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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017)

24.10. - 27.10.2017, Berlin

Die spezialisierte Behandlung von infizierten Endoprothesen in einem Zentrum ist ökonomisch nicht tragbar

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Michael Müller - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Berlin, Germany
  • Andrej Trampuz - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Centrum für Septische Chirurgie, Berlin, Germany
  • Tobias Winkler - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin Brandenburger Centrum für Regenerative Therapien, Berlin, Germany
  • Michael Schütz - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Berlin, Germany
  • Carsten-Frank Perka - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017). Berlin, 24.-27.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocWI26-214

doi: 10.3205/17dkou241, urn:nbn:de:0183-17dkou2417

Veröffentlicht: 23. Oktober 2017

© 2017 Müller et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Therapie von Patienten mit periprothetischen Infektionen stellt eine medizinische Herausforderung dar, deren Erfolg wesentlich durch Spezialisierung und Erfahrung der behandelnden Klinik verbessert werden kann. Der politischen Zielsetzung der höchstmöglichen Spezialisierung zur Behandlung solcher Patienten folgend, wurde in unserer Klinik ein spezielles Zentrum etabliert. Dort werden die Patienten von einem interdisziplinären Team gemeinsam visitiert und behandelt. Der hohen Rate an Therapieerfolgen stehen erhebliche Aufwendungen gegenüber. Ziel der Untersuchung ist eine Analyse der tatsächlichen Kosten gegenüber den Erstattungsbeträgen der Krankenkassen.

Methodik: In die Untersuchung wurden 130 Patienten, welche innerhalb eines halben Jahres mit einer Infektion eines künstlichen Gelenkes behandelt wurden, eingeschlossen. Die patientenspezifischen Parameter wurden erfasst, den Kosten der Behandlung zugeordnet und dem DRG-abhängigen Erlös gegenübergestellt. So konnte die Kostendeckung ermittelt werden. Herausgearbeitet wurden dann die wesentlichen Kosten verursachenden Faktoren in einer zusätzlichen Analyse der defizitärsten Fälle.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Das mittlere Alter betrug 57,3 Jahre. Das durchschnittliche Defizit pro Fall lag bei -13,7% (~ca. 1.600 Euro). Die mittleren Behandlungskosten pro Patient pro Tag lagen bei 700 Euro. Die Kosten intensivsten Faktoren waren Laborkosten und Funktionsdiagnostik mit 32% der Kosten, gefolgt von den Kosten für Isolationsmaßnahmen mit ca. 28%. Das restliche Drittel beinhaltet die Kosten für Pflegedienst (18%), Arzneimittel (15%) und den Funktionsdienst (Personal OP, Anästhesie, Physiotherapie) mit 7%. Die Einzelfallanalyse ergab, dass die 10 (8%) teuersten Patienten für 65 % der Gesamtunterdeckung verantwortlich waren. Die mittlere DRG-Unterdeckung lag hier bei -37%. 9 der 10 Patienten hatten mehr als eine Folge-OP nach Ersteingriff (~ 3,7 Revisionen (von 2 - 9). Von den 10 Patienten hatten 6 einen isolationspflichtigen Keim. Die mittlere Liegedauer betrug 57 Tage. Dabei lagen 80% der Patienten über 4 Wochen durchweg im Krankenhaus. 80% dieser Patienten wurden aus anderen Krankenhäusern übernommen Die Behandlung von orthopädischen und unfallchirurgischen Patienten mit einem Gelenkinfekt an einer Spezialklinik verursacht ein hohes finanzielles Defizit, welches durch das DRG-System nicht gedeckt ist. Als Kosten triggernde Faktoren erweisen sich vor allem die Hygienemaßnahmen sowie Kosten für Labor- und Funktionsdiagnostik. In der Einzelfallanalyse werden die Kosten durch Liegedauer, Folgeeingriffe und isolationspflichtige Erreger hervorgerufen. Dieser finanziellen Problematik steht jedoch eine hohe Zahl an erfolgreichen Behandlungen von sonst aussichtslosen Fällen gegenüber. Der politisch gewünschte Weg der Spezialisierung von Kliniken mit der Behandlung schwerer Erkrankungen in Zentren (mit Senkung der Gesamtkosten für das Gesundheitssystem) ist richtig, kann jedoch aktuell durch die Kliniken des Landes nicht weiterverfolgt werden.