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Assoziation von IL-6 und IL-10 Plasmaspiegel mit der 90 Tage Letalität und Multiorgandysfunktionssyndrom nach Polytrauma. Eine systematische Analyse prospektiv erhobener Daten
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Veröffentlicht: | 11. November 2003 |
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Fragestellung
Studien der letzten Jahre zeigen die Bedeutung der immunologischen Dysregulation für die Entwicklung von Komplikationen nach einem Polytrauma. Verschiedene Zytokine sind bereits kurz nach einem Trauma in deutlich erhöhter Konzentration im Plasma nachweisbar. In dieser prospektiven Studie wird überprüft welchen prädiktiven Wert zu welchem Zeitpunkt in der Frühphase nach Polytrauma das proinflammatorische IL-6 und das antiinflammatorische IL-10 und ihre Ratio für die 90-Tage-Letalität und die Inzidenz eines Multiorgandysfunktionssyndroms haben.
Methoden
In diese Studie an einem Level I Traumazentrum wurden konsekutive Patienten eingeschlossen, die die Definition eines Polytrauma nach Tscherne erfüllen und einen ISS≥16 aufwiesen. Die IL-6 und IL-10 Plasmakonzentrationen wurden initial nach Aufnahme, 6h, 12h und 18h nach Aufnahme auf die Intensivstation und an Tag 2 und Tag 5 bestimmt. Die IL-6 Konzentration wurde mittels eines Chemilumineszenz Immunoassays (Immulite®, DPC Biermann) und die des IL-10 mittels ELISA bestimmt. Die statistische Assoziation der Zytokinspiegel, ihre Ratio und die Veränderung zwischen 2 Zeitpunkten mit den Komplikationen wurde mit dem Mann Whitney U-Test getestet und mit dem Verfahren der receiver operator characteristic (ROC-Analyse) mit 95% Konfidenzintervall auf ihre diskriminatorische Effektivität untersucht.
Ergebnisse
Insgesamt konnten 145 Patienten (111 Männer, mittl. Alter 34,0±SD 17,1 Jahre) eingeschlossen werden. Der mittlere ISS bzw. APACHE II betrug bei Einlieferung 37,6±13,2 bzw. 20,6±5,2. Die IL-6 und IL-10 Konzentrationen im Plasma waren bereits bei Einlieferung deutlich erhöht (IL-6: 409±SEM 60 pg/ml; IL10: 310± SEM 30 pg/ml). Es verstarben 23,4% der Patienten. Ein MODS entwickelte sich bei 27 Patienten. Zu verschiedenen Zeitpunkten waren hohe Zytokinspiegel mit Komplikationen assoziiert. Die Ratio IL-6/ IL-10 zeigte keine signifikante Assoziation. Die Differenz der IL-6 Spiegel zwischen 6 und 12h nach ITS Einlieferung zeigte die höchste diskriminatorische Effektivität (Fläche unter der ROC-Kurve (AUC): 0.84 (95% KI 0,74-0,94) p-Wert: <0,0001). Für das MODS waren die IL-10 Spiegel bei 6h am signifikantesten unterschieden (AUC: 0.81 (95% KI 0,71-0,91) p-Wert: <0,0001). Die Plasmakonzentrationen die als Schwellenwert eine annähernd gleich große Sensitivität und Spezifität zeigen variieren deutlich im zeitlichen Verlauf.
Schlussfolgerungen
Frühe IL-6 oder IL-10 Bestimmungen lassen sich bei guter Diskriminanz zur Prädiktion von Komplikationen nach Polytrauma einsetzen. Das Verhältnis der pro- zur antiinflammatorischen Komponente zeigt keine statistische signifikante Assoziation zur Letalität und MODS. Die Festlegung eines fixen Schwellenwertes zur Prädiktion der Komplikationen erscheint nicht sinnvoll. Er muss in zeitlicher Relation zum Trauma bestimmt werden.