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Kippeffekt beeinträchtigt Verankerung von Hüftrevisionspfanne bei Knochendefekt Typ III, posterior/superior trotz Einsatz von Darmbeinzapfen und Schraube – eine FEM-Analyse unter Berücksichtigung der Schraubenvorspannung
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2012 |
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Fragestellung: In Deutschland werden jährlich mehr als 200.000 künstliche Hüftgelenke implantiert. In 12% aller Fälle handelt es sich um Revisionsoperationen. Dabei liegen häufig Schäden am Acetabulum vor, die eine Verankerung des Revisionsimplantates erschweren. Bei Knochendefekten des Typs III nach D'Antonio werden additive Verankerungselemente, z. B. Darmbeinzapfen und Spongiosaschrauben, eingesetzt. Es existiert jedoch keine orthopädische Richtlinie, die eine konkrete Verankerungsstrategie für bestimmte Defektausprägungen oder -lokationen empfehlen würde. In einer Vorarbeit mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode wurde bei Defekt Typ III, posterior/superior unter Verwendung eines kurzen Darmbeinzapfens und einer zusätzlichen kurzen Schraube ein Kippeffekt beobachtet. Es war Ziel dieser Studie, diesen Kippeffekt unter Berücksichtigung der Schraubenvorspannkraft näher zu untersuchen, um eine Empfehlung für den Operateur abzuleiten.
Methodik: Die Geometrie des Beckenknochens wurde mit der Software MIMICS (Fa. Materialise) aus µCT-Daten abgeleitet. Von einem erfahrenen orthopädischen Chirurgen wurde in Anlehnung an D`Antonio ein definierter Knochendefekt Typ III, posterior/superior in dem Modell platziert. Eine ovaläre Revisionspfanne und die Verankerungselemente kurzer Darmbeinzapfen und kurze Spongiosaschraube (Fa. Orthodynamics) wurden in CATIA (Fa. Dassault Systems) CAD-modelliert. Die Finite-Elemente-Vernetzung erfolgt in ICEM (ANSYS Inc.). Materialparameter des Beckenknochens wurden aus den µCT-Daten mit Hilfe der Software BONEMAT (Open source) zugewiesen. Muskel- und Gelenkkräfte wurden mit AnyBody (Fa. AnyBody Technology) berechnet und als Randbedingung in das FE-Modell übertragen. Ein typisches Anziehmoments bei der Einbringung von Spongiosaschrauben wurde näherungsweise ermittelt und mittels Vorspannungselementen im FE-Modell der Schraube berücksichtigt. FEM-Berechnungen wurden mit ANSYS (Fa. ANSYS Inc.) durchgeführt.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Aus der Differenz des Kontaktabstands (Gap) vor und nach der Aufbringung der Schraubenvorspannkraft wurde die Normalbewegung des Implantats relativ zum Knochen in Folge der Einbringung der Schraube dargestellt. Zur Beurteilung der erreichbaren Verankerungsstabilität wurde die Verteilung der Mikrobewegungen im Implantat-Knochen-Interface mit und ohne Verwendung der zusätzlichen Schraube dargestellt. Dazu wurden die Kontaktergebnisgrößen Relativverschiebung (Sliding distance) und Gap herangezogen. Als Ergebnis der Simulation konnte der vorliegende Realeffekt aufgeklärt werden. Durch die Vorspannung der Schraube wird die Implantatpfanne in den Defekt hineingezogen. Dabei verkippt die Pfanne über die Defektkante hinweg. Durch die Gelenkbelastung wird sie dann wieder zurückgekippt. In diesem Fall kann also durch die zusätzlich zum Zapfen eingebrachte Schraube keinen Stabilitätszuwachs erreicht werden. Dem Operateur kann empfohlen werden, bei der Zapfenfixation von der zusätzlichen Einbringung einer einzelnen Schraube im Bereich des Defektes abzusehen.