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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

(Erste) Ergebnisse einer systematischen Bewertung von Gesundheitsinformationen zur Darmkrebsfrüherkennung in Deutschland

Meeting Abstract

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf088

doi: 10.3205/11dkvf088, urn:nbn:de:0183-11dkvf0882

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Walter et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Entscheidungsfindung zur Inanspruchnahme von Untersuchungen zur Darmkrebsfrüherkennung (fäkaler Okkult-Bluttest FOBT, Screening-Koloskopie) kann durch Gesundheitsinformationen unterstützt werden. Ziel ist die systematische Bewertung der Güte dieser Gesundheitsinformationen mit Hilfe einer neu entwickelten Kriterienliste basierend auf den Vorgaben für evidenzbasierte Patienteninformationen [1], [2].

Material und Methoden: Die Entwicklung einer Kriterienliste mit zugehörigem Manual umfasste folgende Schritte: Systematische Literaturrecherche zur Identifikation von Empfehlungen und Bewertungsinstrumenten für Gesundheitsinformationen, Extraktion der enthaltenen Kriterien, Zusammenstellung und Sortierung nach Themenfeldern, Review durch externe Experten, Modifikation. Das Manual unterstützt die Bewertung mit Antwortvorgaben, die auf Basis von systematischen Reviews, HTA-Berichten, S3-Leitlinien und weiteren publizierten Daten aus Deutschland erstellt wurden.

Zur Identifikation von Gesundheitsinformationen zur Darmkrebsfrüherkennung wurden in 8/2010 wesentliche Akteure per E-Mail angefragt und eine Internetrecherche durchgeführt. Eingeschlossen wurden deutschsprachige, seit 10/2002 erschienene, bundesweit angebotene Printmedien, die sich an Personen ohne erhöhtes Darmkrebsrisiko richten. Die Bewertung erfolgte durch zwei unabhängige Reviewer. Häufigkeiten der Ausprägung der einzelnen Kriterien werden insgesamt sowie stratifiziert nach Flyer/Broschüre berechnet.

Ergebnisse: Die Kriterienliste enthält insgesamt 235 Einzelkriterien in folgenden Kategorien: Formalia, Informationen zur Zielerkrankung, Informationen zur Screening-Koloskopie/FOBT, Lesbarkeit/Verständlichkeit, Layout, Neutralität, Richtigkeit der Angaben. Die Kriterien werden mehrdimensional bewertet, d.h. mit Ausnahme der formalen Kriterien wird nicht nur das Vorhandensein einer Information (ja/nein), sondern auch deren Korrektheit (ja/nein/unklar), die Art der Darstellung (Text, Zahl, Diagramm, Tabelle, Bild) sowie die Angabe der Evidenzstärke (ja/nein/Hinweis auf fehlende Evidenz) dokumentiert.

Es wurden 41 Informationsmaterialien identifiziert: 28 Flyer und 13 Broschüren. Es zeigte sich, dass eine ausgewogene, unverzerrte, verständliche und evidenzbasierte Informationsvermittlung von vielen der untersuchten Gesundheitsinformationen nicht erfüllt wurde. Eine einseitige Darstellung des Nutzens ohne die Risiken der Darmkrebsfrüherkennung lag in 7 (54%) Broschüren und 21 (75%) Flyern vor. Informationen sind häufig nicht enthalten (z.B. Risiken, Quantifizierung des Nutzens, Hinweis auf freie Entscheidung, Erstellungsdatum) oder es werden falsche Angaben gemacht (z.B. „Koloskopie ist schmerzfrei“, „…bringt auf alle Fälle einen Gewinn an Lebensjahren und Lebensqualität“). Auch irreführende Informationen wurden identifiziert: Die Testgüte der Koloskopie wird als „sicherste Form der Vorsorge“ bezeichnet, was als niedriges Untersuchungsrisiko missverstanden werden kann. Nur ein Informationsangebot weist keine fehlerhaften Inhalte auf.

Schlussfolgerung: Das Bewertungsspektrum der umfangreichen, Manual-gestützten Kriterienliste ist gegenüber bisherigen Bewertungsinstrumenten deutlich erweitert [3], [4]. Zur Findung einer informierten Entscheidung sind die vorhandenen Informationen wenig geeignet, so dass die dringende Notwendigkeit zur Verständigung auf Basisinformationen in Materialien zur Darmkrebsfrüherkennung abgeleitet wird.


Literatur

1.
Bunge M, Mühlhauser I, Steckelberg A. What constitutes evidence-based patient information? Overview of discussed criteria. Patient Educ Couns. 2010;78(3):316-28.
2.
Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. Kriterien zur Erstellung von Patientenin-formationen zu Krebsfrüherkennungsuntersuchungen. Stellungnahme des Fachbereichs Patienteninformation des Deutschen Netzwerkes für Evidenzbasierte Medizin. Berlin: 2008.
3.
Charnock D. The DISCERN handbook: quality criteria for consumer health information. Abingdon: Radcliffe Medical Press; 1998. Available from: http://www.discern.org.uk. Externer Link
4.
Check-In. Instrument zur Qualitätsbewertung von gedruckten und elektronischen Gesundheitsinformationen. Anwendungsbeschreibung. Available from: http://www.patienten-information.de/patientenbeteiligung/check_in.pdf. Externer Link