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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012)

23.10. - 26.10.2012, Berlin

Infektpseudarthrosen der Tibia – Welche Rolle spielt das Ausmaß des Primärschadens gegenüber den Vorerkrankungen?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Eva Simone Steinhausen - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Duisburg, Germany
  • Martin Glombitza - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Duisburg, Germany
  • Armin Scholz - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Duisburg, Germany
  • Ingo Geuen - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Duisburg, Germany
  • Thorsten Tjardes - Lehrstuhl der Universität Witten/ Herdecke, Klinikum Köln-Merheim, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sporttraumtologie, Köln, Germany
  • Dieter Rixen - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Duisburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012). Berlin, 23.-26.10.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. DocWI65-1233

doi: 10.3205/12dkou405, urn:nbn:de:0183-12dkou4057

Veröffentlicht: 2. Oktober 2012

© 2012 Steinhausen et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Infektpseudarthrosen sind aufgrund des meist langen und komplizierten Behandlungsverlaufes von großer medizinischer und sozioökonomischer Bedeutung. Eine Stratifizierung dieses Patientenkollektivs fehlt bisher in der Literatur, so dass auch noch kein allgemeingültiger Behandlungsalgorithmus existiert.

Ziel unserer Studie war es, Patienten mit Infektpseudarthrosen der Tibia zu analysieren und Risikofaktoren zu identifizieren.

Methodik: Es erfolgte eine retrospektive Analyse aller Patienten, die von 1/2007 bis 12/2010 in unserer Klinik aufgrund einer Infektpseudarthrose der Tibia (ICD M84.16 und Erregernachweis) operativ behandelt wurden. Ausgewertet wurden Art des Traumas und der Fraktur, Zeitpunkt des Infektnachweises, Anzahl und Art der Erreger sowie Vorerkrankungen.

Ergebnisse: Im o.g. Zeitraum wurden 48 Patienten mit Infektpseudarthrosen der Tibia behandelt. 42 Patienten waren männlich, 6 weiblich. Das Durchschnittsalter bei Unfall betrug 45,4 Jahre. 23 Patienten hatten primär eine geschlossene (Gruppe G), 25 Patienten eine offene Fraktur (Gruppe O: I° n=5, II° n=14, III° n=6).

In der Gruppe O waren signifikant mehr Mehrfachverletzte (13/25 vs. 2/23). Patienten der Gruppe G hatten hingegen häufiger relevante internistische Vorerkrankungen (Diab.mell., KHK, pAVK: 8/23 vs. 2/25). Der Infektnachweis erfolgte in der Gruppe O im Durchschnitt früher (5,7 Monate vs. 7,3 Monate), wobei bei Patienten mit III° offenen Frakturen im Durchschnitt bereits nach 2,1 Monaten ein Infekt vorlag - also noch vor Auftreten der Pseudarthrose.

In der Gruppe G lagen häufiger Mischinfektionen vor (2-3 Erreger: 11/23 vs. 8/25), während in der Gruppe O häufiger Monoinfektionen vorlagen (15/25 vs. 8/23). Bei den Monoinfektionen wurde am häufigsten Staph. aureus als Erreger nachgewiesen. Gramnegative Erreger waren häufiger in der Gruppe G (13/23 vs. 7/25). Hier wurden vor allem Enterobacter, Enterococcus und Pseudomonas Species nachgewiesen. In der Gruppe G zeigte sich darüber hinaus ein Trend zu multiresistenten Keimen (9/23 vs. 7/25).

In der Gruppe G verstarb ein Patient, 2 weitere Patienten wurden im Verlauf amputiert. Alle 3 Patienten hatten eine geschlossene Fraktur, waren internistisch erheblich vorerkrankt und hatten im Verlauf eine MRSA-Infektion.

Schlussfolgerung: Die Analyse der Infektpseudarthrosen im vorliegenden Kollektiv zeigt, dass nicht nur der durch den Frakturtyp (offen vs. geschlossen) geschaffene "Primärschaden" ein relevanter prognostischer Faktor zu sein scheint, sondern in gleichem Maße auch die "individuelle biologische Gesamtsituation" des Patienten (systemische Vorerkrankungen). Diese Beobachtung hat für die Entwicklung von Behandlungsalgorithmen insofern wesentliche Bedeutung, als dass neben frakturmorphologischen und technischen Aspekten unfallunabhängige Faktoren mit wenigstens der gleichen Priorität berücksichtigt werden müssen, da letztere Art und Verlauf des Infektes beeinflussen.