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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012)

23.10. - 26.10.2012, Berlin

Die Sichtung im Krankenhaus: Erfahrungen aus 17 Berliner Krankenhauskatastrophenübungen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christian Kleber - Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Charité-Universitätsmedizin, Berlin, Germany
  • Markus Strehl - Senatsverwaltung f. Gesundheit, Umwelt u. Verbraucherschutz, Referat I F, Berlin, Germany
  • Norbert P. Haas - Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Charité-Universitätsmedizin, Berlin, Germany
  • Stefan Poloczek - Berliner Feuerwehr, Rettungsdienst, Berlin, Germany
  • Detlef Cwojdzinski - Senatsverwaltung f. Gesundheit, Umwelt u. Verbraucherschutz, Referat I F, Berlin, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012). Berlin, 23.-26.10.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. DocWI28-1208

doi: 10.3205/12dkou111, urn:nbn:de:0183-12dkou1113

Veröffentlicht: 2. Oktober 2012

© 2012 Kleber et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Patienten-Sichtung hat eine Schlüsselfunktion im Rahmen des erfolgreichen Managements einer Katastrophe, da diese eine Priorisierung der vorliegenden Verletzungen und deren notwendige medizinische Therapie erlaubt. Weiterhin dient die Sichtung dem Ressourcenmanagement der Kliniken. Aktuelle Studien zu diesem essentiellen Bestandteil der Katastrophenmedizin im Krankenhaus fehlen.

Methodik: In dieser prospektiven Observationsstudie wurde mit Hilfe der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales in Berlin alle unangekündigten, externen Krankenhausübungen der Jahre 2010/2011 (2 Notfallzentren (NZ=überregionales Traumazentrum), 15 Notfallkrankenhäuser (NKH=regionales Traumazentrum), bezüglich der durchgeführten Triage ausgewertet. Dabei wurden 601 geschminkte Darsteller mit vorgegebenen Verletzungsmuster und Sichtungskategorie (16,3%/91 SK1=rot, 44,7%/250 SK2=gelb, 39%/218 SK3=grün) in Anschluss an die Übung befragt und die Ergebnisse von 559 vollständiger Angaben (93%) bezüglich Übertriage (Überschätzung der Verletzung), Untertriage (Unterschätzung der Verletzung), Nachsichtung und Kategorie der behandelnden Klinik deskriptiv und statistisch (Mann-Whitney U-Test, p< 0,05 signifikant) ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: 75,5% der 601 Darsteller wurden in den NKH und 24,5% in den NZ gesichtet. 63% der Darsteller wurden entsprechend der Vorgaben richtig kategorisiert, wobei 82,4% der SK1, 72,5% der SK3 und 47,2% der SK2 korrekt eingruppiert wurden.

In 23% lag eine Übertriagierung vor, wobei 27,2% der SK2 als SK1 und 22,9% der SK3 als SK2 und 4,6% der SK3 als SK1 gesichtet wurden.

Untertriagiert wurde in 14%, wobei 25,6% der SK2 als SK3, 16,5% der SK1 als SK2 und 1,1% der SK1 als SK3 gesichtet wurden.

Die Sichtung in den NZ wurde in 70%, im Vergleich zu 61% in den NKH, korrekt durchgeführt (p 0,54). Eine Übertriage erfolgte in NKH (26%) signifikant häufiger als in NZ (13%) (p 0,03), keine Unterschiede gab es bei der Untertriagierung (p 0,3). In 3,4% (n=19) wurde eine Zweitsichtungen in den Behandlungsbereichen durchgeführt, wobei 63% der Zweitsichtungen zu einer korrekten Einstufung in die Sichtungskategorie führten.

In ca. 2/3 der Fälle erfolgte eine korrekte Einschätzung der Verletzungsschwere und Behandlungspriorität. Wie aus präklinischen Daten bekannt, überwiegt auch in der Klinik das Problem der Übertriagierung. Dieses war in NKH signifikant häufiger als in NZ. In ca. 18% der SK1 Patienten jedoch eine medizinisch gefährliche Untertriagierung nachgewiesen. Weiterhin konnte ein Trend der korrekten Sichtung in NZ gezeigt werden. Die Zweitsichtung wurde nur selten durchgeführt, könnte aber das korrekte Gesamtsichtungsergebnis von 61% auf 86% verbessern.

Zusammenfassend scheint die Erfahrung der NZ im Umgang mit Schwerverletzten im Vergleich zu NKH das Sichtungsergebnis positiv zu beeinflussen. Das Instrument der Zweitsichtung könnte das Gesamtsichtungsergebnis deutlich verbessern und sollte diesbezüglich standardisiert eingesetzt werden.