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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012)

23.10. - 26.10.2012, Berlin

Nadeldekompression beim Spannungspneumothorax – Ist eine suffiziente Druckentlastung mit der empfohlenen Nadellänge möglich?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Matthias Hecker - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Greifswald, Germany
  • Katrin Hegenscheid - Institut für Radiologie, Greifswald, Germany
  • Jörn Lange - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Greifswald, Germany
  • Roberto Lorbeer - Institut für Community Medicine, Greifswald, Germany
  • Peter Hinz - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Greifswald, Germany
  • Axel Ekkernkamp - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Greifswald, Germany
  • Matthias Frank - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Greifswald, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012). Berlin, 23.-26.10.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. DocWI29-847

doi: 10.3205/12dkou119, urn:nbn:de:0183-12dkou1190

Veröffentlicht: 2. Oktober 2012

© 2012 Hecker et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Der Spannungspneumothorax ist eine akut lebensbedrohliche Situation. Einzige Behandlungsmöglichkeit stellt die Dekompression des Überdrucks, d.h. die sofortige notfallmäßige Entlastung dar. In der aktuellen S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie wird empfohlen: Die Entlastung eines Spannungspneumothorax sollte durch eine Nadeldekompression, gefolgt von einer chirurgischen Eröffnung des Plauraspaltes mit oder ohne Thoraxdrainage, erfolgen.

Bei insgesamt uneinheitlicher Datenlage stützt sich die weitere Empfehlung der Leitlinie zu Punktionsort (2.-3. Intercostalraum in der Medioclavicularlinie) und Art der Punktionsnadel (Venenverweilkanüle der Länge 4,5 cm) lediglich auf Expertenmeinungen. Nach ATLS Empfehlungen sollte die Punktion innerhalb des zweiten Intercostalraumes in der Medioclavicularlinie unter Verwendung eines 5 cm langen Katheters erfolgen.

Die vorliegende Arbeit untersucht anhand standardisierter Ganzkörper-MRT-Daten (1,5 Tesla) einer prospektiven Bevölkerungsstudie Dicke und Zusammensetzung der vorderen Thoraxwand an den Punktionsorten. Anhand der ermittelten Daten soll überprüft werden, ob die Empfehlungen zur Notfallpunktion eines Spannungspneumothorax hinsichtlich der Nadellänge aufrechterhalten werden können.

Methodik: In die Studie wurden n=2574 Probanden (männlich n=1239, weiblich n=1335) eingeschlossen. Die Messungen der Gesamtdicke der Thoraxwand, der Dicke des Fettgewebes sowie des Abstandes des Punktionsortes zur A. thoracica interna erfolgten jeweils für den linken und rechten Hemithorax an T2 gewichteten axialen und an rekonstruierten sagittalen Schnittbildsequenzen (Magnetom Avanto, Siemens Medical Solution, Erlangen, Deutschland) unter Verwendung des Dicom-Betrachters Osirix (v3.9.2). Eine mögliche Abhängigkeit der totalen Thoraxwanddicke von Geschlecht, Alter, Körpergröße, Körpergewicht und Body Mass Index (BMI) wurde durch Pearson-Korrelation untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Die durchschnittliche Dicke der Thoraxwand betrug rechts 5,11 cm (Spannweite 1,5 - 12,1 cm, SD 1,40 cm) und links 5,08 cm (Spannweite 1,8 - 10,5 cm, SD 1,33 cm). Frauen hatten gegenüber Männern eine signifikant größere totale Thoraxwanddicke (p< 0,001).

Am rechten bzw. linken Hemithorax überstieg die Wanddicke in 61,11% bzw. 61,58% aller Fälle die kritische Grenze der empfohlenen Nadellänge von 4,5 cm. Dabei war dies signifikant häufiger der Fall bei Frauen (64,65%) als bei Männern (57,8%) (p< 0,001).

Es zeigte sich eine hochsignifikante Korrelation zwischen Thoraxwanddicke und Körpergewicht (r= 0,532; p< 0,001) sowie BMI (r= 0,727; p< 0,001). Eine Korrelation zwischen Alter bzw. Körpergröße und Dicke der Thoraxwand fand sich hingegen nicht.

Schlussfolgerung: Die Untersuchung zeigt, dass bei einem Großteil der untersuchten Probanden eine suffiziente Druckentlastung mit der in der S3-Leitlinie empfohlenen Nadellänge von 4,5 cm nicht möglich wäre.