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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Arzneimitteltherapiesicherheit in Alten- und Pflegeheimen

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Petra Thürmann - Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Universität Witten/Herdecke, Helios Klinikum Wuppertal, Wuppertal, Deutschland
  • author Friederike Schröder - Pharmazeutisches Institut, Klinische Pharmazie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland
  • author Frank Hanke - GerPharmCare, Köln, Deutschland
  • author Stefan Wilm - Lehrstuhl und Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author Marcus Redaelli - Lehrstuhl und Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author Rolf Fimmers - Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland
  • author David Schwappach - Stiftung für Patientensicherheit, Schweiz, Zürich, Schweiz
  • author presenting/speaker Ulrich Jaehde - Pharmazeutisches Institut, Klinische Pharmazie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf015

doi: 10.3205/11dkvf015, urn:nbn:de:0183-11dkvf0151

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Thürmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: HeimbewohnerInnen (HBW) sind in der Regel hochbetagt, multimorbide und erhalten eine Polypharmazie. Neben einer hohen pflegerischen Kompetenz ist ein adäquates Medikationsmanagement erforderlich: die Beachtung von altersbedingten Besonderheiten der Pharmakokinetik und -dynamik, Interaktionen, potenziell inadäquater Medikation und sorgfältige Beobachtung hinsichtlich des Auftretens von unerwünschten Arzneimittelereignissen (UAE).

Ziel der Studie war zunächst a) die Ermittlung der Prävalenz und Inzidenz von UAE in deutschen Alten- und Pflegeheimen und anschließend b) die Erprobung einer Intervention zur Reduktion von UAE.

Material und Methoden: Im ersten Teil des Projektes wurden nach Einholung des Votums der Ethikkommission Heime zur Mitarbeit motiviert. Das Heimpersonal wurde in der Anwendung von Therapiebeobachtungsbögen geschult, die zur Detektion von UAE im Rahmen eines intensivierten Monitorings durch speziell geschulte Apotheker dienten. Neben den Therapiebeobachtungsbögen wurden die Heimbewohnerakten auf UAE-Hinweise überprüft. Alle im Beobachtungszeitraum von jeweils 30 Tagen erfassten potenziellen UAE-Fälle wurden anonymisiert in eine ACCESS-Datenbank eingegeben (demografische Daten, Diagnosen, verdächtigte Arzneimittel, Verlauf, Schweregrad), in einem interdisziplinären Team bestehend aus einem Geriater, klinischen Pharmakologen und klinischen Pharmazeuten diskutiert und die Kausalität mit der Medikation nach Naranjo beurteilt. Basierend auf den Ergebnissen des ersten Teils wurde eine multiprofessionelle Intervention entwickelt, die im Wesentlichen aus der Bildung von AMTS-Teams (heimversorgender Apotheker + Pflegepersonal), der Fortbildung der heimversorgenden Hausärzte sowie einer strukturierten Dokumentation und Kommunikation bestand.

Ergebnisse: Es nahmen von Juli 2009 bis Dezember 2009 11 Altenheime aus NRW teil, eine Einverständniserklärung lag von 778 HBW (74.6% aller HBW der teilnehmenden Wohnbereiche) vor. Es wurden 102 UAE bei 80 Senioren (10,3%) detektiert, die 30-Tagesprävalenz der UAE lag bei 12,94 UAE/100 HBW-Monate und die Inzidenz betrug 7,87 UAE/100 HBW-Monate. Knapp die Hälfte (49%) der UAE waren leicht bis mäßig, d.h. Schweregrad 2 nach CTCAE-Kriterien, 27% wiesen Schweregrad 3 auf. Etwa ein Drittel der UAE betraf den Gastrointestinaltrakt, 25% waren neurologischer Natur.

Die anschließende 3-monatige Intervention wurde in 4 Heimen mit 339 teilnehmenden HBW durchgeführt. Die 30-Tages-Prävalenz nach Intervention wurde mit 15,93 und die Inzidenz mit 7,62 UAE/100 HBW-Monate berechnet. Im Vergleich zur 1. Erhebungsphase ergaben sich auffällige Änderungen der detektierten UAE hinsichtlich der betroffenen Organsysteme, es wurden deutlich mehr neurologische UAE beobachtet.

Schlussfolgerung: Die Häufigkeit von UAE in deutschen Alten- und Pflegeheimen entspricht internationalen Daten. Die Intervention wurde von den hauptbeteiligten Pflegekräften und Apothekern sehr gut angenommen. Der 2. Teil (Machbarkeitsstudie) war nicht angelegt, einen Unterschied hinsichtlich UAE-Prävalenz/Inzidenz vor und nach der Intervention zu belegen. Die Zeit der Anwendung war zu kurz und die beteiligten Personen befanden sich noch am Anfang ihrer Lernkurve. Im Bereich der Dokumentation und beim Ausfüllen der Therapiebeobachtungsbögen zeigte sich eine deutlich erhöhte Problemwahrnehmung bei den Pflegekräften und somit häufigere Dokumentation bestimmter UAE.

BMG Förderkennzeichen Kapitel 15 01 Titel 544 01