gms | German Medical Science

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017)

24.10. - 27.10.2017, Berlin

Belastungsvorgaben nach Frakturen der unteren Extremität – Fakt, oder Fiktion?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Benedikt Braun - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Homburg, Germany
  • Marcel Orth - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Homburg, Germany
  • Nils Veith - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Homburg, Germany
  • Mika Rollmann - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Homburg, Germany
  • Moritz Klein - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Homburg, Germany
  • Steven Herath - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Homburg, Germany
  • Jörg Holstein - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Homburg, Germany
  • Tim Pohlemann - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Homburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017). Berlin, 24.-27.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocGR15-931

doi: 10.3205/17dkou509, urn:nbn:de:0183-17dkou5096

Veröffentlicht: 23. Oktober 2017

© 2017 Braun et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Belastungsvorgaben nehmen in Nachbehandlungsregimes nach Frakturen der unteren Extremität eine Schlüsselfunktion ein. Abhängig von der Verletzung werden Limitationen von Entlastung bis Vollbelastung vorgegeben, wobei die Kontrolle darüber den Patienten selbst oder Physiotherapeuten aufgetragen wird. Kliniker, wie Forscher verlassen sich auf diese Vorgaben, obwohl aus experimentellen, diskontinuierlichen Kurzzeitmessungen eine schlechte Compliance zu vermuten ist. Kontinuierliche Messungen im natürlichen Umfeld des Patienten liegen bisher nicht vor.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Compliance von Patienten zum vorgegebenen Nachbehandlungsregime bei verschiedenen Verletzungen der unteren Extremität kontinuierlich im "natürlichen Umfeld" mit einem neuen, in Schuhsohlen integrierten Messsystemen zu überprüfen.

Methodik: In einer prospektiv, beobachtenden Studie wurden Patienten nach operativ versorgten Frakturen des Sprunggelenkes, Tibiaschaftes, sowie des proximalen Femurs während der Nachbehandlung mit einer Pedobarographie-Sohle (OpenGO, Moticon GmbH, München) kontinuierlich überwacht. Die Belastungsvorgaben erfolgten entsprechend unseres institutionellen Standards unter ständiger physiotherapeutischer Anleitung (Vollbelastung: Tibiaschaft, Proximales Femur; 20% Körpergewicht Teilbelastung: Sprunggelenk). Die Beobachtung erfolgte für maximal 6 Wochen (Mittelwert 36 Tage [range 5-42 Tage]). Fehlende Compliance wurde als Abweichung von mehr als 30% von der Gewichtsvorgabe definiert.

Ergebnisse: Insgesamt konnten 30 Patienten in die Studie eingeschlossen werden. Die kontinuierliche Compliance-Rate betrug 47% (14 Patienten). Schon in den ersten 2 postoperativen Wochen betrug die Abweichung mehr als 50%. Geschlecht, Alter und Gewicht zeigten keinen signifikanten Einfluss auf die Compliance (p>0.05). Bei Patienten mit vorgegebener Teilbelastung war die Compliance signifikant reduziert (p=0.01).

Schlussfolgerung: Die Einhaltung von Belastungsvorgaben ist mehr Fiktion als Fakt. Weder die Vorgabe einer Vollbelastung, noch einer Teilbelastung wird zuverlässig umgesetzt. Dies zeigt, dass Nachbehandlungskonzepte mit Vorgabe einer definierten Belastung ohne kontinuierliche Kontrolle womöglich auf fehlerhaften Grundlagen basieren. Mit der vorgestellten Technik ist erstmals eine kontinuierliche Belastungs-überwachung möglich! In weiteren Studien können damit neue, kontinuierliche Nachbehandlungsregimes erstmalig definiert und Belastungsvorgaben individualisiert werden.