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Kosten und Kosteneffektivität einer polypharmazeutischen psychopharmakologischen Behandlung von Patienten mit schizophrenen und schizoaffektiven Störungen in der psychiatrischen Regelversorgung
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Veröffentlicht: | 12. Oktober 2011 |
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Hintergrund: Obwohl die Leitlinien für die Schizophreniebehandlung eine antipsychotische Monotherapie empfehlen, ist die gleichzeitige Behandlung mit verschiedenen psychopharmakologischen Wirkstoffen in der Regelversorgung weit verbreitet. Im Rahmen der vorliegenden Studie werden die gesundheitsökonomischen Effekte einer derartigen polypharmazeutischen Behandlungspraxis untersucht.
Material und Methoden: Im Rahmen einer nicht-randomisierten prospektiven Längsschnittstudie wurden 374 Patienten mit schizophrenen oder schizoaffektiven Erkrankungen zu fünf messzeitpunkten im Abstand von jeweils sechs Monaten untersucht. Die Rekrutierung der Patienten erfolge jeweils bei Entlassung aus einer stationären Behandlung in 9 psychiatrischen Kliniken in Süddeutschland. Die Erfassung der klinischen Merkmale, der subjektiven Lebensqualität und der Inanspruchnahme von Gesundheitsleitungen einschließlich der verordneten Medikamente erfolgte mit standardisierten Messverfahren durch trainierte Interviewer. Die Datenanalyse erfolgte mit random-effects Regressionsmodellen für Längsschnittdaten unter Verwendung robuster Varianzschätzer zur Berücksichtigung der Verteilungsschiefe der Kostendaten. Zur Korrektur des Selektionsbias wurde eine Propensityscoreadjustierung durchgeführt.
Ergebnisse: Zu Studienbeginn erhielten 21% (77) der Patienten eine antipsychotische Monotherapie während 79% (297) der Studienteilnehmer mit mehr als einem psychopharmakologischen Medikament behandelt wurden. 20% (74) der Patienten erhielten zwei oder mehr antipsychotische Substanzen, 16,3% (61) der Studienteilnehmer erhielten Antipsychotika kombiniert mit Antidepressiva, 16% (60) erhielten Antipsychotika zusammen mit einem Tranquilizer (Benzodiazepin), bei 11,5% (59) der Patienten wurden Antipsychotika mit Medikamenten zur Stimmungsstabilisierung (Antiepileptika) kombiniert und 15,8% (59) der Patienten wurden mit Medikamenten aus drei oder mehr unterschiedlichen psychopharmakologischen Substanzklassen gleichzeitig behandelt. Für alle Formen der psychopharmakologischen Polypharmazie, mit Ausnahme der Kombination von Antipsychotika und Stimmungsstabilisierern zeigten sich im Vergleich zu einer antipsychotischen Monotherapie höhere direkte Gesamtkosten. Gleichzeitig zeigten mit Ausnahme der Kombinationen von Antipsychotika und Tranquilizern oder Antipsychotika und Stimmungsstabilisierern alle übrigen
Schlussfolgerung: Eine polypharmazeutische psychopahrmakologische Behandlung verursacht im Vergleich zu einer antipsychotischen Monotherapie bei geringerer oder gleicher Wirksamkeit höhere Behandlungskosten und sollte deshalb nur nach sorgfältiger Abwägung der Notwendigkeit und des zu erwartenden Nutzens angewendet werden.