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Einsatz eines multifunktionalen bildgestützen Interventionsraumes (MBI) im Schockraum-Management potentiell Schwerverletzter: Lernkurve interdisziplinärer „team performance“
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Veröffentlicht: | 19. Oktober 2004 |
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Gliederung
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Fragestellung
Der multifunktionale bildgestütze Interventionsraum (MBI) stellt einen kombinierten OP- und Diagnostikraum mit CT- und Angiographieeinheit sowie kombiniertem Transport-, OP- und Diagnostiktisch dar. Ziel seines Einsatzes bei V.a. Polytrauma ist die Beschleunigung und Verbesserung des notfallmässigen Abklärungs- und Therapieablaufs. Diese intensivierte Behandlung erfordert allerdings einen erheblichen Schulungs- und Kooperationsbedarf aller Mitwirkenden. Mit einer standardisierten Bewertung der "team performance" durch die beteiligten Notfallteammitglieder vor und nach Einführung des MBI eruierten wir deren Beurteilung und allfällige Verbesserungsmöglichkeiten.
Methoden
Konsekutive anonyme schriftliche Befragung (15 Fragen, Likert- Skala 1-5) der involvierten klinischen Mitarbeitenden aller Schockraumeinsätze mit V.a. Mehrfachverletzung von Juli 2002 - Dezember 2003 (Anova; Regressionsanalyse, p<0.05).
Ergebnisse
Bei 171 Schockraumeinsätzen (81% mit ISS>15; 46 MBI, 125 konventionell) retournierten 884 Mitarbeitende (=5.2 pro Einzelsituation) den Antwortbogen: 25% Chirurgie, 20% Anästhesie, 18% Radiologie, 16% Notfallpflege, 21% übrige. 2/3 aller Leitenden/Oberärzte hatten eine ATLS- Ausbildung absolviert vs.1/3 aller Assistenzärzte (p<0.001). Insgesamt am besten beurteilt wurden die Fragebereiche "Verantwortung bzw. Kommunikation im eigenen Fachgebiet" mit 4.6 bzw. 4.4 (Likert). Am meisten kritisiert wurde das "Zeitmanagement", welches nur 2/3 aller Antwortenden als gut oder ausgezeichnet einstuften, sowie "Abläufe im Gesamtteam", "Technikintegration" und "eigene Zufriedenheit" (<4 Likert). Obwohl sich die verschiedenen Fachdisziplinen in der Beurteilung einzelner Fragebereiche teilweise signifikant unterschieden (z.B. "Abläufe im Gesamtteam", p<0.001), fand sich bzgl. "Behandlungsqualität durch Gesamtteam" kein Unterschied. Zu unserer Ueberraschung wurden die MBI- Fälle durchschnittlich in den meisten Fragebereiche tendenziell eher schlechter eingestuft als die konventionellen Schockraumfälle. Die Regressionsanalyse bzgl. zeitlichem Verlauf zeigte den Grund dafür: Trotz intensiver Schulungsmassnahmen vor und zu Beginn der MBI- Einführung im Notfallmanagement wurden die ersten Einsätze mehrheitlich deutlich schlechter beurteilt. Im weiteren Verlauf fand sich jedoch ein signifikante stetige Verbesserung der Beurteilung, welche etwa beim 50. Einsatz die Qualitätsstufe konventionellen Schockraum- Managements erreichte und seither dieses übertrifft (zB. "Abläufe im Gesamtteam" oder "alle erforderlichen technischen Mittel vorhanden", p<0.001).
Schlussfolgerungen
Neben klinischen outcome- Parametern kann eine standardisierte Befragung der involvierten Mitarbeitenden auch im Notfallmanagement ein kritisches Messinstrumentarium der Qualitätskontrolle darstellen. Die Bedeutung von Einarbeitung und Training, d.h. konsequenter interdisziplinärer Schulungen ‚vor Ort’, möglichst mit Simulationscharakter, kann auch für Innovationen in der Schwerverletzenversorgung nicht genug betont werden.