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Biomechanische Simulation des klinischen Versagens winkelstabiler Implantate am proximalen Humerus
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Veröffentlicht: | 28. September 2006 |
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Fragestellung: Frakturen des proximalen Humerus treten bei steigender Lebenserwartung zunehmend auf und stellen aufgrund der häufig schlechten Knochenqualität der älteren Patienten eine Herausforderung für die Verankerung von Implantaten dar. Auch bei der Verwendung moderner, winkelstabiler Implantate werden typische Versagensbilder beobachtet. Ziel unserer Untersuchung war, das klinische Versagen von Implantaten für proximale Humerusfrakturen in einem dafür entwickelten Prüfstand unter dynamischen und physiologischen Belastungen zu simulieren.
Methodik: Simuliert wurde eine 3-Teile-Fraktur des proximalen, osteopenischen Humerus mit standardisierten Kunststoffblöcken, die über die Implantate miteinander verbunden und am festen Schaft fixiert waren. Der Humerus wurde im Drehzentrum des Kopfes gelagert, wobei die Muskelkräfte über die Mm. deltoideus und supraspinatus realisiert wurden. Durch einen servohydraulischen Zylinder wurde eine sinusförmige, schwellende Belastung auf den Schaft eingeleitet, die stufenweise um 5 N erhöht wurde. Abbruchkriterium war eine Migration des Kopffragmentes um mehr als 6 mm. Getestet wurden 3 Marknägel (T2-PHN, Stryker; Targon PH, Aesculap; PHN, Synthes) und 2 winkelstabile Platten (Philos, Synthes; SPS, Stryker), sowie die T-Platte, Synthes.
Ergebnisse: Bei den Platten konnte eine deutlich höhere Stabilität der winkelstabilen Verankerung im Vergleich zur T-Platte demonstriert werden. SPS und Philos erreichten das Abbruchkriterium erst bei einer Belastung von etwa 60 N. Auffallend war ein Einklappen und gleichzeitiges Aufspießen des Kopffragmentes auf die Schrauben, was klinisch eine Perforation der Schrauben in den Gelenkraum bedeuten würde. Durch die ex-zentrische Position der Platten konnte ein deutliches Schwingen während der zyklischen Belastung beobachtet werden. Bei den Nägeln konnte weder das Einklappen des Kopffragmentes, noch ein wesentliches Schwingen beobachtet werden. Ein Versagen zeigte sich durch eine Migration durch den Kopf nach kranial. Das Versagenskriterium wurde bei allen Nägeln mit Verriegelungsschrauben bei 40 N beobachtet. Die Klinge des PHN konnte die Belastungen nicht übertragen, so dass dieses Implantat bereits bei 20 N versagte.
Schlussfolgerung: Mit dem neu entwickelten Humerus-Prüfstand war es möglich, Unterschiede zwi-schen verschiedenen Implantaten festzustellen und deren klinisches Versagen nach-zustellen. In dem vereinfachten Modell fehlte die verdichtete subcorticale Spongiosa-schicht, die der Migration der Nägel entgegenwirken würde. Das gewählte Versagenskriterium war bei den Platten nur eingeschränkt aussagefähig, weil durch das Einklappen des Kopffragmentes bereits früher ein klinisches Versagen durch Perforation der Schrauben durch die Gelenkfläche auftreten würde. Es konnte gezeigt werden, dass moderne, winkelstabile Platten und Marknägel mit gekreuzten Verriegelungsschrauben die höchste Stabilität bei der Versorgung proximaler Humerusfrakturen aufwiesen.