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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017)

24.10. - 27.10.2017, Berlin

Das craniale CT und Ganzkörper-CT beim traumatisierten Kind in Abhängigkeit von der Einführung der S3-Leitlinie – eine differenzierte Analyse

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Martin Husen - Universitätsklinik Essen, Essen, Germany
  • Andre´ Sander - Universitätsklinik Essen, Essen, Germany
  • Lothar Meyer - Universitätsklinik Essen, Essen, Germany
  • Marcel Dudda - Universitätsklinik Essen, Essen, Germany
  • Marcus Jäger - Universitätsklinik Essen, Essen, Germany
  • Max Kauther - Universitätsklinik Essen, Essen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017). Berlin, 24.-27.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocWI43-1221

doi: 10.3205/17dkou394, urn:nbn:de:0183-17dkou3944

Veröffentlicht: 23. Oktober 2017

© 2017 Husen et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Das Trauma stellt mit einem Anteil von 19,8% bei jungen Kindern von 1 bis 4 Jahren und 62% bei den 15- bis 19jährigen die häufigste Todesursache im Kindesalter dar. Insgesamt sind 5% alle Schwerverletzten Kinder. Bei Erwachsenen setzte sich in der Diagnostik von Schwerverletzten das Ganzkörper-CT durch. Dessen Einsatz geht mit einer Reduktion der Letalität einher. Dieser Nachweis steht für Kinder derzeit jedoch noch aus, so dass der Wert der CT-Diagnostik im Kindesalter, gerade auch wegen der besonders zu berücksichtigenden Strahlenexposition, Gegenstand kontroverser Diskussionen ist. So besteht ein mittleres Lebenszeitrisiko für die Entstehung eines Karzinoms nach Durchführung einer Ganzkörper-CT-Untersuchung bei einem 3-jährigen Mädchen von 1:166. Demgegenüber beträgt das Tumorrisiko bei Erwachsenen nach einer Ganzkörper-CT 1:1500. Das Ziel dieser Studie bestand darin, den Einfluss der Veröffentlichung der S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletztenbehandlung am 01.07.2011 auf die Anzahl der bei polytraumatisierten Kindern durchgeführten CTs an einem Traumzentrum der Maximalversorgung zu untersuchen.

Methodik: Im Zeitraum von 2002 bis 2015 wurden 316 polytraumatisierte Kinder im Alter von </= 17 Jahren über den Schockraum aufgenommen und einem Schädel-CT oder Ganzkörper-CT unterzogen. Die Daten wurden retrospektiv mit Hilfe das Statistikprogramms SPSS ausgewertet. Die Diagnostik im Schockraum erfolgte routinemäßig mittels einer Sonographie des Abdomens und des Thorax und wurde durch radiologische Bildgebung, in Abhängigkeit von der Anamnese, des Unfallhergangs und des Verletzungsmuster, ergänzt. Ein besonderer Fokus lag auf dem Vergleich der Häufigkeit von CT-Diagnostik vor und nach Einführung der S3-Polytrauma Leitlinie.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Daten von 316 Patienten gingen in die Studie ein. Insgesamt wurden 193 isolierte craniale CTs und 123 Ganzkörper-CTs durchgeführt. Die Patienten wiesen im Mittel einen ISS von 27±17,3 auf. Wurden vor Einführung der S3-Leitlinien durchschnittlich 4,8 Ganzkörper-CTs durchgeführt, so waren es nach Veröffentlichung der Leitlinie 15,8, was einen signifikanten Anstieg darstellt (p<0,05). Die Zahl der jährlich durchgeführten kraniellen CTs blieb mit 13,2 bzw. 12,8 weitgehend gleich.

Retrospektiv kam es zu einem deutlichen Anstieg der durchgeführten Ganzkörper-CTs nach Einführung der S3-Leitlinie am 01.07.2011. Dies überrascht zunächst, da ein erklärtes Ziel der Autoren der Leitlinie darin bestand, durch die etablierten Algorithmen die Häufigkeit von CT-Untersuchungen bei Kindern zu reduzieren, ohne das Risiko einzugehen, wesentliche Verletzungen zu übersehen. Da in der Leitlinie obligate Indikationen für die Durchführung einer CT-Diagnostik genannt werden, wie beispielsweise anhaltende Bewusstseinstrübung (GCS </= 14) oder fokale neurologische Störungen wie Hirnnervenstörungen oder Paresen, besteht die Möglichkeit, dass nun auch Patienten einer bildgebenden Diagnostik zugeführt wurden, die zuvor klinisch untersucht und überwacht wurden.