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Die minimalinvasive ventrale Plattenosteosynthese bei Azetabulumfrakturen: Eine prospektive Studie zu einem neuen Operationszugang
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2010 |
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Fragestellung: Dislozierte Frakturen des vorderen Azetabulumpfeilers bzw. -daches werden zumeist über einen ileoinguinalen Zugang (alternativ über den „Stoppa“-Zugang) stabilisiert. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde die Bedeutung eines minimalinvasiven Verfahrens für die Versorgung dieser Frakturen evaluiert.
Methodik: Für dislozierte ventrale bzw. zentrale Azetabulumfrakturen wurde eine neue OP-Technik über zwei ca. 3–4 cm lange Inzisionen etabliert und prospektiv untersucht.
Ausgeschlossen wurden dislozierte Frakturen des hinteren Pfeilers bzw. der hohen Darmbeinschaufel.
OP-Technik: Ein 1. Zugang erfolgt über einen pararektalen Hautschnitt auf Höhe des proximalen Drittels der Linea arcuata. Nach Durchtrennung der Bauchwand werden die externen iliacalen Gefäße nach medial, der M. psoas und M. iliacus sowie N. femoralis nach lateral mobilisiert. In der Tiefe erfolgt die Spaltung des Arcus ileopectineus bis zum Schambein und die Unterfahrung der Gefässe nach medial. Der 2. Zugang erfolgt über dem symphysennahen Schambein unter partieller Kerbung des Ansatzes des M. rectus abdominis. Die Weichteile im Bereich der 1. Zugangs werden über ein Retraktionssystem (Synframe©) zurückgehalten. Die Reposition der Fraktur erfolgt in üblicherweise unter Nutzung der Ligamentotaxis und Setzen von isolierten Zugschrauben. Zur Neutralisation der Osteosynthese bzw. Abstützung wird eine anatomisch vorgebogene Rekonstuktionsplatte von distal nach proximal an die Linea arcuata eingeschoben und über beide Inzisionen in üblicher Weise an Darm- und Schambein fixiert.
Bei allen Patienten erfolgte eine postoperative CT-Kontrolle und die Nachuntersuchung (3, 6, 12 Monate)
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Entsprechend der o.g. Kriterien wurden konsekutiv 24 Patienten in einem Zeitraum von 30 Monaten (Durchschnittsalter: 64 Jhr,. 30–99 Jhr.; 16 Pat.>60 Jhr.) operativ versorgt. Die Operation erfolgte nach CT-gestützter Planung am 4. Tag nach Trauma. Die Operationsdauer betrug im Schnitt 113 (80–162) Min., die Durchleuchtungszeit 1,5 (0,7–4,0) Min. Alle Operationswunden heilten primär. In der postoperativen Untersuchung zeigten sich keine Nerven- oder Gefäßläsionen. Eine Stufenbildung >1 mm im Azetabulumdach bzw. eine Implantatfehllage wurde im pop. CT nicht nachgewiesen. In der Nachbehandlung erfolgte ab dem 3 Monat die Vollbelastung ohne das im Nachuntersuchungszeitraum (3, 6, 12 Monate) bisher eine Revision durchgeführt werden musste. Zwei Patienten verstarben im pop. Verlauf (Tumorerkrankung, Herzversagen)
Die minimalinvasive Plattenosteosynthese stellt insbesondere mit Blick auf die Weichteile des Beckens eine schonende Alternative zu den bisher beschriebenen Zugängen dar. Unter Verwendung eines Retraktionssystems müssen bei der Frakturstabilisierung keine Kompromisse gemacht werden. Damit kann insbesondere bei geriatrischen Patienten die perioperative Morbidität deutlich vermindert werden. Klinisch / radiologisch auffällige Komplikation waren in dem nachuntersuchten Kollektiv bisher nicht nachzuweisen.