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Selbsthilfegruppen und Innovationstransfer
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Veröffentlicht: | 6. Oktober 2008 |
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Innovationstransfer zielt darauf, die Lücke zwischen wissenschaftlich gesicherter Erkenntnis und Umsetzung in der klinischen Praxis zu schließen. Welche Rolle spielen Selbsthilfegruppen (SHG) für den Innovationstransfer? Zunächst einmal ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber im Gesundheitswesen Partizipationsrechte für Vertreter von Selbsthilfeorganisationen eingeräumt hat. Zentraler Bestandteil von Selbsthilfeorganisationen sind SHG. Die für die Patienten z.B. im G-BA Mitwirkenden sind in aller Regel Mitglieder von örtlichen/regionalen SHG. Sinngemäß das Gleiche gilt für die vielfache Mitwirkung von Patientenvertretern bei der Erstellung von Leitlinien durch medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften. Dabei wird zunehmend deutlich, dass Patientenvertreter Unterstützung benötigen, die sie zur wirksamen Mitwirkung an diesen vergleichsweise komplexen Prozessen und Diskussionen befähigt, v.a. auch wenn es um die Recherche, das Verständnis und die Bewertung von einschlägigen Studien geht. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Patientenvertreter sich ihren unmittelbaren Blick auf die Bedürfnisse und die Versorgungsrealität erhalten und die Chance erhalten, ihre Sichtweisen zu artikulieren. Andernfalls hat man nur einen Akteur mehr am Tisch, möglicherweise auch einen, der vielfältigen Instrumentalisierungsversuchen ausgesetzt ist. Diese Problematik wird vor allem deutlich an Versuchen von Arzneimittelherstellern, Produktwerbung bei Patienten über SHG zu betreiben. SHG sind aber auch noch in anderer Hinsicht von Bedeutung für den Innovationstransfer. Zum einen helfen SHG, Innovationen zu entwickeln, indem Sie z.B. Forschung finanziell fördern. Zum anderen sind sie selbst für viele Bereiche des Gesundheitssystems eine noch nicht hinreichend verankerte, also noch zu transferierende Innovation. Einer der für ein an wissenschaftlicher Evidenz orientiertes Gesundheitssystem noch immer hinderlichen Gründe ist die nur eingeschränkte externe Evidenz der psychosozialen und gesundheitlichen Wirkungen der Selbsthilfearbeit. Um die Wirkungen und Erfolge der Selbsthilfe-Arbeit zu untersuchen, gibt es methodisch bessere und geeignetere Wege, als die bislang eingeschlagenen. Um dies voranzutreiben und auch bedarfsgerechte Versorgungsforschung jenseits der Interessen der professionellen Akteure durchführen zu können, wäre ein Forschungsinstitut ähnlich dem WidO oder dem ZI hilfreich, das z.B. als gemeinnütziger Verein oder universitäres An-Institut, gefördert mit öffentlichen Mitteln, Fragestellungen nachgeht, die aus Sicht der Patientenvertreter relevant sind.