gms | German Medical Science

44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie, 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie

31.08. - 03.09.2016, Frankfurt am Main

Der besondere Fall: Eine therapierefraktäre Polymyositis?

Meeting Abstract

  • Johanna Mucke - Poliklinik, Funktionsbereich & Hiller Forschungszentrum für Rheumatologie, UKD, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
  • Gamal Chehab - Poliklinik, Funktionsbereich & Hiller Forschungszentrum für Rheumatologie, UKD, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
  • Jutta Richter - Poliklinik, Funktionsbereich & Hiller Forschungszentrum für Rheumatologie, UKD, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
  • Oliver Sander - Poliklinik, Funktionsbereich & Hiller Forschungszentrum für Rheumatologie, UKD, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
  • Rebecca Fischer-Betz - Poliklinik, Funktionsbereich & Hiller Forschungszentrum für Rheumatologie, UKD, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
  • Matthias Schneider - Poliklinik, Funktionsbereich & Hiller Forschungszentrum für Rheumatologie, UKD, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh); 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh); 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Frankfurt am Main, 31.08.-03.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFA.29

doi: 10.3205/16dgrh144, urn:nbn:de:0183-16dgrh1441

Veröffentlicht: 29. August 2016

© 2016 Mucke et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Vorgeschichte: Die Vorstellung der damals 25 jährigen Patientin erfolgte 2008 mit seit 18 Monaten bestehendem Schwächegefühl der unteren Extremitäten, Müdigkeit sowie einer auswärts festgestellten Erhöhung der CK auf initial ~80.000 U/L. Hinzu seien Sprechstörungen und Dyspnoe gekommen. Eine bereits durchgeführte Muskelbiopsie des Oberschenkels zeigte eine nekrotisierende Myositis mit neurogener Komponente in Form von Einzelfaseratrophien und Hypertrophien. Aufgrund der Klinik und Histologie wurde die Diagnose einer Polymyositis gestellt.

Diagnostik: Klinisch präsentierte sich eine adipöse Patientin mit proximal betonter Muskelschwäche der unteren Extremitäten ohne sensorische Defizite. Das EMG wies myopathische Einheiten auf. Im Ultraschall zeigte sich eine homogene Verdichtung des Reflexmusters mit Verlust der Myofibrillen am Oberarm. Eine myokardiale oder pulmonale Beteiligung wurde mittels EKG, Echokardiographie und Lungenfunktionstestung nicht nachgewiesen. Kapillarmikroskopisch zeigte sich initial ein myositistypisches Muster mit elongierten und verzweigten Kapillaren, Mikroaneurysmen und geringem Ödem. Laborchemische Untersuchungen ergaben erhöhte CK-Werte bis ~12.000 U/L. Die Autoantikörperdiagnostik blieb unauffällig.

Therapie: Eine Therapie mit Prednisolon 1 mg/kg Körpergewicht/Tag (125mg) wurde eingeleitet, brachte jedoch weder eine Beschwerdelinderung noch eine signifikante Reduktion der CK, woraufhin eine Behandlung mit humanen Immunglobulinen eingeleitet wurde. Bei Beschwerdeprogredienz erfolgten multiple immunsuppressive Therapieversuche, die bei unerwünschten Wirkungen(N) oder Wirkversagen(W) abgesetzt wurden (AzathioprinN, MycophenolsäureW, MethotrexatW, RituximabW und CiclosporinN). Physiotherapeutische Maßnahmen wurden von der Patientin nur sporadisch genutzt, führten aber bei vorübergehend regelmäßiger Anwendung zu nachweisbaren funktionellen Verbesserungen.

Weiterer Verlauf: Bei ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten und Progredienz der Symptomatik erfolgte eine erneute neurologische Vorstellung mit genetischer Diagnostik bezüglich hereditärer Myopathien. Hier ergaben sich anamnestisch eine Konsanguinität der Eltern sowie eine Cousine des Vaters, die im Alter von 15 Jahren an ähnlichen Symptomen litt. Die weitere genetische Untersuchung sicherte die Diagnose einer autosomal rezessiven Dysferlinopathie, einer Gliedergürteldystrophie mit bisher nicht bekannter Mutation im Dysferlingen. Aufgrund bisher noch mangelnder medikamentöser Therapiemöglichkeiten, wurden der Patientin intensivierte Ergo- und Physiotherapie als erhaltende Maßnahmen empfohlen.

Schlussfolgerung: Typisch für die Gliedergürteldystrophie sind die verhältnismäßig späte Manifestation im Alter zwischen 15 und 35 Jahren sowie stark erhöhte CK-Werte, der Nachweis entzündlicher Veränderungen in der Muskelbiopsie [1], [2] und myopathische Veränderungen des EMG. Richtungsweisend für die Abgrenzung zur Polymyositis sind die positive Familienanamnese und genetische Analyse, das Fehlen von Autoantikörpern und fehlendes Ansprechen auf immunsuppressive Therapien. Bei therapierefraktärer Polymyositis sollte demnach immer auch eine Gliedergürteldystrophie bedacht werden.


Literatur

1.
Nguyen K, Bassez G, Krahn M, Bernard R, Laforêt P, Labelle V, Urtizberea JA, Figarella-Branger D, Romero N, Attarian S, Leturcq F, Pouget J, Lévy N, Eymard B. Phenotypic study in 40 patients with dysferlin gene mutations: high frequency of atypical phenotypes. Arch Neurol. 2007 Aug;64(8):1176-82
2.
Wicklund MP, Kissel JT. The limb-girdle muscular dystrophies. Neurol Clin. 2014 Aug;32(3):729-49, ix. DOI: 10.1016/j.ncl.2014.04.005 Externer Link