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Scapulothorakale Dissoziation: eine Kasuistik
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Veröffentlicht: | 19. Oktober 2004 |
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Gliederung
Text
Fragestellung
Bei der scapulothorakalen Dissoziation (SD) handelt es sich um eine komplexe Verletzung des Schultergürtels. Gewöhnlich tritt dieses Verletzungsmuster, das mit muskuloskeletalen und neurovaskulären Schädigungen einhergeht, bei Hochrasanztraumen auf. So sind die betroffenen Patienten nicht selten polytraumatisiert. In der Literatur wird die SD als 'komplette Separation der Scapula und der oberen Extremität von der Thoraxapertur' beschrieben. Typischerweise ist die Scapula dabei, bedingt druch eine Sprengung des AC-Gelenkes oder durch eine frakturierte Clavicula sowie durch Ruptur der Schultergürtelmuskulatur, nach lateral disloziert. Die muskuloskeletale Komponente wird meistens von einer Verletzung der A. subclavia bzw. axillaris und des Plexus brachialis begleitet. In der Literatur sind verschiedene Behandlungskonzepte beschrieben: 1. konservative Behandlung, 2. Amputation proximal des Ellbogengelenks und späterer prothetischer Versorgung, 3. operative Rekonstruktion der verletzten Strukturen. Für letzeres insbesondere für die Rekonstruktion des Schultergürtels ist kein Standard bekannt und es gibt nur vereinzelte Berichte über Rehabilitationsergebnisse nach osteosynthetischer Versorgung. Wir berichten über einen osteosynthetisch versorgten Patienten mit einer SD und ipsilateraler Oberarmschaftfraktur sowie über das Rehabilitationsergebnis und stellen diesem Ergebnisse aus der Literatur gegenüber.
Methoden
Vorstellung einer Kasuistik einer SD und Ausblick auf Literaturergebnisse.
Ergebnisse
Wir schildern einen Fall eines jungen Mannes mit einer SD nach Verkehrsunfall, der mit einer osteosynthetischen Refixation der rechten oberen Extremität versorgt wurde. Durch intensive Rehabilitationsmaßnahmen konnte bei einem inkompletten Plexusschäden eine Restfunktion der rechten Hand sowie eine Selbständigkeit im Alltag durch vermehrtes Training der linken Hand erreicht werden. Die Recherche der Literatur zeigt einige Fälle mit Erhalt der Extremität und Zurückerlangen einer gewissen Funktion. In 21% der Fälle wurde eine primäre Amputation durchgeführt. Daten zur Entscheidung einer nachträglichen Amputation durch Patienten, die mit der beeinträchtigten Extremität nicht zurechtkamen, liegen nicht vor. Die Entscheidung für ein Behandlungskonzept sollte anhand klinischer und elektromyographischer Untersuchungen sowie bildgebender Diagnostik gefällt werden.
Schlussfolgerungen
Die SD ist eine komplexe Verletzung, deren outcome durch die Schädigung des Plexus brachialis bestimmt wird. Aufgrund vorhandener schwerwiegender Begleitverletzungen ist eine Vollständigkeit der empfohlenen Diagnostik, die zur Entscheidung für oder gegen den Erhalt der Extremität notwendig wäre, nicht immer initial realisierbar. Bei der Endgültigkeit einer möglichen Amputation, wenn sie nicht aus vitaler Indikation durchgeführt werden muß, sollte die Extremität bis zur Vervollständigung der Diagnostik und Miteinbeziehung des Patienten in den Entscheidungsprozess, durch eine temporäre Refixation mittels Fixateur externe erhalten werden.