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43. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen e. V. (DGPRÄC), 17. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen e. V. (VDÄPC)

13.09. - 15.09.2012, Bremen

Plastisch-chirurgische Primärtherapie bei nekrotisierenden Paravasaten

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker H. Arnold - Schwarzwald Baar Klinikum, Plastische, Rekonstruktive und Handchirurgie, Villingen Schwenningen, Germany
  • D. Goth - Schwarzwald Baar Klinikum, Plastische, Rekonstruktive und Handchirurgie, Villingen Schwenningen, Germany
  • S. Baumeister - Schwarzwald Baar Klinikum, Plastische, Rekonstruktive und Handchirurgie, Villingen Schwenningen, Germany

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. 43. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 17. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Bremen, 13.-15.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. DocFV11

doi: 10.3205/12dgpraec022, urn:nbn:de:0183-12dgpraec0229

Veröffentlicht: 10. September 2012

© 2012 Arnold et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Nekrosen des Haut-Weichteilmantels sind gefürchtete Komplikationen von toxischen Paravasaten. Einige Chemotherapeutika, Kontrastmittel aber auch infundierbare Standard-Medikamente entwickeln außerhalb des Gefäßsystems hochgradig schädigenden Nebenwirkungen.

Die Häufigkeit von Paravasaten ist stark vom Patientenkollektiv abhängig und schwankt in der Literatur zwischen 0,1–7% [1], [2].

Wir untersuchten, ob durch die plastisch-chirurgische Methode der Liposuktion in der Primärphase der Paravasation eine Nekrose der umliegenden Gewebe verhindert werden kann.

Material und Methode: Im Beobachtungszeitraum Nov. 2008 bis April 2012 (42 Monate) kam es im Schwarzwald- Baar Klinikum zu 62 dokumentierten Paravasaten.

Bei 8 Patienten waren vesikante (nekrotisierende) Chemotherapeutika (4 x Port, 4 x obere Extremität) in das Gewebe infundiert worden. 7 Patienten erlitten Paravasate durch Kontrastmittel (2 x Handrücken, 5 x Ellenbeuge) und einer Patientin war parenterale Ernährung (300 ml Sojaöl) in das thorakale Subkutangewebe gelaufen bei Port Nadel Dislokation.

Von diesen 16 Patienten wurden 10 primär durch Liposuktion des betroffen Areals behandelt. Die primär operative Therapie wurde zwischen 4 und 12 Stunden nach dem Ereignis eingeleitet.

Die Liposuktion nach vesikanten Chemotherapeutika Paravasaten erfolgte mit der Original Klein’schen Lösung. Bei Schäden durch Kontrastmittel oder parenteraler Ernährungslösung wurde bei der Infiltrationslösung auf die Zugabe von Bicarbonat verzichtet. Durch eine Stichinzision ca. 10–20 cm entfernt des Paravasates und abhängig von der Lokalisation am Körper wurde die Tumeszenzlösung infiltriert. Nach einer Einwirkzeit von 20–30 Minuten wurde von der gleichen Inzision aus der betroffene Bezirk durch 2–4 mm dicke Absaugkanülen vom schädigenden Agens und kontaminierten Fettgewebe befreit.

Endpunkt der Liposuktion war die subjektive Ansicht des Operateurs, dass die vorhandene Schwellung im Vergleich zu prä-operativ deutlich gebessert oder gar verschwunden war. Zudem war bei vesikanten Chemotherapeutika ein weiteres Kriterium die Entfernung des subkutanen Gewebes im zuvor angezeichneten Bereich der sichtbaren Paravasation mit 2–3 cm zusätzlichem Sicherheitsabstand.

Ergebnis: Bei den mit Liposuktion behandelten Patienten kam es zu keiner Ausbildung von Hautnekrosen. Die notwendige Chemotherapie konnte am 2. postop. Tag wieder aufgenommen werden. Die Patienten wurden am 1. postop. Tag in die ambulante Nachbetreuung entlassen.

Bei den zunächst konservativ behandelten Patienten (n=6) kam es in einem Fall zur Ausbildung einer vollschichtigen Nekrose in der Ellenbeuge. Diese musste mit einer Lappenplastik gedeckt und in einem weiteren Eingriff remodelliert werden.

In einem weiteren Fall kam es nach Kontrastmittelparavasat am Handrücken zu einem Kompartmentsyndrom. Es erfolgte die offen chirurgische Behandlung mit Spaltung der Handrücken Faszie und Exprimieren der Flüssigkeit. Im Verlauf heilte ein zentraler Defekt sekundär.

Eine Patientin beklagte über 8 Monate eine derbe Induration der Haut, welche sich nur sehr zögerlich zurück bildete.

Diesen Patienten ist gemeinsam, dass die Chemotherapie mehrere Wochen ausgesetzt wurde, um die Heilung nicht zu gefährden.

3 weitere Patienten verstarben kurzfristig im Zuge ihrer terminalen Grunderkrankung.

Schlussfolgerung: Aufgrund der guten bisherigen Ergebnisse hat sich die Liposuktion als Therapie der 1. Wahl bei nekrotisierenden Paravasaten im Schwarzwald Baar Klinikum durchgesetzt.

Die primäre chirurgische Therapie von Paravasaten mit vesikanten Substanzen durch Liposuktion ist eine Methode, die schnell, schonend, gut steuerbar und kosteneffizient durchzuführen ist.

Die Absaugung von toxischen Substanzen und kontaminierten Subkutangewebes ist geeignet, die Ausbildung von Hautnekrosen in vorliegendem Patientenkollektiv zu verhindern.

Um eine Leitlinie und somit Sicherheit in dieser rechtlichen Grauzone zu erstellen sind weitere Untersuchungen (Multicenter Studien) nötig.


Literatur

1.
Upton J, Mulliken JB, et al. Major Intravvenous Extravasation Injuries. Am J Surg. 1979;137:497-506.
2.
Wang J, Cortes E, et al. Therapeutic effect and toxicity of Adriamycin in patients with neoplastic disease. Cancer. 1971;28:837-43.