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Einfluss der direkten und indirekten Krafteinleitung auf die Fixation langer Röhrenknochen mit dem Ilizarov-Ringfixateur: eine experimentelle, biomechanische Arbeit
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Veröffentlicht: | 15. Oktober 2009 |
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Fragestellung: Die Ringfixateurbehandlung hat in der rekonstruktiven Knochenchirurgie und Deformitätenkorrektur bei schlechten Weichteilverhältnissen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Der Patientenkomfort bei der Unterschenkelmontage mit Ruckfuß/Vorfußtransfixation ist jedoch bezüglich der Vollbelastung sehr eingeschränkt. Häufig ist eine Vollbelastung nur durch eine indirekte Krafteinleitung über einen Abrollbügel möglich. Inwieweit sich die Kraftverhältnisse auf die Osteotomie/Fraktur bei indirekter Krafteinleitung verändern, ist nicht bekannt.
Methodik: Anhand von 160er vier Ringsystemen mit jeweils zwei in anatomischer Position gekreuzten 1,8er Ilizarovdrähten wurde am isoelastischen Kunstknochen (3. Generations-Tibiae Firma Sawbones mit middiaphysärer Osteotomie 3,5 mm) die direkte Knocheneinleitung (Knochen, Knochen) und die indirekte Knocheneinleitung (Knochen/Fixateur u. Knochen/Abrollbügel) in einer Universalprüfmaschine Modell 10 der Fa. UTS (Ulm) getestet. Erfasst wurden die Längenveränderungen im Bereich der Osteotomie sowie die Relativbewegungen zwischen Knochen und Fixateur. Über einen Druckaufnehmer in der Osteotomie konnten zusätzlich die Druckveränderungen gemessen werden. Durch jeweils zwei Dehnungsmessstreifen (Firma HBM) pro Draht wurden zusätzlich die Änderungen der Drahtspannung gemessen. Jeder der Versuchsaufbauten wurde zehnmal bis 100 kg (5 mm/min) getestet.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Der Osteotomieschluss erfolgte bei der direkten Krafteinleitung bei durchschnittlich 275 N. Bei der indirekten Krafteinleitung war eine signifikant höhere Kraft von durchschnittlich 730 N erforderlich, um einen Osteotomieschluss zu erzielen. Bei der direkten Krafteinleitung konnte im Vergleich zur indirekten Krafteinleitung eine signifikant höhere Osteotomiekompression erzielt werden. Bezüglich der Relativbewegungen zwischen Knochen und Fixateur fand sich bei der indirekten Krafteinleitung eine höhere Bewegungsamplitude gegenüber der direkten Krafteinleitung. Bei der indirekten Krafteinleitung waren die Drahtspannungen der Drähte im proximalen Fragment bis zum Kontakt in der Osteotomie signifikant höher als bei der direkten Einleitung.
Die indirekte Krafteinleitung beim Ilizarov-Ringfixateur führt zu einer wesentlichen Änderung der biomechanischen Kraftverhältnisse, welches zu einer Mehrbelastung der Drähte führt und somit die häufigeren Drahtbrüche erklärt. Bei Schrägosteotomien, Querbrüchen sowie Mehrfragmentbrüchen die keine Frakturkompression über den Ringfixateur zulassen, ist eine ausreichend stabile Frakturfixierung mit indirekter Krafteinleitung nicht zu erzielen.