder Fünfte erhält im stationären Bereich die Frührehabilitation. Die Inanspruchnahme von Rehabilitation steht in einem positiven Zusammenhang zum Behinderungsumfang: Patienten ohne Rehabilitation sind zu 70% auf zusätzliche Fremdhilfe im Bewegungsverhalten angewiesen, während dieser Anteil bei Patienten mit Rehabilitation bei 57% liegt.

Schlussfolgerung: Die Analysen zeigen, dass man von den Zielen der „Helsingborg-Deklaration“, wonach bis zum Jahr 2015 mehr als 70 Prozent der überlebenden Patienten drei Monate nach dem Schlaganfall unabhängig von Dritten ihren täglichen Aktivitäten nachgehen können, weit entfernt ist. Die Gründe dafür könnten in den mangelnden Rehabilitationsstrukturen und Kompetenzen vor allem im Hinblick auf geriatrische Patienten nach Schlaganfall liegen. Vorhandene Rehabilitationspotentiale werden trotz des sozialrechtlichen Anspruchs „Rehabilitation vor Pflege“ auch dann nicht ausgeschöpft, wenn der Behinderungsumfang für einen erheblichen Bedarf an Maßnahmen zur Verbesserung von allgemeiner Funktionsfähigkeit, Unabhängigkeit und Teilhabe der Betroffenen steht.