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67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
89. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
44. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie

11. bis 16.11.2003, Messe/ICC Berlin

Wie sinnvoll ist die Einrichtung einer ambulanten Operationseinheit an einer universitären unfallchirurgischen Abteilung?

Kurzbeitrag (DGU 2003)

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  • corresponding author Michael A. Scherer - Abteilung für Unfallchirurgie der Chirurgischen Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Ismaningerstr.22, 81675 München

Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie. 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 89. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 44. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 11.-16.11.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. Doc03dguA22-6

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgu2003/03dgu0142.shtml

Veröffentlicht: 11. November 2003

© 2003 Scherer.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Text

Die Überschrift birgt nach unfallchirurgischem Selbstverständnis bereits in sich einen Widerspruch: "ambulante Operationen" an einer universitären unfallchirurgischen Einrichtung? Warum ? Zu welchem Zweck ? Was sind die strukturimmanenten Hindernisse, wie groß sind die Schwierigkeiten beim Implementieren ambulanter Operationen, was die resultierenden Probleme?

Am Anfang stehen also mehr Fragezeichen, als einem lieb ist.

Zur besseren Strukturierung sollen die Einzelfragen in fünf Blöcken beantwortet werden:

1)Erfahrungen am Klinikum rechts der Isar

2)vorgeschriebener ambulanter Operationskatalog

3)Ausbildungs- und Lehrfunktion

4)Qualitäts-Management

5)Kostenstruktur

6)Netzwerkbildung ambulant / stationär

ad 1) Eigene Erfahrungen

Nachdem sich von der gesundheitspolitischen Seite her die Notwendigkeit zur Schaffung der Voraussetzungen für ambulantes Operieren ergab, wurde am Klinikum rechts der Isar im Jahre 2001 ein Zentrum für ambulante Chirurgie (ZAC) völlig neu gebaut und 2002 in Betrieb genommen.

Das ZAC steht sowohl der viszeralchirurgischen Kernklinik als auch den der Unfall- und Gefäßchirurgie zur Verfügung. Im Jahre 2002 wurden annähernd 1000 Eingriffe durchgeführt [Abb. 1], wobei die eigentlich unfallchirurgischen Operationen nur 10%, unter Einbeziehung der Handchirurgie ein knappes Drittel aller Eingriffe ausmachen.

Unter den unfallchirurgischen Eingriffen war nur bei einem Patienten die stationäre Aufnahme aus Patientenspezifischen, persönlichen Gründen erforderlich, in allen anderen Fällen verliessen die Patienten innerhalb von ein bis vier Stunden postoperativ die Einheit.

Wenn die in Tabelle 1 [Abb. 1] angegebenen einhundert unfallchirurgischen Eingriffe näher aufgeschlüsselt werden, zeigt sich, dass davon wieder nur die Hälfte "echte" ambulante Operationen nach Art und Aufwand darstellen, also beispielsweise die Metallentfernung einer 4-Loch-Drittelrohrplatte vom Aussenknöchel.

Der Rest bezieht sich auf Eingriffe der kleinsten Größenordnung wie Entfernung von Stellschrauben (GO 2361), Dynamisieren von Unterschenkelmarknägeln oder Entfernung von Spickdrähten nach Radius-Osteosynthesen, die bis dato im Rahmen der Sprechstunde durchgeführt wurden. Bei einem Teil der Patienten wird also der Aufwand größer, die Effizienz und die Effektivität potentiell niedriger als beim status quo ante.

ad 2) ambulanter Operationskatalog

Die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben aufgrund des in § 115b SGB V enthaltenen Auftrages einen Vertrag geschlossen, der der Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen zur Durchführung ambulanter Operationen und stationsersetzender Eingriffe im niedergelassenen Bereich und im Krankenhaus und der Förderung der Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Kollegen und dem Krankenhaus dienen soll. Der Vertrag ist im Internet als pdf.file beispielsweise unter www.aerzteblatt.de/ambulantes_operieren abrufbar.

Im Anhang dieses Vertrages werden unter den Abschnitten N III bis N V Operationen der „Extremitätenchirurgie", der „Knochenchirurgie", der „Gelenkchirurgie" und unter N X Prozeduren im Rahmen von „orthopädisch-chirurgisch konservativen Leistungen" subsummiert. Dieser Katalog differenziert sich in Eingriffe, die in der Regel ambulant durchzuführen sind (mit einem Sternchen gekennzeichnet), und in solche, die ambulant durchführbar sind. Der für die tägliche praktische Tätigkeit wichtige Hauptunterschied zwischen diesen beiden Kategorien besteht darin, dass bei der stationären Erbringung von „Sterncheneingriffen" die unten angeführten Tatbestände aus dem AEP-Katalog erfüllt sein müssen. Das bedeutet eine Beweislastumkehr: Um eine Vergütung zu erzielen, muss der Arzt gegenüber dem Kostenträger schriftlich begründen, warum der Eingriff nicht ambulant erbracht wurde. In Tabelle 2 [Abb. 2] findet sich eine Auswahl von häufigen Eingriffen aus beiden Kategorien.

Die Erstellungskriterien für die Auswahl bestimmter Prozeduren auch unter dem neuen, ab 01.01.2004 gültigen ambulanten Katalog, scheinen dem in der klinischen deutschen Praxis verhafteten Chirurgen nicht immer einsichtig: Die ambulante Einrichtung eines gebrochenen Beckens oder des Oberschenkelknochens gehört eher in die Kategorie "absurdes Theater" (GO 2320), gleiches gilt für die ambulante Einrenkung der Luxation des Kniegelenkes (GO 2405), oder die ambulante operative Einrenkung der Luxation eines Hand- oder Fußgelenkes (GO 2411). Einige medizinische Ungereimtheiten beruhen wohl partiell auf dem Abrechnungsverhalten ambulant tätiger Chirurgen, zu nennen ist hier die Synovektomie in einem Schulter-, Ellenbogen oder Kniegelenk (GO 2442), die lege artis durchgeführt ein hohes Risiko aufweist und meines Erachtens aber auch rein garnichts unter der Rubrik "ambulant" zu suchen hat.

Auf der anderen Seite wird im Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V in § 2 Abs. 3 betont, dass "... aus dem als Anlage 1 beigefügten Katalog ... nicht die Verpflichtung hergeleitet werden (kann, A.d.V.), dass die dort aufgeführten Eingriffe ausschliesslich ambulant zu erbringen sind. Der Arzt ist verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen ob Art und Schwere des Eingriffs ... die ambulante Durchführung der Operation ... erlauben. Zugleich muß er sich vergewissern und dafür Sorge tragen, dass der Patient nach Entlassung ... ärztlich als ggf. auch pflegerisch ... versorgt wird. Die Entscheidung ist zu dokumentieren."

Soll oder muß also ein Eingriff aus diesem Katalog unter stationären Bedingungen abrechnungsfähig erbracht werden, gibt es dafür als Grundlage die Kriterien der Anlage 2 zum Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V. Danach kann ein AEP-Bogen (Appropriatness Evaluation Protocoll) für den individuellen Patienten erstellt werden. Fällt der Patient unter mindestens eines der genannten Kriterien und ist dieses dokumentiert, ist der Eingriff stationär durchführbar und vom Kostenträger zu erstatten. In der Anlage 2 wird nach allgemeinen individuellen Tatbeständen (A) und morbiditäts-/diagnosebedingten allgemeinen Tatbeständen (B) unterschieden:

A Fehlende Sicherstellung der Versorgung des Patienten im familiären und häuslichen Umfeld

A1fehlende Kommunikationsmöglichkeit (p.op. Komplikationen), da der Patient alleine lebt

oder kein Telephon erreichen kann

A2fehlende Sicherstellung der sachgerechte Versorgung im Haushalt des Patienten

A3keine Transportmöglichkeit, große Entfernung zu Nothelfern

A4mangelnde Einsichtsfähigkeit des Patienten

A5stationäre Behandlung auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten - Ablehnung des

ambulanten Behandlungsverfahrens

B Morbiditäts-/diagnosebedingte allgemeine Tatbestände

B1Atmung - signifikant pathologische Lungenfunktionsparameter

B1afunktionelle Vitalkapazität (FVC) von < 1 l

B1bexspiratorische Einsekundenkapazität (FEV1) von < 50%

B1carterieller pCO2 > 50 mmHg

B1darterieller pO2 < 50 mmHg

B1eklinisch relevantes Apnoe-Syndrom

B2Erkrankungen des Blutes und des Gerinnungssystems

B2aOperations-relevante Gerinnungsstörungen

B2bOperations-relevante, therapiepflichtige Blutkrankheiten

B2cakute oder neu diagnostizierte, therapiewürdige Anämie (Transfusion/Ätiologie)

B3Herz-Kreislauferkrankungen

B3amanifeste Angina pectoris (NYHA III/IV)

B3bmanifeste Herzinsuffizinez (NYHA III/IV)

B3cMaligne Hyperthermie in der Familien- oder Eigenanamnese

B3dV.a. manifesten oder kürzlich abgelaufenen Myocardinfarkt

B3emanifester Insult

B3ftransitorische ischämische Attacke (TIA / PRIND)

B4Patienten, bei denen eine besonders überwachungspflichtige Behandlung für die folgenden

Erkrankungen dokumentiert ist (i.d.R. mehr als 8 Stunden nach dem Eingriff)

B4aendokrine Krankheitsbilder (Diabetes, M. Addison, Thyreotoxikose etc)

B4bBluthochdruck

B4cbronchospastische Lungenerkrankungen

B4dApoplex und / oder Herzinfarkt

B4e Dialyse-Patient

B4fsonstige Gründe (ausführliche Dokumentation)

B5Kritischer metabolischer Zustand

B5anicht abgeklärter oder eingestellter Diabetes mellitus (BZ > 200 mg%)

B5bschwere oder neu aufgetretene Anämie

B5cschwere Leberfunktionsstörung

B5dnarkoserelevante Hyperthyreose oder nicht ausgeglichene Hypothyreose

B5enarkoserelevante Elektrolytstörungen

B6Narkose- oder Operationsrelevanter kritischer mentaler Zustand

B6aneu aufgetretener Verwirrtheitszustand oder Koma

B6bUnvermögen des Patienten, die präoperative Aufklärung zum Zwecke seiner Einverständniserklärung zu verstehen

B6cUnvermögen des Patienten, notwendige postoperative Verhaltensmassnahmen zu verstehen

B7ungeklärtes Anfallsleiden

B8 bedrohliche allgemeine Infektion, anhaltendes Fieber

B9Schwere der Erkrankung

B9aakute Lähmung

B9bakuter Sehverlust

B9cakuter Hörverlust

B9dakute Blutung

B10Notwendigkeit intensiver postoperativer Betreuung

B10aAmputation

B10bgefäßchirurgische Operationen

B10cEinsatz von stabilisierenden Implantaten

B10dEinsatz von Drainagen mit kontinuierlicher Funktionskontrolle

B10ekontinuierliche intravenöse Infusion / Medikamentengabe

B10fintensivmedizinische Überwachung

B10gkontinuierliche assistierte oder kontrollierte Beatmung

B10handere akute Funktionsstörungen einzelner Organsysteme

B10igegenüber dem Regelfall sehr komplexe Eingriffe

B11besondere Umstände

B11aPolymorbidität (Dokumentation)

B11bEingriff außerhalb des aktuellen Kataloges für ambulante Operationen

ad 3) Ausbildungs- und Lehrfunktion

Neben dem gesundheitspolitischen Druck kann ein Argument für die Einrichtung einer Einheit für ambulante Chirurgie die Ausbildungs- und Lehrfunktion für chirurgische Assistenten sein. Mit ambulanter Chirurgie wie Herniotomien könnte ein Feld zum Erlernen des chirurgischen Handwerks bestellt werden, auch die Entfernung von Kirschner-Drähten oder Stellschrauben stellt für den chirurgischen Anfänger eine Herausforderung dar.

Diese Rechnung geht aber nicht auf:

·Kein Patient toleriert es mitzuhören, dass sein Operateur immer wieder gewarnt wird, da und dort nicht hineinzuschneiden, doch aufzupassen, nicht so lange zu brauchen ....

·Kein Op-Programm toleriert es, dass ein Anfänger die Leistenhernie in 90 Minuten, der Erfahrene den gleichen Eingriff in 45 Minuten durchführt.

Ambulante Operationen am wachen Patienten sind Operationen für den Besten, zumindest für den (unfall-)chirurgischen Profi. Professionalität muss hierbei nicht nur auf der ärztlichen, sondern auch auf der pflegerischen Seite gegeben sein, um ein Höchstmaß an Effektivität und Effizienz zu erreichen.

ad 4) Ressourcen-/Qualitätsmanagement

Aus kostentechnischer Sicht ist ein typischer Fehler die komplette Übernahme von Qualitäts-Standards für Erstoperationen auch für die kleinste Implantatentfernung: Anstelle eines Lochtuchs, Minimalinstrumentariums und einem Schraubenzieher vollständige Abdeckung mit sterilem Plastikabklebung, kompletter, doppelter Abdeckung des gesamten Patienten und Implantatentfernungs-Instrumentenset. Aus forensischer Sicht ist die ungeprüfte Änderung (Erniedrigung der Anforderungen) von Hygienestandards, so sie denn überhaupt schriftlich fixiert sind, allein zur Optimierung der Resourcen-Utilisation allerdings fragwürdig.

ad 5) Kostenstruktur

Die Kostenstruktur wird überwiegend durch Zahl und Qualifikation des Personalstammes bestimmt: Im Falle des ZAC am Klinikum rechts der Isar sind dies eine BAT Ia, eine BAT II, eine BAT II 1/2-Stelle ärztlicherseits, eine KR V-Stelle und vier Stellen KR Va und KR VI.

Belastend für die ambulante Chirurgie sind die vergleichsweise hohen Overhead-Kosten (Sterilisation, Op-Verwaltung, Implantate, Lagerhaltung, Bestellwesen, allgemeine Verwaltung, Buchhaltung u.a.), die die Einrichtungen eines Universitätsklinikums zu tragen haben. Sie sind der Hauptgrund dafür, das ein ambulantes Zentrum im Vergleich zu den niedergelassenen Kollegen nicht konkurrenzfähig ist.

Ein ambulante Versorgungsstruktur, die in Konkurrenz zu den niedergelassenen Kollegen effektiv arbeiten kann, lässt sich nur als Satellitenlösung neben dem Budget der Gesamtabteilung wirtschaftlich sicher und kalkulierbar führen. Die Kostentransparenz steht dann gestützt von einer fachärztlich spezifizierten Leistungsstruktur, der Leistungsträger sollte dabei in allen ärztlichen Belangen weitestgehend Weisungs-ungebunden sein. Dies bezieht sich in erster Linie auf die Auswahlkompetenz welche Krankheitsbilder wann aquiriert und versorgt wreden sollen (Schwerpunktbildung)

ad 6) Netzwerkbildung

Der Vertrag nach § 115b gibt in der Präambel unter dem Absatz Grundsätze als Ziel an, "... zur Vermeidung nicht notwendiger vollstationärer Krankenhausbehandlung ... die Kooperation zwischen niedergelassenem Bereich und Krankenhausbereich zu verbessern, ..." Die ambulante unfallchirurgische Versorgung kann diesen Synergieeffekt nur andeutungsweise erreichen. In KV-Bezirken, in denen eine Unterversorgung mit Fachärzten besteht, die operativ tätig sein können, erleichtern ambulante Metallentfernungen beim Erstoperateur den Ablauf für Patienten und behandlenden Hausarzt. Die gerade geschilderte Situation wird aber eher selten anzutreffen sein und trifft für die Ballungsräume, in denen sich Universitätsklinika befinden, sicherlich nicht zu.

Ambulante "unfallchirurgische" Eingriffe an einem Universitätsklinikum dürften in der Regel kontraproduktiv zur Netzwerkbildung sein, weil die finanzielle Einbindung des niedergelassenen Chiurgen nicht stattfindet. Eine Konkurrenzsituation zwischen niedergelassenen Unfallchirurgen und D-Ärzten mit der Klinik kann in niemanden Interesse liegen. Die notwendige und vom Gesetzgeber geforderte mindestens 24- besser 48-stündige Karenzzeit zwischen Operationsaufklärung und Durchführung des Eingriffes erzwingt die Einrichtung von fachspezifischen Ambulanzen an der Klinik. Diese Ambulanzen wären aber dann keine universitären Spezialambulanzen, sondern "Ambulanzen für kleine Chirurgie" und sie überlappen - wenn diese Ambulanzen vom universitären Chirurgen betrieben werden - vollständig den Versorgungsbereich niedergelassener (Unfall-)Chirurgen.

Ausblick

Der "Megatrend" der integrierten Versorgung läßt sich gerade in der Unfallchirurgie schwer abbilden. Die Unfallchirurgie lebt systemimmanent vom Notfall, eo ipso der "nicht-Planbarkeit" eines Großteils der Patientenströme. Der Sicherstellungsauftrag gerade im Hinblick auf die demographischen Probleme der Überalterung, der im DRG bisher teilweise ungenügend abgebildeten Frakturen des distalen Radius, des proximalen Humerus, des proximalen Femur und der distalen Tibia beim multimorbiden, komplikationsträchtigen Patienten zwingen uns zur überwiegenden Routinetätigkeit. Planbare Spezialleistungen, die risikoarm ambulant durchführbar sind wie Kniegelenkschirurgie, Hand- und Fußchirurgie, können nur in Konkurrenz zur Orthopädie aufgebaut, ausgeweitet und gehalten werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die angestrebte Fusion oder doch Annäherung zwischen Unfallchirurgie und operativer Orthopädie wünschenswert.

Die ideale Lösungsmöglichkeit gibt es sicher nicht, zu widerstrebend sind die Interessen der Kostenträger, der Leistungserbringer und nicht zuletzt auch der Patienten.

Ambulantes Operieren wird sich nach meiner Auffassung als Kompromiss zwischen Klinik, niedergelassenem Arzt und Kostenträger am besten in Form von Ambulatorien, die in Klinika eingebunden sind und mit niedergelassenen Kollegen, die einen Nutzungsvertrag unterschrieben haben, darstellen. Komplikationen können dann sofort vor Ort aufgefangen und unter anderer Kostenstelle behandelt werden. Alternativ werden sich kleine Klinika bilden oder bestehende umgewandelt werden, die einen beschränkten Sicherstellungsauftrag für kleine Verletzungen haben, und sich von profitablen ambulanten unfallchirurgisch-orthopädischen Eingriffen alimentieren: Meniskus-, Hand- und teilweise Fußchirurgie. Nur unter diesen letztgenannten Bedingungen wird sich die ambulante "Unfallchirurgie" rechnen und planbar sein.

Ambulante genuine Unfallchirurgie, explizit Handchirurgie, Fußchirurgie und die kleinen arthroskopischen Eingriffe ausgenommen, ist an einer Universitätsklinik nicht gut platziert und, um die eingangs gestellte Frage zu beantworten, nicht sinnvoll:

-die Personaldecke ist zu dünn, die Overhead-Kosten erdrückend und damit die Kostenstruktur ist nicht konkurrenzfähig

-das Operationsspektrum anders gelagert

-ambulante Operationen bieten nicht die erwünschte Ausbildungsfunktion

-Qualitätsmanagement, das über die Prozessqualität hinausgeht, erfordert eine Zusatzambulanz

-die ambulante universitäre Unfallchirurgie ist kontraproduktiv zur Netzwerkbildung

An den ab 1. Januar effektiven gesetzlich Bestimmungen ist aber nicht mehr zu rütteln: durch Optimierung der Kostenstruktur, Lenkung der Patientenströme und Selektionierung der Krankheitsbilder muss jede Einrichtung die bestmögliche Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben anstreben und dem Wohl des Patienten dienen.


Acknowledgements

Der Autor dankt den Kollegen Hermann Greiner, Volker Seib und Martin Siess für die kritische und konstruktive Durchsicht des Manuskriptes.