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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012)

23.10. - 26.10.2012, Berlin

Wirbelsäulenverletzungen im Straßenverkehr – Unfallmechanismen und Verletzungsarten bei 34188 verletzten PKW-Fahrern und -beifahrern 1985 – 2010

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christian W. Müller - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Dietmar Otte - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Verkehrsunfallforschung, Hannover, Germany
  • Timo Stübig - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Stephan Brand - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Martin Panzica - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Carl Haasper - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Christian Krettek - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012). Berlin, 23.-26.10.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. DocWI29-370

doi: 10.3205/12dkou125, urn:nbn:de:0183-12dkou1251

Veröffentlicht: 2. Oktober 2012

© 2012 Müller et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Wirbelsäulenverletzungen zählen zu den schwersten Einzelverletzungen bei Verkehrsunfällen. Die Gesamtmortalität bei Verkehrsunfällen hat sich, einhergehend mit Verbesserungen der Fahrzeugsicherheit, innerhalb der letzten Jahrzehnte erheblich reduziert. Hier untersuchen wir, wie häufig welche Wirbelsäulenfrakturen bei Verkehrsunfällen vorkommen, welche Abhängigkeiten vom Unfallmechanismus bestehen und welche Änderungen über die Zeit aufgetreten sind.

Methodik: Von 1985 und 2010 wurden in einem für Deutschland repräsentativen Gebiet durch eine Unfallforschungseinheit ca. 1000 Verkehrsunfälle/a dokumentiert. Aus der Datenbank wurden Unfälle mit Frontpassagieren extrahiert und analysiert bezüglich Wirbelsäulenverletzungsart, -lokalisation und -mechanismus, Begleitverletzungen, Injury Severity Score (ISS), Abbreviated Injury Scale (AIS), Kollisionsgeschwindigkeit (delta-v) und weiteren unfalltechnischen Parameter. Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS 19.0.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Es wurden bei 285 von 34188 verunfallten Frontinsassen Wirbelkörperfrakturen identifiziert (Inzidenz 0,1%), bei 131 Frontinsassen Frakturen der HWS, bei 77 Frakturen der BWS und bei 101 Frakturen der LWS. Mit ISS 38 bestand die höchste Gesamtverletzungsschwere bei den HWS-Verletzten (BWS 20; LWS 11; Gesamtkollektiv 3; p<0,001). Angeschnallte Patienten waren hochsignifikant schwerer verletzt. Wirbelsäulenfrakturen waren abhängig von der Lokalisation prädiktiv für weitere Traumafolgen. Das delta-v war bei den Verunfallten mit Wirbelsäulenverletzungen signifikant erhöht (HWS 48 km/h, BWS 39 km/h, LWS 40 km/h, Gesamtkollektiv 16 km/h; p<0,001). Als Unfallmechanismen waren bei den Wirbelsäulenverletzten Überschläge und multiple Kollisionen hochsignifikant überrepräsentiert. ISS, delta-v und Inzidenz von LWS-Frakturen waren über die Zeit signifikant rückläufig, nicht aber HWS- und BWS-Frakturen. Anschnallgurte und Airbags kamen signifikant häufiger zum Einsatz (p<0,001).

Wirbelsäulenverletzungen bei PKW-Frontinsassen traten vor allem bei hohen Aufprallgeschwindigkeiten in Verbindung mit komplexen Unfallmechanismen (z.B. Überschlag) auf. Solche Unfallmechanismen sind bei normierten Crash-Tests jedoch nicht erfasst. Am meisten gefährdet ist dabei die Halswirbelsäule. Weiterentwicklungen der passiven Fahrzeugsicherheit sollten dies besonders berücksichtigen. Das Benutzen der Anschnallgurte ist essentiell in der Verhütung von (schweren) Wirbelsäulenverletzungen.