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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Der Einfluss von ECASS III auf die Thrombolyserate von Schlaganfallpatienten

Meeting Abstract

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf048

doi: 10.3205/11dkvf048, urn:nbn:de:0183-11dkvf0484

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Wersching et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Durch die Ergebnisse der European Cooperative Acute Stroke Study (ECASS III) wurde das Zeitfenster für die systemische Thrombolyse von 3 auf 4,5 Stunden nach Symptombeginn eines ischämischen Schlaganfalles ausgedehnt [1]. Da der insgesamt geringe Anteil lysierter Patienten auch auf das begrenzte therapeutische Zeitfenster zurückgeführt wird, war mit der Publikation von ECASS III die Hoffnung verbunden, dass zukünftig mehr Schlaganfallpatienten mit einer Thrombolyse behandelt werden. In der vorliegenden Studie haben wir untersucht, wie sich die Publikation von ECASS III im September 2008 sowie die nachfolgende Änderung der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie im Mai 2009 auf die Thrombolyserate von Schlaganfallpatienten auswirken. Zudem wurde bestimmt, ob das erweiterte Zeitfenster zu einer Verzögerung des Lysebeginns, also zu einer verlängerten Door-To-Needle-Zeit (DTN) führt.

Material und Methoden: Die prospektiv erhobenen Daten des Schlaganfallregisters Nordwestdeutschland aus dem Zeitraum von Januar 2007 bis Dezember 2009 wurden für die Analyse herangezogen. Die Zeit von Symptombeginn bis zur Aufnahme in der Klinik wurde in 4 Gruppen kategorisiert (<2, 2-3, 3-6 und >6 Stunden). Die DTN wurde in <30, 30-60, 60-120, 120-180 und >180 Minuten kategorisiert. Zum Vergleich der Thrombolyserate vor und nach Publikation von ECASS III bzw. vor und nach der Leitlinienänderung wurde eine logistische Regression durchgeführt.

Ergebnisse: Es wurden 91.805 Patienten mit ischämischem Schlaganfall in die Analyse eingeschlossen. Hiervon erhielten 9.262 (10,1%) eine systemische Thrombolyse. Der Anteil lysierter Patienten nahm signifikant über die Zeit zu. Die stärkste Zunahme konnte zwischen dem dritten und vierten Quartal 2008 für Patienten, die zwischen 3 und 6 Stunden nach Symptombeginn aufgenommen wurden, verzeichnet werden (88,9 % relative Zunahme der Thrombolyserate im vierten Quartal 2008 verglichen mit dem ersten Halbjahr 2007, P<0,05). Ein weiterer überproportionaler Anstieg zeigte sich zwischen dem zweiten und vierten Quartal 2009 (144,4 % bzw. 194,4 % relative Zunahme der Thrombolyserate im dritten bzw. vierten Quartal 2009 verglichen mit dem ersten Halbjahr 2007, P<0,05) In den Jahren 2007 bis 2009 nahm der Anteil von Patienten mit einer DTN unter 30 Minuten zu und der Anteil von Patienten mit einer DTN über 60 Minuten nahm ab.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse von ECASS III wurden unmittelbar nach Publikation der Studie in die klinische Routine übernommen. Vor allem Patienten, die zuvor aufgrund des Zeitfensters von 3 Stunden nicht lysiert werden konnten erhielten vermehrt eine systemische Thrombolyse. Die Änderungen der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie führten zu einem weiteren Anstieg der Lyserate. Eine zuvor befürchtete Verzögerung des Lysebeginns wurde nicht beobachtet.


Literatur

1.
Hacke W, Kaste M, Bluhmki E, Brozman M, Davalos A, Guidetti D, et al. Thrombolysis with alteplase 3 to 4.5 hours after acute ischemic stroke. N Engl J Med. 2008; 359(13):1317-1329.