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Die Daumenstumpfverlängerung durch Kallusdistraktion des Os metacarpale I: eine bewährte Methode zur Funktionsverbesserung der Hand nach Daumenverlust
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Veröffentlicht: | 19. Oktober 2004 |
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Gliederung
Text
Fragestellung
Kann mit dem Verfahren der Daumenstumpfverlängerung durch Kallusdistraktion ein funktionell höherwertiger Daumenersatz geschaffen werden und welche Vor- und Nachteile bietet die Methode?
Methoden
Retrospektive Untersuchung an 25 Patienten, bei denen im Zeitraum zwischen 1993 und 2003 eine Daumenstumpfverlängerung durch MC-I-Kallusdistraktion vorgenommen wurde.
Ergebnisse
In der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie der Fr.-Schiller-Universität Jena wurden in der Zeit von 1993 bis 2003 25 Daumenstumpfverlängerungen durch Kallusdistraktion des 1. Mittelhandknochens durchgeführt. Ursache der Verkürzung des ersten Fingerstrahles waren in 24 Fällen Amputationen im Rahmen von Einzel- oder komplexen Handverletzungen mit und ohne vorausgegangenen Replantationsversuchen, in einem Fall lag eine Daumenamelie vor. Dem Patientenkollektiv gehörten 24 Männer im Alter von 18-70 Jahren sowie 1 Frau im Alter von 34 Jahren an. Als Distraktoren wurden externe Minifixateure verwendet, 17 mal der V-förmig platzierte JenaMiniFix° und 8 mal der unilaterale Orthofix°. Bei 10 Patienten wurde die Kallusdistraktion nach der klassischen Vorgehensweise mit Abwarten der spontanen Kallushärtung bei liegendem Fixateur, bei den übrigen Patienten mit Transposition eines entsprechend dimensionierten kortikospongiösen Spanes in die Verlängerungsstrecke abgeschlossen. Durch die letztere Methode konnten die Liegedauer des Fixateurs um 50% und die Gesamtbehandlungszeit pro Einheit Verlängerungsstrecke um 25% verkürzt werden. Die durchschnittliche Verlängerungsstrecke des MC-I lag bei 2,9 cm (2,0 - 4,0 cm).
Als Komplikationen traten 2 mal inkomplette Kortikotomien, 2 mal Pininfektionen, 4 mal aseptischen Pinlockerungen und 5 mal Regeneratversagen auf. Keine dieser Komplikationen führte aber zum Abbruch der Verlängerungsbehandlung.
Zur Beurteilung der funktionellen Outcomes wurde der DASH-Score ermittelt, wobei bei 11 Patienten eine vergleichende Aussage zwischen der Situation vor und nach der Daumenverlängerung möglich war. Bei dieser Patientengruppe wurde eine Verbessung des DASH-Wertes um durchschnittlich 24% gesehen.
Schlussfolgerungen
Die Kallusdistraktion zur Daumenstumpfverlängerung ist ein bewährtes, technisch einfaches und komplikationsarmes Verfahren zur Daumenrekonstruktion, welches regelmäßig zu deutlichen Funktionsverbesserungen an der betroffenen Hand führt. Die entscheidenden Vorteile gegenüber anderen Verfahren zur Daumenrekonstruktion (Pollizisation, Zehentransfer) sehen wir im Verzicht auf Opferung intakter Finger oder Zehen, dem Kraftgewinn des Daumens mit stabilem Gegengriff für die Langfinger sowie der sofortigen und garantierten Stumpfsensibilität. Als Nachteile sind die lange Gesamtbehandlungszeit, die Gefahr von Pininfektionen sowie die kosmetisch inoptimale Situation zu benennen.