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Alter und Überlebenswahrscheinlichkeit nach Polytrauma- Local Tailoring des DGU-Prognosemodells
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Veröffentlicht: | 11. November 2003 |
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Fragestellung
Alter stellt einen von fünf auf der Basis von Daten des Traumaregisters der DGU als unabhängig herausgearbeiteten Prognosefaktor dar. Wir stellten die Frage, ob das vorgeschlagene Prognosemodell eine ähnlich gute Vorhersagekraft im eigenen Patientengut besitzt. Es wurde zudem untersucht, ob sich das Alter oder vielmehr die altersbedingte Comorbidität prognostisch ungünstig auswirkt.
Methoden
Als Datenbasis dienten die in unserem Zentrum im Rahmen des DGU-Polytraumaregisters prospektiv erfassten Daten von 103 polytraumatisierten Patienten (67 Männer, 36 Frauen, mittl. Alter 35,4 ± SD 19,0 Jahre, ISS 36,8 ± 10,9). Anhand von 38 miterfassten Nebenerkrankungen (u.a. Diabetes, KHK, COPD) erfolgte eine Risikoabschätzung anhand der ASA-Klassifikation. Die Rangkorrelation zwischen Alter und ASA wurde nach Pearson ermittelt. Mittels logistischer Regression wurden die prognostische Vorhersagekraft des Originalmodells im eigenen Patientengut mit und ohne ASA-Klassifikation, evtl. Interaktionen und diskriminatorische Modellfähigkeiten überprüft.
Ergebnisse
Die attributable Mortalität lag bei 31,7% (95% KI 22,7-41,7%). Um das Problem eines "overfitting" bei kleinen Ereignisraten zu vermeiden, wurden maximal vier klinisch messbare Variablen (drei Variablen des Originalmodells [Alter, ISS, GCS] + ASA) in das finale logistische Modell aufgenommen; base excess und Quick wurden hier nicht berücksichtigt. Die Exponenten der beta-Koeffizienten (=Odds Ratios, OR) des Originalmodells waren im eigenen Krankengut nahezu identisch zu reproduzieren (OR: Alter 1,03 [95% KI 0,99-1,05], ISS 1,07 [95% KI 1,02-1,13], GCS 0,82 [95% KI 0,73-0,93]). Dies galt jedoch nur für die Frühletalität; wurden Patienten mit einer Überlebenszeit =4 Tagen ausgeschlossen, stellte das Alter im Gegensatz zu den robusten Scores ISS und GCS keinen unabhängigen prognostischen Parameter mehr dar. Die diskriminatorische Effektivität des Modells war im eigenen Patientengut geringer als im DGU-Datensatz (Fläche unter der ROC-Kurve: 0,66 versus 0,90). Wir fanden eine hochsignifikante Korrelation zwischen Alter und ASA-Schweregrad (rho=0,60, p<0,0001). Eine Sensitivitätsanalyse für einzelne Erkrankungen war aufgrund der Fallzahl nicht möglich. Im Prognosemodell konnten jedoch weder 1) eine Dosis-Wirkungsbeziehung (durch Dummy-Codierung der ASA-Klassen), 2) eine Beeinflussung der Modellstabilität durch einen Interaktionsterm (ASA*Alter) noch 3) ein Informationsgewinn durch die zusätzliche Aufnahme der ASA-Klassifizierung nachgewiesen werden (Bayes-Informationskriterium: 72,7 versus 74,5).
Schlussfolgerungen
Das vorgeschlagene Prognosemodell auf der Basis multizentrisch gewonnener Daten lässt sich mit geringen diskriminatorischen Einbußen auf die Ebene des einzelnen Zentrums übertragen. Hierbei scheint das Alter unabhängig von der Altersmorbidität prognostische Bedeutung zu besitzen.