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Aneurysmatische Knochenzyste mit Destruktion des 1. Halswirbelsäulenkörpers – Eine seltene Differentialdiagnose bei juvenilen Nackenschmerzen
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Veröffentlicht: | 28. September 2006 |
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Fragestellung: Aneurysmatische Knochenzysten werden nicht zu den klassischen bösartigen Tumoren gezählt, obwohl sie lokal destruierend als blutgefüllte reaktive Knochenläsionen imponieren. Typischerweise findet man sie in den Metaphysen der langen Röhrenknochen, aber auch jede andere Lokalisation ist möglich. 75% aller aneurysmatischen Knochenzysten treten bei den Jugendlichen unter 20 Jahren auf. Ein gehäufteres Auftreten nach erlittenem Trauma ist in der Literatur beschrieben. In der Regel reicht die Kürettage des Areals aus, ggf., je nach Größe des Defektes, in Kombination mit einer Spongiosaplastik und einer Radiatio.
Methodik: Bei einer 16-jährigen Patientin bestanden seit einem halben Jahr unspezifische progrediente Nackenschmerzen. Zunächst wurden diese symptomatisch als „Verspannungen“ behandelt. Die initial durchgeführte Röntgendiagnostik zeigte keinerlei pathologische Auffälligkeiten, nachfolgend fand sich jedoch eine komplette Destruktion des 1. HWK mit Protusion des Dens in das Foramen magnum. Des Weiteren zeigten sich beginnende druckinduzierte Osteolysen im Bereich des Dens sowie an der Schädelkalotte. Neurologische Defizite waren nicht nachweisbar.
Ergebnisse: Aufgrund der hochgradigen Instabilität führten wir eine partielle Tumorresektion mit occipitio-zervikaler Spondylodese (C0-C4) mit Beckenkammspan und zusätzlicher Cerclage durch. Im intraoperativen Situs zeigte sich, dass der Tumor das Myelon sowohl von ventral als auch dorsal komplett umgreifend infiltriert hatte. Der Epipharynx war dabei nach ventral verdrängt worden. Somit entschlossen wir uns für ein kombiniertes Vorgehen: Zunächst erfolgte eine dorsale Tumorresektion als auch die Osteosynthese mit Reposition der Densprotusion, nachfolgend dann die Radiatio zur Behandlung der ventralen Tumoranteile. Die histopathologische Aufarbeitung des Resektates (4x4x6cm) bestätigte, wie präoperativ radiologisch angenommen, die Diagnose einer aneurysmatischen Knochenzyste. 12 Wochen post operationem zeigte die Computertomografie eine vollständige Durchbauung der Spondylodese ohne Hinweise auf eine Tumorprogression. Komplikationen, insbesondere neurologische, traten nicht auf.
Schlussfolgerung: Unspezifische, nicht anderweitig erklärbare HWS-Beschwerden beim Juvenilen sollten auch die Differenzialdiagnose einer aneurysmatischen Knochenzyste berücksichtigen. Im Schrifttum ist eine Lokalisation im Bereich der HWS als Rarität beschrieben. Ob eine frühzeitigere erweiterte radiologische Diagnostik eine Diagnosefindung zu einem früheren Zeitpunkt ermöglicht hätte, lässt sich retrospektiv nicht beurteilen. Aufgrund des ausgeprägten Befundes der Patientin konnte mit der durchgeführten dorsalen Spondylodese und der postoperativen Radiatio zwar ein gutes Endergebnis erzielt werden, jedoch auf Kosten der Beweglichkeit der oberen HWS.