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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie, 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 97. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, 52. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie

25. - 28.10.2011, Berlin

Biomechanische Wirkungsweise der Schulterstabilisierung nach Latarjet: Welchen Einfluss haben Kapselplastik, Coracoid-Segment und Integrität der Subscapularissehne?

Meeting Abstract

  • M. Wellmann - Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Orthopädie, Hannover, Germany
  • E. de Ferrari - Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Orthopädie, Hannover, Germany
  • E. Bobrowitsch - Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Labor für Biomechanik und Biomaterialien der Orthopädischen, Hannover, Germany
  • T. Smith - Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Orthopädie, Hannover, Germany
  • J.D. Agneskirchner - Sportsclinic Germany, Hannover, Germany
  • H. Windhagen - Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Orthopädie, Hannover, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 97. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, 52. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 25.-28.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. DocWI16-1267

doi: 10.3205/11dkou044, urn:nbn:de:0183-11dkou0444

Veröffentlicht: 18. Oktober 2011

© 2011 Wellmann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Entsprechend der Theorie erzielt der Coracoid-Transfer nach Latarjet seinen Stabilisationseffekt durch drei Komponenten: Transfer des coracoacromialen (CA-) Bandes, knöcherne Rekonstruktion durch das Coracoid-Segment, und Erzeugung eines „Schlingeneffektes“ durch die transferierten coracobrachialen Sehnen. Ziel der vorliegenden Studie war es, die einzelnen Komponenten der Latarjet-Technik auf ihre biomechanische Wirksamkeit hin zu untersuchen und die Effektivität des Verfahrens bei defizitärer Subscapularis-Sehne (SCP) zu bestimmen.

Methodik: Zwölf humane Schulterpräparate wurden biomechanisch in einer robotergestützten Apparatur in folgenden Zuständen untersucht: Intaktes Gelenk, arthroskopische Simulation eines kombinierten anteroinferioren Glenoiddefektes und Kapseldefektes, Latarjet-Stabilisation (Lt). Anschließend wurden die Präparate zwei Gruppen zugeordnet und die Komponenten der Lt-Technik schrittweise „abgebaut“: Exzision des CA-Bandes, Durchtrennung der coracobrachialen Sehnen (Gruppe 1); Reduktion des knöchernen Coracoid-Segmentes bis auf die Coracoid-Spitze, humeralseitiges Durchtrennen der SCP-Sehne (Gruppe 2). In jedem Zustand wurden wurde eine Translationstestung in anteriorer, anteroinferiorer und inferiorer Richtung durchgeführt. Die Testung erfolgte in 60° glenohumeraler Abduktion sowie in 0° und 60° Aussenrotation.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Die Lt-Technik führte zu einer signifikanten Reduktion der defektbedingten Translation in allen getesteten Richtungen (p<0.005). Die Durchtrennung des CA-Bandes führte dann zu einem signifikanten Anstieg aller Translationen in 0° Rotationen (p<0.005). Nach zusätzlicher Durchtrennung der coracobrachialen Sehnen kam es zu einem weiteren signifikanten Anstieg der Translationen in anteroinferiorer und inferiorer Richtung. Die in diesen Richtungen gemessenen Translationen wiesen keinen signifikanten Unterschied mehr zum Defekt-Zustand auf. In Gruppe 2 führte die Reduktion des Coracoid-Segmentes zu einer selektiven Zunahme der anterioren Translation in 60° Aussenrotation (2.1 mm vs. 6.6 mm, p<0.05). Die komplette Durchtrennung der SCP-Sehne führte zu einem Anstieg der Translationen auf das Defekt-Niveau, mit Aussnahme der anterioren Translation in 60° Aussenrotation. Die Interaktion zwischen den coracobrachialen Sehnen und Subscapularis-Sehne bildet den Schlüsselmechanismus der Latarjet-Technik. Bei defizitärer Subscapularis-Sehne verliert die Technik ihre Wirksamkeit daher nahezu vollständig. Zudem bildet die anteriore Kapselplastik durch den Transfer des CA-Bandes einen signifikanten Stabilisator in neutraler Rotation des Armes, da in dieser Position die vulnerable Kapsellücke noch nicht von den coracobrachialen Sehnen überdeckt wird. Dieser Effekt nivelliert sich in Aussenrotation. Die rein knöcherne Stabilisation durch das Coracoid-Segment besitzt einen limitierten Effekt, welcher auf die anteriore Translation in der Apprehension-Position begrenzt ist.