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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Die Wirksamkeit von Vitamin-D zur Sturzprophylaxe bei älteren Menschen in ihrer persönlichen Wohnumgebung

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Dagmar Lühmann - Institut für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • author Katrin Balzer - Sektion Forschung und Lehre in der Pflege, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • author Martina Bremer - Sektion Forschung und Lehre in der Pflege, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • author Heiner Raspe - Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf060

doi: 10.3205/11dkvf060, urn:nbn:de:0183-11dkvf0604

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Lühmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Stürze und ihre Konsequenzen tragen erheblich zur Morbidität von älteren Menschen bei. Nicht selten sind es Sturzfolgen, die die Fähigkeit der Betroffenen zur selbstständigen Lebensführung einschränken.

Daher wird in der Gesundheitsversorgung von älteren Menschen der Sturzprophylaxe ein hoher Stellenwert beigemessen. Interventionen zielen auf die Beseitigung von Sturzrisikofaktoren, die biologisch, verhaltens- oder sozioökonomisch bedingt sein können bzw. aus der Umgebung der Betroffenen resultieren. Entsprechend vielfältig sind die eingesetzten Maßnahmen. Die hier präsentierte Wirksamkeitsbewertung von Vitamin D zur Sturzprophylaxe ist Teil einer umfassenden Nutzenbewertung [1], die mit dem Ziel konzipiert wurde, rationelle Entscheidungen über einen möglichst effektiven und effizienten Einsatz von Ressourcen in der Sturzprophylaxe zu unterstützen.

Material und Methoden: Die Wirksamkeitsbewertung beruht auf einer systematischen Literaturübersicht über die Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien (RCT). Die Recherche wurde in 31 elektronischen Literaturdatenbanken durchgeführt und deckt den Publikationszeitraum von 2003 bis 2010 ab. Zusätzlich wurden die Referenzlisten systematischer Übersichtsarbeiten gesichtet. Eingeschlossen wurden RCT mit mehr als 30 Teilnehmern, mindestens 3 Monaten Follow-Up sowie kontinuierlicher prospektiver Erfassung des Endpunktes „Sturz“. Die Gefährdung der Studienergebnisse durch systematische Verzerrung wurde mit eine Modifikation des „Risk-of-Bias“-Tool der Cochrane Collaboration beurteilt. Auf die Durchführung von Meta-Analysen wurde aufgrund erheblicher klinischer Heterogenität (Interventionen, Populationscharakteristika, Dauer des Follow-Up, Zielgrößen) des Studienmaterials verzichtet.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 28 plazebokontrollierte RCT identifiziert, die die Wirksamkeit von Vitamin D zur Sturzprophylaxe untersuchten. Fünfzehn RCT erfüllten die Einschlusskriterien nicht, Hauptgrund war die retrospektive Erfassung von Stürzen (10 Studien). Von den 13 analysierten Studien zielten acht auf ältere, in der eigenen Häuslichkeit lebende Menschen. In vier Arbeiten wurden Vitamin D3- sowie in zwei Studien Vitamin D2-Präparate in unterschiedlichen Dosierungen, Applikationsschemata und über unterschiedliche Zeiträume untersucht. Zwei Studien evaluierten die Effekte von Alphacalcidol. Die Ergebnisse sind inkonsistent. Je eine Studie berichtet signifikant positive bzw. negative Effekte von Vitamin D3 auf das Sturzrisiko. Alle übrigen Arbeiten zeigen keine Unterschiede zwischen Verum- und Kontrollgruppen.

Von den fünf in Pflegeheimen durchgeführten Studien berichten zwei die Ergebnisse zur Wirksamkeit von Vitamin-D3, drei Studien untersuchten die Effekte von Vitamin-D2. Auch in diesem Setting sind die Ergebnisse inkonsistent. Zwei Studien (davon 1 Subgruppenanalyse) verweisen auf positive Effekte unterschiedlicher Vitamin D2- Dosierungen auf die Sturzrate. Die Nachbeobachtungsdauern betrugen 5 bzw. 20 Monate. Die übrigen sieben Vergleiche zeigen keine Unterschiede zwischen Verum- und Kontrollgruppen.

Schlussfolgerung: In der vorliegenden Übersicht werden strenge methodische Qualitätskriterien für die Auswahl von Studien für die Wirksamkeitsbewertung von Vitamin-D angelegt, auf das meta-analytische Zusammenfassen von Ergebnissen klinisch heterogener Studien wird verzichtet. Unter diesen Vorgaben ist die in vielen systematischen Übersichtsarbeiten (z. B. [2], [3]) berichtete Effektivität einer Vitamin-D Substitution zur Sturzprophylaxe nicht mehr nachweisbar.


Literatur

1.
Balzer K, Lühmann D, Bremer M, Schramm S, Raspe H. Sturzprophylaxe bei älteren Menschen in iherer persönlichen Wohnumgebung. Schriftenreihe Health Technology Assessment. 1. Aufl. Köln: DIMDI; in press.
2.
Cameron ID, Murray GR, Gillespie LD, Robertson MC, Hill KD, Cumming RG, Kerse N. Interventions for preventing falls in older people in nursing care facilities and hospitals. Cochrane Database Syst Rev. 2010 Jan 20;(1):CD005465.
3.
Kalyani RR, Stein B, Valiyil R, Manno R, Maynard JW, Crews DC. Vitamin D treatment for the prevention of falls in older adults: systematic review and meta-analysis. J Am Geriatr Soc. 2010 Jul;58(7):1299-310.