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49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW)

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie e. V.

06.10.-08.10.2011, Ulm

Magenbypass-Operation bei einer psychiatrisch kranken Patientin mit Adipositas Grad III, ein Fallbericht

Meeting Abstract

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  • corresponding author Evelyn Hemper - Universität Ulm, Chirurgie I, Ulm
  • Doris Henne-Bruns - Universität Ulm, Chirurgie I, Ulm
  • Anna-Maria Wolf - Universität Ulm, Chirurgie I, Ulm

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW). Ulm, 06.-08.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgpw033

doi: 10.3205/11dgpw033, urn:nbn:de:0183-11dgpw0338

Veröffentlicht: 7. Dezember 2011

© 2011 Hemper et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Es ist äußerst schwierig bei psychiatrisch erkrankten massiv adipösen Patienten die Indikation für eine adipositaschirurgische Massnahme zu stellen. Hinzu kommt, dass einige für solche Patienten essentiellen Psychopharmaka den Appetit steigern und so zur Gewichtszunahme beitragen. In einem solchen Fall ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Indikationsstellung zwischen Psychosomatikern, Psychiatern, Endokrinologen, Ernährungsberatern und bariatrisch tätigen Chirurgen besonders herausgefordert.

Patientenbeschreibung: Eine damals 49jährige Patientin stellte sich mit einem BMI von 63 kg/m2 in unserer adipositaschirurgischen Sprechstunde mit dem Wunsch vor, einen bariatrischen Eingriff zur Gewichtsreduktion durchführen zu lassen. Sie wurde seit 1983 wegen einer Schizophrenie medikamentös behandelt und war von 1988 bis 1993 mehrfach stationär in psychiatrischen Kliniken behandelt worden. Daneben wies sie adipositas-assoziierte Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, Hypertriglyceridmämie, Hyperurikämie, COPD und Schlafapnoe auf. Der erste Kontakt fand 2006 statt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Patientin einen BMI von 63 kg/m2. Die Schwierigkeit lag darin zu erfassen, ob ein Langzeiterfolg nach adipositaschirurgischer Maßnahme bei der Patientin zu erwarten war. Im Verlauf der folgenden Monate, in denen wir die Patientin im Rahmen einer konservativen Gewichtsreduktion betreuten, wies sie eine gute Compliance auf. Außerdem verlor sie in dieser Zeit auch geringfügig an Gewicht. Im Konsens wurde so die Indikation für einen Magenbypass gestellt.

Ergebnis: Zwei Jahre nach Erstkontakt wurde 2008 eine Magenbypass-Operation durchgeführt. Bereits 4 Wochen nach der Operation hatte die Patientin einen Gewichtsverlust von 20 kg erreicht und hatte nur noch einen BMI von 56,1 kg/m2. 50% des EBMIL (Excess BMI Loss) wurde elf Monate später erreicht. Bereits 1 Jahr postoperativ konnte bei einem HbA1c von 5,8% die Insulinsubstitution eingestellt werde. Einen BMI von 33,8 kg/m2 wies die Patientin zwei Jahre nach der Operation auf. Alle Nachuntersuchungstermine wurden von der Patientin regelmässig wahrgenommen.

Zusammenfassung: Das Risiko für Spätkomplikationen einer bariatrischen Operation bei psychiatrisch erkrankten Patienten ist sehr hoch, da hinsichtlich der Compliance betreffend der regelmässigen Medikamenteneinnahme ein sehr hohes Restrisiko besteht. Inwieweit die psychiatrischen Medikamente regelmässig eingenommen werden, ist in manchen Fällen durch eine Spiegelbestimmung ersichtlich. Zusätzlich ist postoperativ lebenslang eine regelmässige Substitution von Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen sowie Eiweiss notwendig, damit keine Mangelerscheinungen auftreten. Dies kann durch eine engmaschige Begleitung der Patienten im interdiszplinären Team unterstützt werden.

Im Einzelfall kann ein Vorgehen, wie hier beschrieben, im interdisziplinären Konsens, begründet werden.